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Wahlperiode 13, Band II/1, Seiten 192 und 193
192
Falco Werkentin

funden worden. Der Autor geht davon aus, daß die Praxis der Letztentschei-
dung des Ersten Sekretärs der SED-Diktatur über Todesurteile und deren Voll-
zug sich fortgesetzt hat, ab 1976 gleichsam „versteckt“ in Honeckers staatli-
cher Position als Vorsitzender des Staatsrates, der nach der Verfassung das
Gnadenrecht ausübte.

Soweit aber Todesurteile von anderen als in den Verfassungen der DDR ge-
nannten, mit justitiellen Aufgaben betrauten staatlichen Instanzen bindend vor-
entschieden wurden, waren die gerichtlichen Verfahren, auch wenn die not-
wendigen äußeren Formen gemäß der StPO der DDR gewahrt wurden, rechtli-
che Scheinverfahren. Zur Vollstreckung von Urteilen, die von „Richtern“ ver-
kündet wurden, welche nichts anderes taten, als Weisungen von dritter Seite
als eigene Entscheidungen zu legendieren, erklärte 1952, hier in der Bewer-
tung von Todesurteilen der NS-Justiz, der Bundesgerichtshof: „Die ’Vollstrek-
kung’ eines solchen ’Urteils’ ist eine rechtswidrige Tötung unabhängig von der
Art des Vorwurfs, der dem Getöteten gemacht worden war.“

 

Zur Rehabilitierungspraxis:

Die Rehabilitierung jener, die aus politischen Gründen in rechtsstaatswidrigen
Verfahren zum Tode verurteilt und hingerichtet wurden, hat im Prinzip keine
anderen Probleme aufgeworfen als bei anderen Opfern der politischen Strafju-
stiz und bedarf keiner veränderten gesetzlichen Regelung.

Auf Änderung drängt einzig die bisherige Regelung der Entschädigung für na-
he Angehörige (Ehegatten, Kinder und Eltern) Betroffener, die aus politischen
Gründen hingerichtet wurden. Die ansonsten begründete Bindung der Höhe
der Entschädigung an die Länge der erlittenen Haft kann bei Todesurteilen der
Natur der Sache nach nicht greifen. Dasselbe gilt für die Stichtagregelung des
§ 17 Abs. 3 StrRehaG. Angeregt wird eine Lösung, die als Entschädigung für
nahe Angehörige, welche von der Hinrichtung erheblich mitbetroffen waren,
sich in der Kapitalentschädigung orientiert an der durchschnittlichen Haftzeit
von Personen, die von der politischen Strafjustiz zu lebenslanger Haft verur-
teilt wurden.

 

Sonja Süß

 

Repressive Strukturen in der SBZ/DDR – Analyse von
Strategien der Zersetzung durch Staatsorgane der DDR
gegenüber Bürgern der DDR

 

1.Aufgabenstellung – Quellenlage – Forschungsstand
2.Begriffsbestimmung zur „Zersetzung“
3.Zielgruppen für „Zersetzungsmaßnahmen“ des MfS
4.Urheber und Mitwirkende an „Zersetzungsmaßnahmen“
5.Zeitgeschichtliche Einordnung der MfS-Methode
6.Typische Strategien der „Zersetzung“
7.Schätzung des Ausmaßes angewandter „Zersetzung“
8.Psychische und physische Folgen der „Zersetzung“
9.Dokumentarischer Nachweis erfahrener „Zersetzung“
10.Handlungsempfehlungen an den Gesetzgeber zur Rehabilitierung von
„Zersetzung“ Betroffener
Literaturverzeichnis
MfS-Quellen zur „Zersetzung“
Zusammenfassung

 

1. Aufgabenstellung – Quellenlage – Forschungsstand

Die nachfolgenden Betrachtungen sollen eine Annäherung an den noch unbe-
stimmten Begriff der „Zersetzung“ als eine besondere Form staatlicher Repres-
sion in der DDR ermöglichen. Mir wurde die Aufgabe gestellt, „Strategien der
Zersetzung“ zu analysieren und übersichtlich darzustellen, wobei die Schilde-
rung von Einzelfällen nicht im Vordergrund stehen sollte.

Zunächst ist festzuhalten, daß es sich bei der „Zersetzung“ um einen terminus
technicus des DDR-Staatssicherheitsdienstes handelt. Auch wenn andere
staatliche Organe der DDR vom Ministerium für Staatssicherheit (MfS) in des-
sen „Strategien der Zersetzung“ nicht selten einbezogen wurden, dürfte außer-