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Wahlperiode 13, Band I, Seiten 4 und 5
 

Antrag

der Fraktionen CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.

 

Einsetzung einer Enquete-Kommission „Überwindung
der Folgen der SED-Diktatur im Prozeß der deutschen
Einheit“

 

 

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag setzt gemäß § 56 seiner Geschäftsordnung die En-
quete-Kommission „Überwindung der Folgen der SED-Diktatur im Prozeß der
deutschen Einheit“ ein.

Der Kommission gehören elf Mitglieder des Bundestages und elf Sachverstän-
dige an.

Die Fraktion der CDU/CSU benennt fünf Mitglieder und fünf Sachverständige,
die Fraktion der SPD vier Mitglieder und vier Sachverständige, die Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Fraktion der F.D.P. je ein Mitglied und
je einen Sachverständigen. Zusätzlich kann die Gruppe der PDS durch ein
nicht stimmberechtigtes Mitglied und einen nicht stimmberechtigten Sachver-
ständigen mitwirken.

Für jedes Mitglied des Bundestages kann ein Stellvertreter benannt werden.

Die Enquete-Kommission „Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-
Diktatur in Deutschland“ hat in der 12. Legislaturperiode des Deutschen Bun-
destages grundlegende Beiträge zur politischen, historischen und moralischen
Bewertung der zweiten Diktatur auf deutschem Boden geleistet. Sie hat sich
große Verdienste um die gesellschaftliche Aufarbeitung von vier Jahrzehnten
DDR-Vergangenheit erworben und wird ein wichtiges Zeugnis dafür bleiben,
wie sich der Deutsche Bundestag und die politische Öffentlichkeit in den er-
sten Jahren nach der Vereinigung dieser Herausforderung gestellt haben. Die
Mitwirkung der Enquete-Kommission am Prozeß der inneren Einigung
Deutschlands hat – im In- und Ausland – eine starke öffentliche Beachtung ge-
funden und ein vielfältiges Echo ausgelöst.

Als grundlegende Erkenntnisse der Enquete-Kommission sind festzuhalten:

  • Die Vollendung der inneren Einheit Deutschlands und die Bewältigung der
    materiellen und immateriellen Folgeschäden der SED-Diktatur bleiben her-
    ausragende Aufgaben der nächsten Jahre. Die Geschichte der DDR mit all
    ihren Belastungen ist Teil der gesamtdeutschen Geschichte.
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Antrag Fraktionen CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, F.D.P.
  • Der SED-Staat war eine Diktatur. Er war dies nicht nur durch politische
    Fehlentwicklung und Machtmißbrauch, sondern schon von seinen histori-
    schen und ideologischen Grundlagen her. Die Verletzung individueller und
    politischer Menschenrechte war systembedingt und wurde durch individu-
    elle Willkür nur noch verstärkt.
  • Die Hauptverantwortung für das Unrecht, das von diesem System begangen
    wurde, trägt die SED, die die „führende Rolle“ in Staat, Justiz, Wirtschaft,
    Gesellschaft, Bildung, Kultur und Wissenschaft beanspruchte und mit allen
    Mitteln durchsetzte. Das menschliche Leid, das aus Unterdrückung, Ver-
    weigerung von Menschenrechten und erzwungenem Verzicht auf persönli-
    che Entfaltung erwuchs, ist in der Hauptsache der Führung der SED anzula-
    sten. Mitverantwortung tragen auch die Verantwortlichen der anderen
    Blockparteien und der Massenorganisationen.
  • Die politisch-moralische Verurteilung der SED-Diktatur bedeutet keine
    Verurteilung der ihr unterworfenen Menschen, im Gegenteil. Die Deutschen
    in der DDR haben den schwereren Teil der deutschen Nachkriegsgeschichte
    zu tragen gehabt.
  • Mit dem Sturz der SED-Diktatur im Herbst 1989 haben die Ostdeutschen
    wesentlich dazu beigetragen, daß sich heute in Gesamtdeutschland ein breit
    anerkannter antitotalitärer Konsens durchgesetzt hat, der zu den wichtigsten
    geistigen Grundlagen der Demokratie gehört. Das Credo demokratischer
    Politik nach 1945 „Nie wieder Krieg von deutschem Boden, nie wieder
    Diktatur auf deutschem Boden!“ bleibt bestehen. Dies bedeutet die Absage
    an jedwede Form totalitärer Ideologien, Programme, Parteien und Bewe-
    gungen.

Auf der Grundlage dieser Einsichten und Erkenntnisse ist die weitere Aufar-
beitung von Geschichte, Folgen und aktuellen Nachwirkungen der SED-Dik-
tatur von besonderer politischer Wichtigkeit. Der Transformationsprozeß muß
sich den daraus erwachsenden Problemen stellen. Der Deutsche Bundestag
betrachtet es daher als notwendig, an die Arbeit der vorherigen Enquete-
Kommission anzuknüpfen und sie mit neuen Schwerpunktsetzungen fortzufüh-
ren. Die Aufarbeitung der SED-Diktatur ist ein gesamtgesellschaftlicher Pro-
zeß. Die einzusetzende Enquete-Kommission „Überwindung der Folgen der
SED-Diktatur im Prozeß der deutschen Einheit“ hat den Auftrag, Parlament
und Regierung politische Handlungsempfehlungen für den Umgang mit Fol-
gen und Hinterlassenschaft dieser Geschichte zu geben.

Die Enquete-Kommission hat die folgenden Aufgaben:

  1. Sie soll, aufbauend auf den Ergebnissen der Vorgängerkommission, Beiträ-
    ge zu einer politisch-historischen Analyse und einer politisch-moralischen
    Bewertung der SED-Diktatur leisten, den gesamtgesellschaftlichen Aufar-
    beitungsprozeß fördern und für die Zukunft Vorschläge für seine Weiter-
    führung machen. Dabei wird zu prüfen sein, ob dafür nicht auch zusätzliche
    institutionelle Mittel, z. B. im Rahmen einer Stiftung, zu schaffen sind. Das