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Roswitha Wisniewski
Marxismus als Voraussetzung des politischen Systems der DDR
I. | Marxismus-Leninismus als ideologische Grundlage der DDR | |
1. | Marxismus-Leninismus in der Verfassung der DDR | |
2. | Aufbau der marxistisch-leninistischen „Kaderphilosophie“ | |
3. | Indoktrination und „sozialistische Umwälzung“ | |
II. | Marxistische Ideologie und Philosophie | |
1. | Politische Umsetzung von Philosophie und Ideologie | |
2. | Bemerkungen zur Ideologiegeschichte des Marxismus | |
3. | Bemerkungen zum Marxismus als Philosophie | |
III. | Elemente marxistischer Philosophie | |
1. | Marxistischer Materialismus | |
2. | Marxistische Anthropologie | |
3. | Marxistische Ablehnung des Eigentums | |
4. | Marxistische Geschichtsauffassung als Utopie | |
IV. | Gesellschaftsanalyse und Vorschläge zur gesellschaftlichen Umwälzung bei Marx und Engels | |
1. | Kritik an der Gesellschaft des 19. Jahrhunderts | |
2. | Umsetzung marxistischer Vorstellungen in der SBZ/DDR | |
Ausgewählte Literatur | ||
Zusammenfassung |
I. Marxismus-Leninismus als ideologische Grundlage der DDR
Karl Marx (geb. 5. 5. 1818 in Trier, gest. 14. 3. 1881 in London) schuf be-
kanntlich zusammen mit Friedrich Engels den Marxismus, eine philosophische
Theorie, die zugleich Anweisung zum politischen Handeln ist. Der Marxismus
ist in das große Lager sozialistischer Bewegungen einzuordnen, die sich im
19. Jahrhundert als Gegenströmung zu den individualistisch begründeten For-
men freiheitlicher und nicht – wie der Marxismus – atheistischer Gesellschafts-
und Wirtschaftsordnungen herausbildeten. Er repräsentiert die revolutionäre
Ausprägung des Sozialismus und unterscheidet sich damit deutlich vom
Reformsozialismus. Trotz einiger grundsätzlicher Übereinstimmungen und
mancher Ähnlichkeiten in den Programmen hat der entscheidende Unterschied
zwischen beiden Richtungen des Sozialismus in der Wahl der Mittel zur
Durchsetzung der politischen Ziele durch Reformen oder aber durch Revo-
lutionen zu sehr unterschiedlichen geschichtlichen Abläufen geführt.
Namentlich in osteuropäischen Ländern führte der Marxismus zu Revolutionen
und wurde dann zur ideologischen Grundlage von Staaten. Im Gebiet der
Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und der späteren Deutschen Demokrati-
schen Republik (DDR) wurde der Marxismus nach 1945 durch die sowjeti-
sche Besatzungsmacht und durch deutsche Exilkommunisten eingeführt und
zwar in der Gestalt, die ihm Lenin (1870–1924) gegeben hatte, so daß der
Marxismus-Leninismus als ideologische Grundlage des politischen Systems
der DDR gilt.
Nach diesen kurzen Vorbemerkungen soll im folgenden zunächst der Marx-
ismus-Leninismus in der Verfassung der DDR behandelt werden, dann ein kur-
zer Überblick über die marxistische Ideologie und Philosophie namentlich im
Hinblick auf ihre politische Umsetzung gegeben werden. Anschließend werden
einige Elemente der marxistischen Philosophie analysiert, und schließlich wer-
den Gesellschaftsanalyse und Vorschläge zur gesellschaftlichen Umwälzung,
die Marx und Engels entwickelten, beschrieben.
1. Marxismus-Leninismus in der Verfassung der DDR
Die ehemalige DDR gründete auf der Ideologie des Marxismus-Leninismus.
Taktische Überlegungen hatten zwar die SED veranlaßt, noch bei der Staats-
gründung am 7. Oktober 1949 auf eine deutlich sozialistische Verfassung zu
verzichten, doch der SED-Parteitag vom Juli 1952 erklärte bereits den Aufbau
des Sozialismus zur grundlegenden Aufgabe der Deutschen Demokratischen
Republik. Die Verfassung des Jahres 1968 gab sich dann klar als „sozialistisch“
zu erkennen.
Damit wurde die Ideologie des Marxismus-Leninismus verfassungsmäßig legi-
timiert und der Anspruch erhoben, den Weg in den Sozialismus für das gesamte
Deutschland von der DDR aus zu bahnen. Die Präambel läßt bereits die von
der marxistisch-leninistischen Ideologie geprägte Geschichtsauffassung und
Zukunftserwartung unzweideutig erkennen, wenn es heißt: „Getragen von der
Verantwortung, der ganzen deutschen Nation den Weg in eine Zukunft des
Friedens und des Sozialismus zu weisen, in Ansehung der geschichtlichen
Tatsache, daß der Imperialismus unter Führung der USA im Einvernehmen mit
Kreisen des westdeutschen Monopolkapitals Deutschland gespalten hat, um
Westdeutschland zu einer Basis des Imperialismus und des Kampfes gegen den
Sozialismus aufzubauen, . . .hat sich das Volk der Deutschen Demokratischen
Republik. . . diese sozialistische Verfassung gegeben.“ Es wird ferner bestätigt,
daß die Verfassung der DDR fest gegründet ist „auf den Errungenschaften
der antifaschistisch-demokratischen und der sozialistischen Umwälzung der