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Wahlperiode 12, Band II/1, Seiten 40 und 41
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Protokoll der 18. Sitzung

den sogenannten bürgerlichen Parteien CDUD und LDPD drei Jahre nach der
Zerschlagung der NS-Diktatur schon lebendige demokratische – christliche
und liberale – Traditionen existierten, so daß viele ihrer Mitglieder nicht bereit
waren, der Errichtung einer neuen, kommunistischen Diktatur widerstandslos
zuzusehen. Sie haben sich auch gewehrt, freilich unter den von Besatzungs-
macht und SED gesetzten Bedingungen, jedenfalls so gut und so lange sie
konnten.

Vorsitzender Rainer Eppelmann: Auch Ihnen, lieber Herr Professor Fischer,
ganz herzlichen Dank.- Ich glaube, alle drei Vortragenden haben uns den
gegenwärtigen Stand vermitteln können. Sie haben uns Neues – auch in bezug
auf biographische Fakten – gesagt. Dadurch wurden die Vorträge – das ist mein
Eindruck – sehr farbig.

Ich bitte die Mitglieder Enquete-Kommission, die jetzt anstehende Diskussi-
onsrunde dazu zu nutzen, um noch weitere biographische Fakten an Tageslicht
zu bringen. Wir hatten vereinbart, daß mindestens drei Redner einen vorbe-
reiteten Diskussionsbeitrag zu den angesprochenen drei Themen vortragen.
Da wir solche Persönlichkeiten wie Herrn Putzrath und Herrn Katzer unter
uns haben, sollten auch diese die Möglichkeit haben, im Rahmen dieser
Diskussionsrunde noch Unvorbereitetes zu sagen.- Ich bitte nun Frau Dr. Erika
Wolf, anzufangen.

Dr. Erika Wolf: Herzlichen Dank, Herr Vorsitzender.- Ich kann aus meiner
Erfahrung natürlich zu dem letzten Referat etwas sagen. Mit großem Interesse
und einiger Erschütterung habe ich gehört, was gerade gesagt wurde.

Ich möchte auch zu den beiden Punkten, die Herr Professor Fischer erwähnt
hat – nämlich zur Gründung der Partei und zur Bodenreform –, etwas sagen.
Die Gründung der Partei war für die Sowjetische Militäradministration, wie
Sie gesagt haben, eine schreckliche Überraschung. Denn man hatte damit
gerechnet, das Zentrum – und damit eine Partei, die wahrscheinlich nicht
sehr viele Anhänger gehabt hätte, weil der Anteil der Katholiken in der
Sowjetischen Besatzungszone verhältnismäßig gering ist – zu sehen.

Hermes selber saß, nachdem er zum Tode verurteilt worden war, im Gefängnis
Moabit. Am 23. April 1945 wurde er freigelassen. Wenige Tage danach –
nämlich schon am 6. Mai – erhielt er einen Besuch von Ulbricht, der ihn
fragte, ob er bereit wäre, die Verantwortung für die Ernährung Berlins zu
übernehmen. Das bejahte er. Er wurde dann von General Bersarin in diese
Funktion eingesetzt, die es ihm natürlich auch erleichterte, die Menschen zu
sammeln, mit denen er zusammenarbeiten konnte. Sie kamen im wesentlichen
aus Kreisen des Widerstandes.

Wenn man den Aufruf der Christlich-Demokratischen Union Deutschlands
liest, sieht man, daß in der Tat wichtige Vertreter der politischen Szene
vor 1933 sich wieder zusammengefunden hatten. Es war ja der Vorteil der
Entwicklung, daß die Zeit des Nationalsozialismus immerhin verhältnismäßig

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Veränderung des Parteiensystems 1945–1950

kurz war. Von daher konnte man Menschen wiederfinden, die vor dieser Zeit
politisch tätig waren.

Es gab – Sie sagten das – 30 Gründer. Sie sind in dem Aufruf aufgeführt, auf
den sie sich geeinigt hatten. Er war die Grundlage der Gründungsversammlung
am 22. Juli 1945 am Schiffbauerdamm. Ich habe diese Gründungsversamm-
lung miterlebt.

Wir wohnten in Potsdam und kamen mit dem Fahrrad, was eine etwas
größere Anstrengung war, aber als völlig selbstverständlich galt. Denn andere
Verkehrsmittel gab es ja nicht. Ich habe die Einführung von Hermes zu dem
Programm gehört. Darin machte er seine Prinzipien deutlich. Gleichzeitig aber
wies er auch deutlich auf das notwendige Notprogramm hin.

Ich glaube, daß man sich bei der Diskussion über diese Zeit immer vor Augen
führen muß, in welchem Zustand die Menschen lebten. Die tägliche Not
war so außerordentlich groß, daß die meisten voll damit beschäftigt waren,
für Wohnung, Brot, Kleidung usw. zu sorgen. Der politische Aufbruch war
dadurch für viele etwas weniger deutlich.

Trotzdem ist diese Versammlung ein außerordentlicher Erfolg gewesen.
Hermes stellte sein Programm dar. Er war der erste Unterzeichner und wurde
allgemein als Gründer der CDUD angesehen.

In dem Programm wurde bereits zum Ausdruck gebracht, daß es in Zukunft
eine einheitliche Gewerkschaftsbewegung geben solle. Hier ist ein Einfluß von
Jakob Kaiser und Ernst Lemmer festzustellen. Es wurde auch gesagt, daß eine
Neuordnung des Landbesitzes im Hinblick auf die vielen Flüchtlinge und
Vertriebenen notwendig sei, die aus den Ostgebieten in die SBZ gekommen
waren. Weiter wurde darauf hingewiesen, daß in dieser Zeit besonders viel
für die Frauen getan werden müsse, weil sie viel mehr in Schwierigkeiten
geraten waren, als man angenommen hatte. Denken Sie zum Beispiel an die
Trümmerfrauen, die einer Hilfe bedurften.

Hermes hat gleichzeitig deutlich gemacht, wie wichtig die Beziehungen zum
Westen seien. Ich möchte noch mal sehr unterstreichen, daß die CDU das „D“
für Deutschland in ihrem Namen hatte. Der Begriff „Union“ war in bezug auf
den Namen genauso wichtig. Es sollte klar werden: Es handelt sich nicht um
eine einzelne Richtung, etwa um das wiederauflebende Zentrum, sondern um
eine gemeinsame Aktion der Christen. Weiter sollte deutlich werden, daß die
Partei für Gesamtdeutschland geplant war.

Herr Professor Fischer hat mir eben noch mal gesagt: Wenn die Gründungs-
versammlung in Godesberg, die von Hermes für Dezember 1945 geplant war,
sich so hätte abspielen können, wie er meinte – er durfte damals nicht nach
Westdeutschland reisen –, wäre vielleicht die ganze Entwicklung in bezug auf
die CDU anders gelaufen, als sie bis heute verlaufen ist.

Ein paar Worte möchte ich noch zu den Russen sagen, denen wir damals