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und zum anderen für die politischen Instanzen des Landes, vor allem den
Landtag und das Justizministerium. Finanziert wird unser System durch eine
einmalige Zuwendung des Landtages und durch Mittel der Landkreise bzw.
kreisfreien Städte sowie teilweise durch die Eigenfinanzierung der Mitglieder
und durch Bezahlung von ABM-Kräften. Das Büro des Komitees befindet sich
in Güstrow.
Das Arbeitsgebiet des Komitees, die Zielgruppen: Es sind alle Personen,
die im Rehabilitierungsgesetz der Volkskammer vom September 1990 erfaßt
worden sind, d. h. die von 1945 bis 1949, dann die strafrechtlich Verfolgten ab
1949, die durch willkürliche Verwaltungsakte Benachteiligten und die wegen
ihrer Überzeugung beruflich Diskriminierten. Mit diesem Gesetz, das 1990 im
September verabschiedet wurde, sind sehr große Hoffnungen der Betroffenen
geweckt worden, und diese Hoffnung, der Pegel dieser Hoffnungen, ist so-
zusagen das Maß, an dem alle nachfolgenden Gesetzgeber gemessen werden,
wie weit sie diesen Hoffnungen entsprechen können. Das ist ein Konflikt.
Die Zielstellung des Komitees, es ist die Scharnierstelle zwischen den Be-
troffenen einerseits und dem Justizministerium und den Staatsanwaltschaften
andererseits, d. h. wir vermitteln im Grunde genommen einzelne Betroffene
an die Ministerien bzw. an die Stellen, in denen die Rehabilitierungsanträge
bearbeitet werden, und wir üben eine politische Funktion aus in die Öffent-
lichkeit hinein. Das Komitee bündelt die Interessen der einzelnen Sprachlosen
und ist damit sozusagen eine Art Lobby in der politischen Öffentlichkeit. Wir
haben im Laufe unserer Arbeit Einfluß genommen auf die Gestaltung des
Unrechtsbereinigungsgesetzes. Dazu gab es verschiedene Gespräche auch in
Bonn bei den einzelnen Fraktionen mit dem Ziel, die Interessen der Betrof-
fenen zu wahren gegenüber anderen Interessen. Der für uns hauptsächliche
Konfliktgegner war in diesem Fall das Finanzministerium. Wir streben die
Zusammenarbeit mit Initiativen und Vereinen in Mecklenburg-Vorpommern
an, in denen sich unmittelbar Betroffene zusammengeschlossen haben. Das
sind einmal die Vereine der Opfer des Stalinismus und der Verein der
Zwangsausgesiedelten, der auch über Mecklenburg-Vorpommern ja hinaus in
der ganzen ehemaligen DDR sich organisiert hat. Unsere Forderung geht nach
der Erweiterung der im Einigungsvertrag festgelegten Problemgruppen. Da
sind ja eigentlich nur die strafrechtlich Verfolgten gesetzlich fixiert worden.
Der Bereich der verwaltungsrechtlich und beruflich Rehabilitierten ist im Eini-
gungsvertrag nicht vorgesehen, wird aber, wenn alles gut geht, hoffentlich im
zweiten Unrechtsbereinigungsgesetz dann auch erfaßt werden, und es werden
entsprechende gesetzliche Regelungen geschaffen werden. Wir haben, weil
wir gemerkt haben, daß es nicht ausreicht, sich nur um die Betroffenen selber
zu kümmern, sondern daß es auch notwendig ist, die Hintergründe, aus denen
heraus Menschen zu Betroffenen oder Opfern geworden sind, zu erhellen, im
Rahmen dieses Komitees eine Arbeitsgruppe zur Aufarbeitung der eigenen
Vergangenheit gegründet, die sich aber noch in den Anfangsstadien befindet,
wo wir politische, wirtschaftliche, soziale und gesellschaftliche Hintergründe
genauer erfassen wollen, die die Voraussetzung für die Lebensschicksale der
Betroffenen gewesen sind.
Offene Probleme für die Bewältigung der Vergangenheit, ich möchte vier
nennen. Probleme, die sich eigentlich mit der Situation unseres vereinigten
Deutschlands befassen.
Das erste, wir stellen die Schwierigkeit der Westdeutschen fest, die Lebens-
situation der Ostdeutschen in ihrer ganzen Tragik wirklich nachzuvollziehen
und zu erfassen.
Das zweite Problem, wir stellen bedauerlicherweise eine mangelnde Be-
reitschaft fest, die berechtigten Forderungen der Betroffenen anzuerkennen
und ihnen auch in Form von Gesetzen zu entsprechen. Das Hick-Hack der
finanziellen Entschädigung für die strafrechtlich Verfolgten der letzten Monate
hat in uns einiges Unbehagen ausgelöst und ist für uns eigentlich ein Signal
mangelnder Sensibilität.
Drittens, die unterschiedliche Beurteilung, welchen politischen Stellenwert die
Rehabilitierung der Betroffenen für den inneren Frieden und das Aufeinander-
zugehen der Ost- und der Westdeutschen de facto hat.
Und viertens, die Erfahrung vieler Betroffenen, daß die Urheber ihres
Leides entweder ohne Strafe davonkommen bzw. schon wieder in neuen
Schlüsselpositionen sind, vor allem im Bereich der Wirtschaft.
Aus diesen vier Problemlagen heraus möchte ich an Sie, werte Abgeordnete,
eine Frage stellen. Wie wollen und werden Sie mit den Hoffnungen all
derer umgehen, die mit großen Erwartungen den Weg in das gemeinsame
Deutschland mitgegangen sind? Für diese Menschen wird der Rechtsstaat, der
vielgepriesene, nur dann Akzeptanz finden, wenn er imstande ist und bereit,
diese Menschen zu rehabilitieren und angemessen zu entschädigen.
Vorsitzender Rainer Eppelmann: Ich bin gespannt, wie schwierig die jetzige
Einheit werden wird, und zwar geht es jetzt darum, daß die Sachverständigen
und Abgeordneten der Enquete-Kommission Fragen stellen können an die
sieben Initiativen, die sich bis jetzt vorgestellt haben. Man kann bloß dankbar
sein, wenn man feststellt, mit wieviel Einsatz und Phantasie hier an einem
Thema gearbeitet wird, das uns allen wichtig erscheint. Von daher Ihnen einen
ganz herzlichen Dank.
Jetzt also, wie gesagt, die Möglichkeit für Abgeordnete und Sachverständige.
Wenn ich herzlich darum bitten darf, keine Grundsatzstatements, sondern
Fragen. Reinhard von Schorlemer als erster.
Abg. Frhr. von Schorlemer (CDU/CSU): Ich habe eine kurze Frage an den
Vertreter von Bürgerkomitee Leipzig – Museum in der Runden Ecke. Sie haben
in Ihrem Bericht davon gesprochen, daß sich in Ihrem Besitz auch Akten der