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Mauer gestanden hätte. Und so müssen wir heute alle auch uns selbst fragen,
wo wir versagt haben.
Es ist eine ganz große Verantwortung, die wir haben, es war eine Revolution,
denn die Weltenteilung ist zu Ende. An dem Ergebnis sehen Sie, daß dies eine
Revolution war, und da gibt es eine vollkommene Umwertung aller Werte.
Jetzt kommen die ABC-Waffen, jetzt kommen die Ökologie, die Bevölke-
rungsexplosion und daß wir unfähig sind, in Jugoslawien einzuschreiten, das
alles kommt jetzt. Die Verantwortung kommt auf uns zu. Und aus diesem
Kreis, es waren ja letzten Endes nur ganz wenige und die sitzen ja schon zum
großen Teil hier, aus diesem Kreis muß die Verantwortung kommen. Jetzt. Das
zu begreifen, was wir den Opfern, den Millionen Toten, genauso den Russen,
die uns befreit haben, was wir denen schuldig sind.
Vorsitzender Rainer Eppelmann: Lieber Herr Hildebrandt, herzlichen Dank
nicht nur für Ihre Worte, sondern auch für das, was Sie in vielen Jahren getan
haben. Ich finde, das ist auch gut, daß wir hier nicht unter uns sind, sondern
daß einer unserer Väter mit dabei ist.
Ökumenischer Arbeitskreis „Recht und Versöhnung“, Leipzig: Wir sind
ein ökumenischer Arbeitskreis, bei dem Katholiken und Evangelische mitar-
beiten, und Recht und Versöhnung deswegen, um innerhalb der Kirche zu
arbeiten. Ich heiße Roland Ostmann (phon.), 15 Monate Zuchthaus Cottbus.
Ich möchte Ihnen zu Anfang einen Witz erzählen, mit Brecht gesprochen. Herr
Karl kommt in den Himmel und fragt am Eingang: Nun, wer ist denn jetzt
alles hier? Schaut sich Petrus um und sagt: Och, ein sündiger Papst, ein paar
sündige Bischöfe, ein paar hundert sündige Heilige und ein paar Millionen
sündige Gläubige.
Anfang 1990 übergab in der sächsischen Landeskirche, wozu Leipzig gehört,
Hans Ulrich Langner (phon.) als ein gläubiges Gemeinderatsmitglied dem
Bischof in Dresden ein paar mehrseitige Kopien von Stasi-Kader-Akten. Die
Kader-Akten waren von beim MfS diensttuenden Pfarrern, die natürlich von
der Kirche bezahlt wurden, und dann war erst einmal Sendepause fast über
ein Jahr hinweg; auf Herrn Langner komme ich am Ende noch einmal zurück.
Solche Leute gehören zum Arbeitskreis Recht und Versöhnung. Die Initiative
gehört zur zweiten Generation der Bürgerrechtsgruppen, sie gibt es seit knapp
einem Jahr in verschiedenen Städten, in Berlin, in Leipzig, in Thüringen, oft
sind es Leute aus der Solidarischen Kirche. Das war auch eine Bewegung
unter Honecker gegen Bevormundung und anderes.
Die Gruppe in Leipzig, über die ich jetzt kurz reden möchte, zählt insgesamt
etwa 20 Leute. Es treffen sich kontinuierlich 8 bis 12, das wechselt.
Wir haben uns im November letzten Jahres gebildet, spontan aus einer
Gemeindeveranstaltung heraus, haben uns ein paar Pfarrer dazu geholt, die
im Bürgerkomitee, in der Aktensichtungsgruppe waren bis zur Vereinigung
Deutschlands, dann war Sense. Diese Pfarrer und wir als Laien innerhalb
der Kirche sind einfach empört über die Verlogenheit unserer Bischöfe, über
die Verlogenheit der Kirchenleitung, daß es keine sündigen Oberkirchenräte
mehr gäbe, daß im Prinzip jeder, der da nach und nach enttarnt wird, nur das
Beste gewollt hat und daß er natürlich alle Kontakte nur zum Lob und Preis...
ach nein, sagen wir einmal: der Kirche gepflegt hat, ja überhaupt war alles
gut und richtig, und das MfS war eine karitative Dienstleistungseinrichtung.
Gut, es gibt einige in der Kirche, die haben das anders erlebt und die finden
sich bei uns zusammen. Wir arbeiten in Leipzig, ich mache es kurz, in zwei
Gruppen. Die dritte Gruppe, die Seelsorgegruppe, wollte eigentlich bei der
Akteneinsicht in der Gauck-Behörde helfen. Das geht ein bißchen langsam,
deswegen ist die gegenwärtig wieder auf Eis gelegt. Die zweite Gruppe
kümmert sich um Täter und Opfer und bringt sie an einem Tisch zusammen.
Das geschieht zweiwöchentlich, jetzt schon fast ein Jahr lang. Es kommen
mehr Hauptamtliche als IM’s, seltsamerweise. Aber die Gespräche sind sehr
interessant. Man redet über seine Motivation, und es soll inzwischen ja sogar
eine Oberkirchenrätin geben, die sagt, ehrlich, sie habe es aus Klassenkampf
getan, das Vertrauen mißbraucht; in Magdeburg ist das gewesen. Na gut,
die zweite Gruppe macht Dokumentationen. Sie arbeitet gegenwärtig an fünf
Forschungsvorhaben, die sind auch bei der Abteilung Bildung und Forschung
der Gauck-Behörde angemeldet. Wir hoffen, daß wir jetzt nach und nach
dann auch diese Unterlagen kriegen. Dann wird mit SED-Akten gearbeitet,
Kirchenakten ist sehr schwierig, ist heute Vormittag schon ein Thema gewesen.
Wir sind durchaus bereit, alle Akten nebeneinander zu legen, aber dazu müßten
wir sie erst einmal haben.
Als Forderung: Wir brauchen unbedingt für die Provinz hier, für Leipzig, einen
Ansprechpartner in der Gauck-Behörde, der für solche Forschungsvorhaben
sich verantwortlich fühlt, auch namentlich. Es kann nicht nur immer über
Bekanntschaften gehen, sondern wir möchten wirklich jemand, der da sich
dafür einsetzt, der auch die Akteneinsicht begleitet, Unterlagen bereitstellt
in die Forschungsrichtungen. Wir haben auch positive Erfahrungen gemacht.
In einem der Forschungsvorhaben ging es sogar sehr schnell, daß wir in
der Außenstelle jetzt Kontakte geknüpft haben. Vielleicht könnte dieser
Landesbeauftragte, der überall im Gespräch ist, so eine Funktion erfüllen.
Ich denke, das ist ungeheuer nötig, sonst gibt es noch mehr Irritationen.
Ich möchte zum Schluß noch einmal auf Hans Ulrich Langner zurückkommen.
Dieses tiefgläubige langjährige Gemeinderatsmitglied erwartet jetzt seinen
Prozeß. Vielleicht sagst du mehr.
Meine Name ist Traudel Weiße, ich habe Pfarrer Turek angesprochen am
13. November, vor einem Jahr, weil ich erschüttert war über die einseitige
Darstellung, als bekannt wurde, daß Prof. Rotzsch, Thomas-Kantor, IM war.
Ich bin an die Öffentlichkeit gegangen, weil es immer nur ganz einseitig
hieß, Prof. Rotzsch habe ja nur das Beste getan, und das zieht sich durch