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Wahlperiode 13, Band VI, Seiten 156 und 157
156
Protokoll der 44. Sitzung

Erstens gibt es nach meiner Auffassung keinen überzeugenden Grund, und das
habe ich auch damals schon erwähnt, aber nicht in die neun Punkte aufge-
nommen, warum die Beteiligung des Bundes sich ausschließlich auf Einrich-
tungen in den neuen Bundesländern erstrecken sollte. Die großen KZ-Gedenk-
stätten Bergen-Belsen, Dachau, Neuengamme, die Stätten der Euthanasiemor-
de, große Kriegsgefangenenlager und anderes mehr fallen auch in den alten
Bundesländern unter eine gesamtstaatliche Verantwortung und sollten deshalb
gleichberechtigt in das Förderprogramm einbezogen werden.

Zweitens, die Gedenkstättenlandschaft der Bundesrepublik ist durch eine große
Zahl von mittleren und kleinen, kleineren Einrichtungen charakterisiert, insge-
samt deutlich über 50 Einrichtungen, die als solche organisiert und mehr oder
weniger etabliert sind, auch über eigene Mitarbeiter verfügen. Sie befinden
sich in unterschiedlicher Trägerschaft, unterstützt von den jeweiligen kommu-
nalen Einrichtungen und den Ländern, in Einzelfällen auch durch den Bund.
Diese dezentrale Struktur hat sich insgesamt sehr bewährt, weil sie sehr unter-
schiedliche Organisationsformen zuläßt und ein Maximum an Bürgerengage-
ment ermöglicht. Von jeder Zentralisierungstendenz ist daher entschieden ab-
zuraten, zumal die Koordinierungsaufgaben mit großem Erfolg vom Gedenk-
stättenreferat der Stiftung Topographie des Terrors bundesweit und darüber
hinaus wahrgenommen werden. Ein „Gedenkstättenrundbrief“ erscheint
sechsmal jährlich. Aus dieser Koordinierungsarbeit erwächst der Vorschlag,
diese kleinen und mittleren Gedenkstätten dadurch wirkungsvoll zu unterstüt-
zen, daß beim Bundesinnenministerium ein Fonds zur Unterstützung der loka-
len und regionalen Gedenkstättenarbeit in den alten und neuen Bundesländern
geschaffen wird, für den jährlich ca. 5 Millionen DM zur Verfügung stehen
sollten. Diese Mittel sollen unter der Voraussetzung vergeben werden, daß ei-
ne wesentliche Beteiligung an den Projekten vor Ort erfolgt, durch die Ge-
meinde, den Kreis, das Land, private Geldgeber. Zweckmäßig wäre die Ein-
richtung eines Beirates aus Wissenschaftlern und Gedenkstättenfachleuten. Mit
relativ geringen Mitteln wären auf diese Weise Investitionen und andere Pro-
gramme möglich, die die Möglichkeiten der lokalen Geldgeber übersteigen,
während andererseits durch die Notwendigkeit einer finanziellen Beteiligung
an den vom Bund zu unterstützenden Projekten zusätzliche Finanzmittel auf
der lokalen und regionalen Ebene mobilisiert werden würden. Damit würde die
vielgliedrige Gedenkstättenlandschaft in der Bundesrepublik gestützt und
weiterentwickelt, die seit längerem die Aufmerksamkeit und den Respekt auch
vieler internationaler Beobachter auf sich gezogen hat.

Meine allerletzte Bemerkung: Der Haushaltsausschuß des Bundestages hat am
24. März 1993 beschlossen, daß die Beteiligung des Bundes an den geförder-
ten Einrichtungen nach zehn Jahren zu überprüfen sei. Es sollte, nach meiner
Überzeugung, mit Nachdruck darauf hingewirkt werden, daß diese Bestim-
mung nicht als eine grundsätzliche Befristung der Beteiligung des Bundes,
sondern als eine Prüfung im Einzelfall interpretiert wird. Die betroffenen Ein-
richtungen brauchen eine Planungssicherheit auch über das Jahr 2004 hinaus.

