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sorgungsgesetz. Hier sei der Nachweis des zeitlichen Zusammenhangs erfor-
derlich. Dieser Nachweis gelinge in der Regel nicht. Die Gutachter der Ver-
sorgungsämter seien in diesem Bereich überfordert. Die Gleichbehandlung mit
NS-Opfern werde gefordert.
Im Bereich der „alten Seilschaften“ fordert Frau Einsle nach erfolgter Über-
prüfung der Landesbediensteten die Überprüfung der Bediensteten in allen
Bundesämtern. Sie erwähnt dabei insbesondere den nachgeordneten Bereich
der Bundesarbeitsverwaltung. Schließlich äußert sie, daß dem Petitionsaus-
schuß sehr oft Gerichtsentscheidungen, insbesondere Entscheidungen der Ar-
beitsgerichte, unverständlich bleiben. Gerade Entscheidungen im Bereich des
Arbeitsrechts und des Vermögensrechts seien häufig nicht nachvollziehbar.
Nach einer gemeinsamen Forderung des Petitionsausschusses und des Sächsi-
schen Beauftragten für die Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit
der ehemaligen DDR soll der Petitionsausschuß für seine Arbeit das Einsichts-
recht in die Unterlagen der Gauck-Behörde in Berlin erhalten. Dies sei not-
wendig, damit sich der Petitionsausschuß ein eigenes Bild von den Vorgängen
und Personen machen könne.
Der Vorsitzende dankt den Referentinnen für die Statements. Er bedauert in
diesem Zusammenhang, daß Vertreter der Petitionsausschüsse der Länder
Brandenburg, Berlin und Sachsen-Anhalt sowie der Bürgerbeauftragte des
Landes Mecklenburg-Vorpommern aus terminlichen Gründen nicht teilneh-
men können. Für die sich anschließende Diskussion bittet der Vorsitzende die
Mitglieder der Enquete-Kommission, zunächst auf die mit den Unrechtsberei-
nigungsgesetzen und der Rehabilitierung im Zusammenhang stehenden Fragen
einzugehen.
Abg. Gerd Poppe erwähnt einen am 17.4.1996 in der FAZ erschienenen Arti-
kel, in dem darüber berichtet wird, daß die Wertschätzung für die Demokratie
bei der ostdeutschen Bevölkerung verhältnismäßig gering sei. Er fragt daher,
ob erkennbar sei, daß die Petenten Gesetzesänderungen erreichen wollten oder
ob es den Petenten lediglich darum ginge, eine für sich selbst günstige Lösung
zu erzielen. Zum Begriff der moralischen Rehabilitierung erwähnt Abg. Poppe,
daß eine solche Art der Rehabilitierung weniger mit Entschädigung als mehr
mit der auch von Bärbel Bohley eingeforderten Gerechtigkeit zu tun habe. Er
stellt deshalb die Frage, ob bei den anwesenden Vertreterinnen der Petitions-
ausschüsse Vorstellungen darüber bestünden, wie neben finanzieller Entschä-
digung eine moralische Rehabilitierung erreicht werden könnte. Er vergleicht
die Petitionsausschüsse und die Enquete-Kommission und kommt zu dem Er-
gebnis, daß beide kein Initiativrecht im Parlament haben, sondern nur Anre-
gungen geben können. Er bittet daher, nochmals herauszuarbeiten, in welchen
Bereichen lediglich Gesetze falsch gehandhabt werden und in welchen Fällen
absehbar sei, daß Gesetzes-Novellierungen nötig sind. In diesem Zusammen-
hang weist er darauf hin, daß es die Absicht der Enquete-Kommission sei,
auch Vorschläge zur Verbesserung der Gesetzeslage zu erarbeiten und dem
Deutschen Bundestag vorzulegen. Er bittet die Vertreterinnen der Petitionsaus-
schüsse darum, solche gesetzgeberischen Defizite möglichst konkret zu benen-
nen. Am Beispiel der Beweislast der Betroffenen in der Gesetzgebung zur Re-
habilitierung macht Abg. Poppe deutlich, daß offenbar viele Menschen mit den
ihnen dort eingeräumten Rechten nicht umgehen können. Er fragt deshalb,
welche Möglichkeiten des persönlichen Gesprächs und der Beratungsfunktion
der Petitionsausschüsse erkennbar sind, welche Möglichkeiten es bereits gibt
und wo Handlungsbedarf erkennbar ist. Daneben fragt er nach Problemen bei
der Evaluierung im Hochschulbereich und danach, welche Rolle die Vorgänge
der Zersetzung durch die Staatssicherheit in Petitionen spielen. Schließlich
merkt Abg. Poppe an, daß er sich darüber wundere, daß die SPD-regierten
Länder keine Vertreter zu der heutigen Veranstaltung entsandt haben.
Sv. Prof. Dr. Peter Maser fragt nach der Möglichkeit, Petitionen mündlich
einzubringen und nach deren Behandlung. Er spricht die Vorstellungen zur
moralischen Rehabilitierung an, wo er noch deutliche Defizite sieht. Schließ-
lich greift er die Bemerkung von Abg. Christa Nickels auf, wonach SED-Ka-
der um die Anerkennung ihrer Verdienste bei der Rentenberechnung nach-
suchten. Er fragt daher, inwieweit Petitionen eingehen, die erkennbar aus dem
Umkreis der SED/PDS stammen.
Abg. Siegfried Vergin erwähnt, daß bei der Wiedergutmachung von NS-Un-
recht häufig nicht hinreichend von den Möglichkeiten der Inanspruchnahme
gesetzlicher Gegebenheiten und Rechte Gebrauch gemacht worden sei. Dies
habe dazu geführt, daß eine Reihe von Verfahren noch heute anhängig und
nicht entschieden seien. Er fragt daher, inwieweit feststellbar sei, ob die Pe-
tenten Hilfe und Betreuung bei der Abfassung ihrer Petitionen und der Formu-
lierung ihrer Anliegen erhalten haben. Darüber hinaus äußert er die Befürch-
tung, daß vieles gar nicht an die Behörden und die Petitionsausschüsse gelan-
ge, da Beratung und Information der Petenten fehle.
Zu den Wirkungen des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes fragt Sv. Martin
Gutzeit, ob es bei den Petitionsausschüssen Beobachtungen gibt, die darauf
hinweisen, daß etwa seit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes im Jahr 1994 Peti-
tionen in diesem Bereich zugenommen haben. Weiter fragt er danach, ob Peti-
tionen vorliegen, in denen Petenten die Nichtanrechnung von Beschäftigungs-
zeiten im öffentlichen Dienst der DDR beklagen, nachdem sie dort aus dem
öffentlichen Dienst entfernt worden waren. Schließlich bittet er darum, den
Sachstand der Petitionen im Bereich der Rehabilitierung diskriminierter Schü-
ler noch einmal näher darzustellen.
Der Vorsitzende, Abg. Rainer Eppelmann, unterbricht die Sitzung um 15.30
Uhr für eine 20-minütige Pause und übergibt den Vorsitz an Abg. Siegfried
Vergin.
Der Vorsitzende, Abg. Siegfried Vergin, setzt die öffentliche Sitzung der
Enquete-Kommission um 15.50 Uhr fort und erteilt das Wort den Vertreterin-
nen der Petitionsausschüsse zur Beantwortung der gestellten Fragen.