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Wahlperiode 12, Band V/3, Seiten 2356 und 2357
2356
Peter Schütt

Honecker zum ersten Mal die Bundesrepublik besuchte. Der Generalsekretär
der SED war sehr verärgert darüber, daß die DKP nicht imstande war, ihm
wie bei dem Besuch Willi Stophs in Kassel 1970 oder Leonid Breschnews
1973 in Bonn einen „jubelnden Empfang“ zu bereiten. Zu jener Zeit hatte
die Gorbatschow-Fraktion in der DKP bereits so viel Gewicht gewonnen,
daß es die Führung nicht mehr wagte, die Basis zur Begrüßung Honeckers
abzukommandieren. Auf dem Höhepunkt der Fraktionskämpfe im Oktober
1988 bestellte Honecker das gesamte DKP-Präsidium zu sich, kanzelte die
Genossen wie ein Oberlehrer ab und verlangte ultimativ die Entfernung aller
„Erneuerer“ aus dem Apparat und dem Parteivorstand. Anderenfalls werde er
der DKP die finanziellen Mittel entziehen und eine „richtige KP, eine KPD“,
gründen.17 Die DKP-Führung verstand die Weisung, handelte entsprechend
und provozierte damit eine Parteikrise, die das Auseinanderbrechen der SED
um fast genau ein Jahr vorwegnahm. Es gibt Anzeichen dafür, daß der greise
Honecker den Selbstzerfleischungsprozeß innerhalb der DKP tatsächlich wie
ein Menetekel des eigenen Untergangs gesehen hat, zumal die DKP für ihn
stets „Fleisch von unserem Fleische und Blut von unserem Blut“18 gewesen
ist.

Es besteht kein Grund, die politische Wirksamkeit der DKP im nachhinein
zu überschätzen. Eine wirkliche Gefahr für die demokratische Gesellschaft
der Bundesrepublik hat sie vermutlich nie dargestellt – trotz der millionen-
schweren Subventionen aus dem Devisenfonds der SED. Wenn überhaupt,
dann hat die DKP am ehesten Einfluß auf dem kulturellen Sektor erzielt und
mit Hilfe ihrer Kulturpropaganda dazu beigetragen, daß sich in weiten Tei-
len der bundesdeutschen Öffentlichkeit ein DDR-freundliches Meinungsklima
herausbilden konnte. Unter seiner Wirkung wurde von vielen intellektuell und
kulturell Tätigen die Existenz des anderen deutschen Staates durchweg wohl-
wollend beurteilt und wurden Menschenrechtsverletzungen in der DDR mit
dem Mantel des Schweigens zugedeckt. Das ist sicher nicht ohne indirekten
Einfluß auf die offizielle Deutschlandpolitik der Bundesregierungen geblieben
und hat die allgemeine Tendenz gefördert, die in Deutschland entstandenen
machtpolitischen Realitäten anzuerkennen und mit den Machthabern im Osten
nach Wegen der Koexistenz und der Kooperation zu suchen. Insofern mögen
sich die hohen Investitionen der SED im kulturpropagandistischen Bereich für
das Regime zumindest zeitweilig auch ausgezahlt haben, haben sie doch dazu
beigetragen, daß über Jahre hindurch im Westen eine Art Kultur-KoKo wirk-
sam wurde, die jede Kritik an der DDR als „antikommunistisch“ tabuisierte

 

  1. Aussage von Werner Stürmann, Mitglied des DKP-Präsidiums, auf dem DKP-Fortsetzungsparteitag im Februar 1989 in Wuppertal.
  2. Erich Honecker auf dem Empfang für die DKP-Delegation zu den X. Weltfestspielen in Berlin am 10.08.1073 (nach Notizen des Autors).
2357
Kulturpropaganda der DKP

und dem Regime ermöglichte, sich bei jeder Gelegenheit als das bessere, weil
„antifaschistische“ Deutschland darzustellen.

 

Zusammenfassung

Die 1968 „neukonstituierte“ DKP war keine selbständige kommunistische Par-
tei, sondern von Anfang an ein verlängerter Arm und Interventionsapparat der
SED. Das erwies sich besonders schlagend im Bereich der Kulturpolitik und
-propaganda, der zumindest zeitweilig ein hoher Stellenwert zuerkannt wurde.
Die Kommunisten setzten vor allem auf die Werbekraft ihrer vermeintlichen
„kulturellen Errungenschaften“ in der DDR.

Die für die Kulturarbeit verantwortlichen DKP-Funktionäre wurden in der
DDR politisch und ideologisch geschult, sie wurden – in der Regel über
Scheinarbeitsverhältnisse bei Firmen der „Kommerziellen Koordinierung“ –
von der SED bezahlt und waren über spezielle Anleitungsstränge an die
Weisungen von der Kulturabteilung beim ZK der SED gebunden. Die von
der Leninschen Zweikulturentheorie abgeleitete DKP-Kulturprogrammatik
war ein Fabrikat von Kulturtheoretikern der SED. Sie hatten nicht das
geringste Interesse an der Entwicklung einer eigenständigen Linkskultur in
der Bundesrepublik, sondern anerkannten für die Kulturpropaganda der DKP
nur eine „Hauptaufgabe“: die Propagierung der „sozialistischen Nationalkultur
der DDR“ – im erklärten Gegensatz zur „imperialistischen Kulturdemontage
in der BRD“.

Zur Durchsetzung ihrer kulturpolitischen Ziele stand SED und DKP ein
beachtlicher Apparat zur Verfügung. Zur kommunistischen Literaturholding
im Westen gehörten zeitweilig bis zu 14 Verlage und 39 Buchhandlun-
gen, ein kulturpropagandistisches Netzwerk, dem keine demokratische Partei
Gleichwertiges entgegenzusetzen hatte. Es wurden beträchtliche Geldmittel
in Millionenhöhe eingesetzt, um sympathisierende Autoren, Künstler und
Wissenschaftler möglichst eng an das SED-Regime zu binden. Die Medien
der DKP und ihrer Vorfeldorganisationen wurden ohne Einschränkung von
der SED subventioniert, reglementiert und zensiert. Sie unterlagen durchweg
denselben Zensurbestimmungen wie die DDR-Presse und wurden im kulturel-
len Bereich vor allem dazu benutzt, die DDR-Kulturpolitik einschließlich der
Unterdrückung aller oppositionellen Ansätze zu rechtfertigen.

Eine eigenständige Kulturarbeit wurde der DKP zu keiner Zeit zugestanden.
Regelmäßige Anleitungen auf zentraler und bezirklicher Ebene sorgten dafür,
daß sich die kulturelle Tätigkeit der DKP auf den einen Schwerpunkt kon-
zentrierte: Autoren, Künstlern und Kulturensembles aus der DDR im Westen
optimale Möglichkeiten zur Selbstdarstellung und zur Werbung für die Kultur-
und Deutschlandpolitik der SED zu verschaffen. Besonders eifersüchtig war