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Wahlperiode 12, Band VII/2, Seiten 2022 und 2023
2022
Hartmut Jäckel (Vortrag)

nicht sagen. Für die Bodenreform hatte ich es gesagt.“ Das heißt „für die
Bodenreform“ – so Gaus – „sind Sie der Meinung, einen Schlußstrich zu
ziehen. Das muß jetzt so bleiben wie es ist?“ Antwort: „Genau so. Ja, ich
bin der Meinung, daß diejenigen, die fünfundvierzig Jahre auf diesem Boden
gesät haben, auch weiterhin ernten sollen.“ Ich bewerte diesen Vorgang mit
diesen Anmerkungen überhaupt nicht. Ich stelle nur dar, wie es vermutlich
in der Entwicklung dieser Frage gewesen und wie die im Einigungsvertrag
festgeschriebene Entscheidung zustandegekommen ist.

Der sachlich parallele Fall der Berliner Mauergrundstücke liegt entscheidend
anders. Insoweit haben wir es weder direkt noch indirekt mit einer die spätere
Entwicklung präjudizierenden Maßnahme der Regierung de Maizière oder
einem entsprechenden Vorschlag dieser Regierung zu tun. Davon abgesehen
spielt in diesem Zusammenhang auch ein tatsächliches oder mutmaßliches
Verhalten oder Interesse der Sowjetunion keinerlei Rolle. Diese Unterschiede
in der Entstehungsgeschichte machen zugleich die Unterschiedlichkeit der
Aussicht verständlich, die getroffenen Entscheidungen nachträglich zu revi-
dieren.

Ich komme zu dem Versuch einer Zusammenfassung: Die Position der Re-
gierung de Maizière gegenüber der Vergangenheit des SED-Staates sowie
auch der gemeinsamen gesamtdeutschen Zukunft unterschied sich nicht nur
graduell, sondern substantiell und qualitativ von der Position der ihr vor-
ausgegangenen Regierung Modrow. War vor der Wahl vom 18. März noch
die Perspektive der Fortsetzung des staatlichen Eigenlebens einer demokrati-
sierten DDR in vielen Köpfen und verschiedenen intellektuellen Zirkeln und
politischen Lagern vorhanden und trug dieses Bild einer der Bundesrepublik
konföderativ verbundenen DDR zum Teil noch ausgeprägt postsozialistische
Züge, so war mit der Bildung der Regierung der Großen Koalition unter
Ausschluß der PDS tatsächlich ein echter Machtwechsel eingetreten. Auch
und gerade die Person Lothar de Maizieres bürgte dafür, daß die bis dahin
bestehende und bewußt betonte politische Distanz zur Bundesregierung Stück
für Stück verkürzt und ab Juli 1990 faktisch aufgehoben wurde. Hauptinhalt
der Politik der Regierung der DDR war nun die Abwicklung der DDR, war der
Abbau der institutionellen Binnenstrukturen der alten DDR, namentlich in den
Bereichen Recht, Wirtschaft und Finanzen, und war der Beginn des ernsthaften
Bemühens, den öffentlichen Dienst von der Justiz bis zum Bildungswesen
von jenen Funktionsträgern zu befreien, deren geistige und/oder tätige Nähe
zur SED-Diktatur eine Weiterbeschäftigung in den alten Berufen als nicht
tunlich oder nicht zulässig erscheinen ließ. So wird das Bild der letzten 200
Tage der DDR in den Geschichtsbüchern von morgen vor allem von der
Entschlossenheit von Parlament und Regierung geprägt sein, den Beitritt der
DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes vorzubereiten und damit dem
erklärten Mehrheitswillen der Bevölkerung der DDR zu entsprechen.

 

Peter-Jochen Winters

Fortwirkende Maßnahmen der Regierung de Maizière

 

 

Ich werde mich ganz eng an das Thema halten „Fortwirkende Maßnahmen
der Regierung de Maizière“, das heißt also auch der Volkskammer zur Zeit
der Regierung de Maizière, und mich bemühen, hier Wiederholungen oder
Doppelungen zu vermeiden.

Für die erste demokratisch gewählte Regierung der DDR hat Ministerpräsident
de Maizière am 19. April 1990 seine Regierungserklärung abgegeben und
dabei gesagt: „Das Ja zur Einheit ist gesprochen. Über den Weg dahin
werden wir ein entscheidendes Wort mitzureden haben.“ Zugleich aber, und
damit schränkte er das schon wieder sehr ein, bekannte er sich dazu, die
Einheit über einen vertraglich zu vereinbarenden Weg gemäß Art. 23 des
GG, also durch Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes
herbeizuführen. Im Mittelpunkt der Regierungserklärung standen daher die
in der DDR vorzunehmenden Maßnahmen zur Herstellung der Einheit
Deutschlands, vor allem die Schaffung des Rahmens einer an sozialen und
ökologischen Grundsätzen orientierten Marktwirtschaft. Dazu gehörte z. B.,
und Herr Jäckel hat das ja schon angedeutet, daß die Volkskammer, das erste
frei gewählte Parlament der DDR, ein ganzes Bündel von Rechtsvorschriften
der Bundesrepublik für die DDR übernahm, ohne sie vorher je gelesen
zu haben. Denn das am 1. Juni in erster Lesung behandelte Mantelgesetz,
durch das allein 26 bundesdeutsche Gesetze übernommen wurden, kam den
Abgeordneten erst einen Abend vorher auf den Tisch.

Die wirtschaftspolitische Zielstellung seiner Koalitionsregierung bestehe darin,
hat de Maizière damals in seiner Regierungserklärung gesagt, die bisherige
staatlich gelenkte Kommandowirtschaft auf eine ökologisch orientierte soziale
Marktwirtschaft umzustellen. Das ganze sollte geschehen innerhalb von acht
bis zehn Wochen. Bis dahin sollten die Grundlagen für die Wirtschafts-,
Währungs- und Sozialunion gelegt werden. Aber einige Punkte hat er dann
doch hervorgehoben, auf die er und die DDR Wert legten, nämlich, bei der
Währungsunion komme es darauf an, als grundlegenden Kurs ein Wechsel-
verhältnis von 1:1 festzulegen. Er hat zweitens gesagt, unerläßlich sei die
Sicherung der Eigentumsrechte aus der Bodenreform und aus Eigentumsüber-
tragungen, die nach Treu und Glauben rechtens waren und daher auch rechtens
bleiben müßten.

Im Verlauf des Einigungsprozesses hat sich die Bundesrepublik mit ihrer