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Antrag
der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Einsetzung einer Enquete-Kommission „Aufarbeitung
der Geschichte und der Folgen der SED-Diktatur“ und
Förderung außerparlamentarischer Initiativen zum
gleichen Thema
Der Bundestag wolle beschließen:
A. Enquete-Kommission
Der Deutsche Bundestag betrachtet es als Teil seiner Verantwortung, zur
politischen und historischen Aufarbeitung der DDR-Geschichte beizutragen.
Zu dieser Aufgabe gehören die Feststellung der Verantwortlichkeiten und
Vorgänge im von der SED beherrschten Staat, die Analyse der Entwicklung
diktatorischer Strukturen und deren Folgen. Ebenso gehört dazu die Bewertung
der Ergebnisse dieser Untersuchungen anhand allgemeingültiger völkerrecht-
licher Normen, wie sie in den UN-Menschenrechtskonventionen und in der
KSZE-Schlußakte festgelegt sind.
Die Untersuchungen der Enquete-Kommission umfassen die Themenkom-
plexe:
- Entscheidungsmechanismen zur Durchsetzung des Herrschaftsmonopols
der SED in allen gesellschaftlichen Bereichen, speziell die Verflechtung
zwischen SED und Staatsapparat, darunter zwischen dem MfS und den
verschiedenen Entscheidungsebenen der SED. - Methoden der Einflußnahme der SED auf alle politischen und gesell-
schaftlichen Institutionen, insbesondere die Blockparteien CDU, LDPD,
NDPD und DBD, die Gewerkschaften, die Massenorganisationen, darunter
FDH und Pionierorganisation, auf die Massenmedien, die Kultur- und
Bildungseinrichtungen. - offene und verdeckte Repressionsmechanismen, die Rolle des SED-
Parteiapparates darin und die Verquickung rechtlicher und außerrechtlicher
Maßnahmen.
- Auswirkungen der SED-Diktatur auf das Alltagsleben und das Verhalten
der DDR-Bevölkerung.
Zur Arbeitsweise
- Die Kommission soll – soweit erforderlich – frühzeitig Forschungsaufträge
an geeignete Personen oder Institutionen vergeben: z. B. hinsichtlich des
Themas „Staatssicher- heitsdienst“ an eingearbeitete Bürgerkomitees. - Die Kommission soll in weitem Umfang von der Möglichkeit Gebrauch
machen, in öffentlicher Sitzung zu tagen und Anhörungen durchzufüh-
ren, und eine Regelung für die begleitende Information der Medien be-
schließen. - Die Kommission soll dem Bundestag nach Möglichkeit schon vor Er-
stellung ihres Abschlußberichts mitteilen, wenn und wo sie politischen
Handlungsbedarf feststellt. - Wenn einzelne Untersuchungsgegenstände mit den der Kommission zu
Gebote stehenden Möglichkeiten nicht aufklärbar erscheinen, soll die
Kommission den Bundestag hiervon unterrichten und bei Bedarf die
Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses anregen.
B. Förderung außerparlamentarischer Ansätze zur Aufarbeitung
Parlamentarische Initiativen zur Aufarbeitung des Unrechts in der DDR
können die eigene Befassung der davon betroffenen und daran beteiligten
Menschen nicht ersetzen, sondern nur ergänzen und befördern. Der Bundestag
begrüßt daher die Vielfalt der gesellschaftlichen Ansätze und Initiativen zur
Erforschung und Aufarbeitung des in der sowjetischen Besatzungszone sowie
in der DDR begangenen Unrechts (z. B. Ausstellungen, Runde Tische, Täter-
Opfer-Gespräche, Regionale Geschichtswerkstätten/“Tribunale“, usw.). Um
diese Ansätze zu erhalten, zu fördern und nach Möglichkeit noch zu mehren,
gewährt der Bundestag durch den Innenausschuß noch zu bestimmenden
geeigneten Vereinigungen zur Aufarbeitung von Unrecht in der DDR ab dem
Nachtragshaushalt 1992 bis auf weiteres eine jährliche Zuwendung von je 20
Millionen DM zur Verwaltung und weiteren Vergabe an einzelne geeignete
Projekte.
Bonn, den 9. März 1992
Werner Schulz (Berlin) und Gruppe