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dann in den Geschäftsräumen der LDPD Ausstellungen machen, oder es traten
hier Liedermacher auf.
An wen wandte man sich, außer an die eigenen Jung-LDPD-Mitglieder? Es
waren dann noch die parteilosen Kinder und Jugendlichen der Parteimitglieder.
Es war nur möglich, in bescheidenen Aushängen unmittelbar vor der Tür der
Geschäftsstellen zu werben. Platz in der Presse gab es natürlich bis in das
Jahr 1989 für diese Aktivitäten nicht. Ich hab mich jetzt völlig von meinem
Manuskript gelöst; ich will aber noch die weiteren ersten Jugendbeiräte
nennen, die in der DDR damals entstanden sind. Das war in Lichtenberg,
in Friedrichshein, das war in Jena, in Großenhain, in Meißen, in Dresden und
in Bad Freienwalde. Es ist auch noch der Aspekt zu erwähnen, daß diese
Gründungen von Jugendbeiräten natürlich der „führenden Kraft“ und all ihren
Organen, die zur Verfügung standen, kein Vertrauen eingeflößt haben. Es hat
zunehmend – insbesondere bei den sogenannten „offiziellen“ Besuchen von
Vertretern des Ministeriums für Staatssicherheit bei den Bezirksvorsitzenden –
spezielle Fragen nach diesen Gründungen gegeben. Es wurden Namen erfragt
von den Bezirksvorsitzenden. Ich muß dazu sagen, daß ich im Rahmen meiner
Untersuchung einen Fragebogen an die Bezirksvorsitzenden ausgesandt habe,
der leider nur von einem der 16 Bezirksvorsitzenden beantwortet worden ist,
was mich natürlich nicht sehr weit bringt. Aber wir wissen das aus Gesprächen
mit Sekretärinnen, die die Vorzimmer gehütet haben, mit denen ich ganz
mühselig viele, viele Interviews geführt habe: Es gab ganz spezielle Fragen
zur Gründung von Jugendbeiräten, weil man natürlich mit einem Verfall
der sogenannten einheitlichen Massenorganisation für die Jugend auch eine
zentrale Weichenstellung in der künftigen Zusammenarbeit mit den anderen
Parteien gesehen hat. Das muß man einfach sehen, und das halte ich durchaus
für ein kleines Steinchen auf dem Weg zur Veränderung. Irgendwo her,
außer aus der evangelischen Kirche, müssen ja die vielen jungen Leute auch
gekommen sein, die dann ganz massiv, ganz frühzeitig dazu beigetragen
haben, daß die Wahlfälschung aufgedeckt worden ist, daß Proteste und
Unterschriftensammlungen gegen das Verhalten von Egon Krenz anläßlich der
Studentenunruhen in Peking zustande gekommen sind. Ich bin der Auffassung,
daß hier gerade die Initiativen um die Jugendbeiräte der LDPD herum ein
bescheidenes Steinchen gewesen sind. Vielleicht soweit. Ich stehe gerne noch
für Fragen zur Verfügung.
Gesprächsleiter Dirk Hansen (F.D.P.): Vielen Dank, Herr Steinborn. Man
merkt geradezu, wie es aus Ihnen heraussprudelt und Sie noch viel zu sagen
hätten. Der Blick auf die Uhr läßt wahrscheinlich alle erschrecken. Ich weise
darauf hin, daß Herr Graumann um 15.30 Uhr aus Fahrplangründen gehen
muß. Erste Nachfragen und Antworten sollten bitte deswegen an ihn gehen
bzw. von ihm kommen, soweit gewünscht. Insgesamt denke ich, daß wir
wegen der Disziplinlosigkeit heute morgen schon aus Höflichkeitsgründen,
um etwas wieder gutzumachen, uns doch noch selber in die Disziplin nehmen
sollten. Ich habe erste Meldungen: Herr Kahl und dann Herr Schmieder.
Abg. Dr. Kahl (CDU/CSU): Die CDU hatte ja das „C“ in ihren Zeichen.
Sie grenzte sich damit ganz bewußt ab gegen die offizielle Staatsdoktrin des
Marxismus-Leninismus. Stimmen Sie mit mir überein, die die SED gegenüber
der CDU ein ganz besonderes Mißtrauen hatte und daß dies unter anderem
darin zum Ausdruck kam, daß CDU-Mitglieder beispielsweise keinen Zugang
zu Kampfgruppen hatten? Zweitens: Stimmen Sie mit mir darin überein,
daß in aller Regel die Mitgliedschaft in der CDU eher der Karriere nachteilig
gewesen ist, als daß sie sie befördert hat, und daß eine Vielzahl von Positionen
für CDU-Mitglieder überhaupt nicht in Frage kam? Wenn beispielsweise auf
Kreisebene bestimmte Funktionen übernommen werden konnten, dann waren
das in aller Regel solche Funktionen, die mit einem Negativ-Image behaftet
waren, beispielsweise öffentliche Versorgungswirtschaft, Wohnungswesen, um
dann die CDU als eine Art Blitzableiter darzustellen?
Hans-Jörg Graumann: Zunächst einmal ist das richtig. Das war im Wesen der
Sache inbegriffen, daß die SED, insbesondere gegenüber der CDU, besonderes
Mißtrauen hegte. Es ist wahr, daß CDU-Mitglieder aus solchen Dingen wie
der Kampfgruppe ausgeschlossen wurden – in der Tat für manches CDU-
Mitglied eine positive Sache. Viele sind ja in die Kampfgruppe aus nicht nur
schlechthin parteilicher Überzeugung gegangen; es hing da ja auch ein Stück
Rente ’dran, wenn man mal ehrlich sein will. Was die Karrierregeschichte
anbetrifft, es ist so, daß junge Leute in der Tat glaubten – nicht nur in der
CDU, auch in anderen Parteien –, Karriere machen zu können, was sich
selbstverständlich im Laufe der Zeit als Trugschluß erwies. Und diejenigen, die
tatsächlich Funktionen erhielten, die also auch über lange Entwicklungswege
geschult wurden, sozusagen zur Nomenklatur gehörten, die wurden gezielt
ausgesucht. Ich meine nur, gemessen an einem so kleinen Kreis wie
Gräfenhainichen, war das schon was, in dem Rat des Kreises zu arbeiten und
dort die Funktion des „Mitglied des Rates für Umwelt, Wasser und Energie“
einzunehmen. Also, das bedeutete schon etwas. Das hieß in so einem Kreis,
gesellschaftlich privilegiert zu sein gegenüber anderen, Vorteile zu haben. In
der Tat war es natürlich auch so, daß bestimmte Abhängigkeiten untereinander
entstanden und daß natürlich auch dann aufgrund der Mangelwirtschaft Leuten
untereinander Dinge zugeschoben worden sind, zu denen andere keinen Zugriff
hatten.
Abg. Dr. Schmieder (F.D.P.): Ich darf noch einmal auf den Beitrag von Herrn
Graumann eben eingehen. Sie haben ja vorhin gesagt, daß es im wesentlichen
zwei Motive, in eine Blockpartei hineinzugehen, gab. Das war zum einen
die Flucht vor der SED, und zum anderen war es das in den Blockparteien
wirkende Prinzip der „innerparteilichen Hilfe“. Das war sicher richtig; dadurch
haben einige Leute eine bestimmte Nische ausgenutzt. Das, was für die CDU