157
Demokratische Erinnerungskultur

Gesprächsleiter Prof. Dr. Bernd Faulenbach: Vielen Dank. Es folgt jetzt ein
Referat von Professor Dr. Hermann Schäfer über Geschichtsbilder und Ge-
schichtsvermittlung in historischen Museen. Das ist ein Fragenbereich, der
gewisse Berührungspunkte aufweist mit dem, was wir hier angesprochen ha-
ben, aber in mancher Beziehung geht er natürlich auch über das hier eben An-
gesprochene deutlich hinaus. Darf ich zunächst Herrn Schäfer bitten. Wir wer-
den dann über beide Dinge gemeinsam diskutieren.

Prof. Dr. Hermann Schäfer: Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren,
vielen Dank für diese Einladung. Sie haben mich gebeten, über Geschichtsbil-
der und Geschichtsvermittlung in historischen Museen zu berichten und dabei
insbesondere auf die Erfahrungen im „Haus der Geschichte der Bundesrepu-
blik Deutschland“ einzugehen, und das werde ich in einem ersten Teil gerne
tun. Und Sie haben mich gebeten, in einem zweiten Teil auf unsere Erfahrun-
gen und unser Konzept Leipzig betreffend einzugehen.

Ich kann auf die Erfahrungen, die ich dreieinhalb Jahre nach der Eröffnung für
Bonn zusammenfasse, in 15 Punkten eingehen, und will das kursorisch tun, da
Ihnen draußen auch das Manuskript in vervielfältigter Form zur Verfügung
steht.

Erstens, und das ist eine Ausgangsfeststellung: Die Museen befinden sich in
einem direkten Konkurrenzverhältnis zur expandierenden Freizeitindustrie.
Unsere Lebensgewohnheiten haben sich sehr verändert, und wenn wir Besu-
cher gewinnen wollen, müssen wir uns dieser Konkurrenz stellen.

Zweitens, ich unterscheide darum zwischen „Museumsmenschen“ und „All-
tagsmenschen“. „Museumsmenschen“ gehen sowieso ins Museum, „Alltags-
menschen“ muß man in die Museen locken und dementsprechend mehr An-
strengungen unternehmen. Ausstellungen sind für alle da.

Drittens, hieraus ergibt sich schon eine Notwendigkeit zur Besucherorientie-
rung, wie sie aus meiner Sicht längst noch nicht ernst genug genommen wird.
Die Museen müssen sich auch als kultureller Dienstleister verstehen, und das
bedeutet auch, daß sie z. B. auch ganz gezielt audiovisuelle Medien einsetzen
und interaktive Dialogsysteme zur Verfügung stellen müssen, weil dies den
Besucher aus seiner passiv-rezeptiven Rolle in eine aktive Rolle bringt. Er
wird so vom Besucher zum Benutzer. Keine Bibliothek spricht von ihren Be-
suchern, sie sprechen von ihren Benutzern. Und auch die Museen könnten die-
ses tun, wenn sie die Besucher aktiver machen. Ich erinnere in diesem Zu-
sammenhang gern an ein chinesisches Sprichwort, das lautet: „Ich höre und ich
vergesse, ich sehe und ich erinnere mich, ich tue es und ich verstehe.“ Diejeni-
gen von Ihnen, die das Haus der Geschichte mal erlebt haben, wissen, was wir
damit meinen, das sind unsere touch-screen Systeme, und das sind auch die
klassischen Blättersysteme, neudeutsch auch „flipchart“ genannt.

Viertens, die Kernkompetenz der Museen verlagert sich von der Wissensver-
mittlung auf die Fähigkeit zur Kommunikation. Und sie können eine Brücken-
funktion übernehmen in der Wissensvermittlung. Die meisten von Ihnen wer-