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Wahlperiode 13, Band IV/1, Seiten 70 und 71
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Protokoll der 6. Sitzung

hörten für gewöhnlich dieser Gruppe der Prorektor des jeweiligen Fachbe-
reichs, der Direktor Kader/Weiterbildung, der 2. Sekretär der SED-
Grundorganisationsleitung und der Beauftragte für Sicherheit und Geheimnis-
schutz, also zumindest ein OibE, IME oder GMS, an.

Bei der Entscheidung durch das MfS wurde in jedem Einzelfall das Interesse
an der – ich zitiere

  • „konsequenten Durchsetzung der Politik der Partei und Staatsführung,
  • Gewährleistung der staatlichen Sicherheit,
  • Durchsetzung objektiver Erfordernisse der gesellschaftlichen Entwicklung,
  • vorbeugenden Verhinderung von politischen, ideologischen und materiellen
    Schäden“

zugrunde gelegt.

Als jeweils aufzuklärende Bereiche bei den zur Überprüfung eingereichten
Personen wurden genannt:

  • „Politisch-ideologisches Gesamtverhalten, Entwicklung des sozialistischen
    Staatsbewußtseins, politische Zuverlässigkeit,
  • Verbindungen in der DDR und deren Charakter,
  • familiäre Verhältnisse, Vermögensverhältnisse,
  • Charaktereigenschaften, persönliche Eigenheiten, moralische Festigkeit,
    Korruptionsanfälligkeit,
  • Verbindungen, einschließlich die der Familienangehörigen, zu Personen
    außerhalb der DDR, insbesondere in nichtsozialistische Staaten und West-
    berlin sowie deren Charakter.“

Bei Wiederholungsüberprüfungen von Reisekadern griff das MfS auf offizielle
und inoffizielle Einschätzungen bereits durchgeführter Auslandseinsätze zu-
rück. Zu diesem Zweck wurden bestätigte Reise- und Auslandskader auf der
Grundlage der 3. Durchführungsbestimmung des Befehls 299/65 in die Vor-
verdichtungs-, Such- und Hinweiskarteien des MfS aufgenommen. Da im Ver-
ständnis des MfS Dienstreisen in den Westen am effektivsten durch Inoffizi-
elle Mitarbeiter politisch-operativ gesichert werden konnten, hatten jene häufig
auch bessere Aussichten, Reise- bzw. Auslandskader zu werden. „Die Aus-
wahl von IM und die Gewinnung von IM unter Reisekadern“, so notierte die
Dienstanweisung 4/75, „hat unter der Beachtung der Entwicklung der Aus-
landsbeziehungen zu nichtsozialistischen Staaten und Westberlin planmäßig,
langfristig und schwerpunktmäßig zu erfolgen.“

Ein IM konnte jedoch nicht automatisch Reisekader werden. Auch dieser wur-
de auf seine „politisch-operative Zuverlässigkeit“ hin überprüft und hatte sich
häufig zunächst „bei der Lösung von Aufgaben im Rahmen der politisch-
operativen Sicherung im Innern der DDR“ zu bewähren. Kamen bei den Über-

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Die Kaderpolitik der SED an Schulen und Hochschulen

prüfungsmaßnahmen „Zweifel an der politisch-operativen Zuverlässigkeit des
Reisekader-IM“ auf, so wurde dieser unter einer entsprechenden Legende aus
dem Kreis der Reisekader wieder „herausgelöst.“

Den Akten von Auslandsreisekader-IM ist zu entnehmen, daß diese durchaus
mehrfach in ihrem Einsatzgebiet überprüft und bei sogenannter „operativer
Notwendigkeit“ im Zusammenwirken mit staatlichen Stellen wieder nach Hau-
se geschickt wurden. Bei langfristigen Auslandsaufenthalten von IM waren
diese für die Dauer ihres Aufenthaltes an die Hauptverwaltung Aufklärung zu
übergeben. Diese Praxis ist bei Wissenschaftlern mit längeren Forschungsauf-
enthalten bzw. Gastprofessuren im westlichen Ausland aktenkundig nachweis-
bar.

Eine kurze Schlußbemerkung: Im vielzitierten „engen politisch-operativen Zu-
sammenwirken“ mit den jeweiligen Partei- und Staatsinstanzen im Ministeri-
um für Hoch- und Fachschulwesen und an den Hochschulen der DDR leisteten
die für Hochschulfragen verantwortlichen Diensteinheiten des MfS also einen
wichtigen Beitrag zur Durchsetzung der kader- und sicherheitspolitischen Ma-
ximen der SED.

Von den Hochschulen der DDR ging letzten Endes keine substantielle Gefahr
für das SED-Regime aus. Die sozialistischen „Bildungs- und Denkfabriken“
leisteten ihren von der SED erwarteten staatstragenden Beitrag. Die Staatssi-
cherheit hat mit ihrer eifrigen Durchsetzung kader- und sicherheitspolitischer
Standards einen wesentlichen Beitrag zur allgemeinen „Friedhofsruhe“ an den
Universitäten geleistet.

Ich danke Ihnen. (Beifall)

Vorsitzender Rainer Eppelmann: Herzlichen Dank, Herr Dr. Braun. Ich
möchte Sie bitten, hier vorne zu bleiben, und bitte nun Herrn Tietz, seinen
Vortrag zu halten.

Detlef Tietz: Als mich Herr Hilsberg vor drei Wochen anrief und fragte, ob
ich einen Beitrag für die Enquete-Kommission liefern möchte, war ich erst
eher skeptisch, ob ich das tun soll, weil ich denke, mein Thema bezieht sich
wohl mehr auf die Schulen der DDR. Das ist fünf Jahre nach der Vereinigung
der beiden Teile Deutschlands aus meiner Sicht für das Thema „Schulen“
schon zu spät. Ich habe es dann doch gemacht, weil ich denke, daß es ein we-
nig Klarheit bei denjenigen hervorruft, was da eigentlich los war oder was
auch los ist, die vielleicht nicht in dieser Situation waren. Ich habe gehört, daß
die Hälfte der hier Sitzenden doch aus dem Ostteil des Landes stammt. (Hei-
terkeit)

Ich trete hier als Zeitzeuge auf, mein Vortrag ist denn auch nicht wissenschaft-
lich, er erhebt nicht diesen Anspruch. Ich war in den siebziger Jahren Schüler
der Berliner Schule, in den achtziger Jahren also Lehrer der Ost-Berliner
Schule und bin dann eigentlich durch einen Zufall 1990 zum Schulrat gewor-
den in Berlin-Mitte, dem zukünftigen Regierungsbezirk, und ich will Ihnen