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Wahlperiode 13, Band VIII/3, Seiten 2546 und 2547
 

Gerhard Wettig

Abhängigkeiten und Handlungsspielräume der
SBZ/DDR im Verhältnis zur UdSSR 1945-1955

 

1.Das sowjetische Besatzungsregime als Ausgangspunkt der Untersu-
chung
2.Die sowjetischen Besatzungsbehörden in der SBZ
3.Das Sonderverhältnis zwischen der Besatzungsmacht und den kom-
munistischen Führungskadern in der SBZ
4.Die kommunistischen Kader und die sowjetische Besatzungspolitik
5.Grundlegende Entscheidungen 1945/46
6.Gleichschaltung der bürgerlichen Parteien
7.Bemühen um politische Einflußnahme auf die Westzonen
8.Aufbau von Verwaltung und Polizei
9.Anfänge von Staatssicherheitsdienst und Truppeneinheiten
10.Konstituierung des ostdeutschen Staates
11.Erklärungen über den Status der DDR nach der Staatsgründung
12.Elemente der ostdeutschen Selbst- und Fremdbestimmung unter Sta-
lin
13.Interaktionsmuster von UdSSR und DDR in der Stalin-Zeit
14.Bemühen um Aufwertung der DDR nach Stalins Tod
15.Der Neue Kurs als Oktroi der UdSSR
16.Bemühungen um Rekonsolidierung der DDR nach dem 17. Juni 1953
17.Abbau sowjetischer Besatzungsrechte
Fazit
2547
SBZ/DDR-UdSSR 1945-1955

1. Das sowjetische Besatzungsregime als Ausgangspunkt der Untersuchung

Die vier Siegermächte übernahmen im besetzten Deutschland erklärtermaßen
die „oberste Gewalt“, der sich die Bevölkerung unbedingt und umfassend un-
terzuordnen hatte.1 Die gesamtdeutschen Regierungsfunktionen wurden vom
Alliierten Kontrollrat ausgeübt, während in den einzelnen Zonen die Autorität
bei dem jeweiligen Oberbefehlshaber der Besatzungstruppen und dessen nach-
geordneten Kommandeuren bzw. Behörden lag. Für Berlin, in dem der Kon-
trollrat seinen Sitz nahm, gab es eine besondere Konstruktion: Die Stadt wurde
in vier, jeweils einer Macht zugewiesene Sektoren aufgeteilt, die einer Vier-
Mächte-Kommandantur unterstanden. Die deutschen Verwaltungsstellen wur-
den im ganzen Land von der jeweiligen Besatzungsmacht eingerichtet und
fungierten als deren ausführende Organe.

Der Vier-Mächte-Regierung, also dem Kontrollrat, war grundsätzlich das ent-
scheidende Wort zugedacht, wenn es um Angelegenheiten des ganzen Landes
ging. Aber von allem Anfang an traten Differenzen zutage, welche die gemein-
same Regierungstätigkeit zur Illusion werden ließen. Einig waren sich die Ok-
kupationspartner normalerweise nur, wenn es galt, die Wurzeln von Nazismus
und Militarismus auszurotten; auf Maßnahmen des positiven Aufbaus dagegen
konnten sie sich nicht verständigen. Die sich mehrenden Konflikte führten
Mitte 1947 zum offenen Ausbruch des Kalten Krieges, der die Verpflichtung
zu Konsens und Kooperation im Vier-Mächte-Verhältnis beendete. Ein drei-
viertel Jahr später legte die UdSSR den Kontrollrat durch die Zurückziehung
ihres Vertreters lahm und zerstörte damit das institutionelle Gefüge, das dem
Konzept der einheitlichen Behandlung Deutschlands entsprach. Wenig später
fand auch die Berliner Vier-Mächte-Kommandantur ihr Ende. Der von Anfang
an faktisch bestehende Zustand, daß die SBZ und der Sowjetsektor allein der
östlichen Besatzungsmacht unterstanden, war damit auch formell festgestellt.

Die nun einsetzende offene Konfrontation, die im Rückblick als logische Folge
der zunehmenden Spannungen und als Ausweg aus einer unerträglich gewor-
denen Handlungsblockade der westlichen Seite erscheint, widersprach völlig
den sowjetischen Absichten. Stalin betrachtete zwar die westlichen Länder
grundsätzlich als Widersacher, hatte sich aber vor allem in der Beziehung zu
den angelsächsischen Besatzungspartnern die Wahrung eines förmlichen Rah-
mens von Übereinstimmung und Zusammenarbeit zum Ziel gesetzt. Er sah die
USA gestärkt aus dem Krieg hervorgehen, während die menschlichen und
materiellen Ressourcen der UdSSR erschöpft waren, und war sich dessen be-
wußt, daß er seine Ziele gegenüber dem besiegten Land kaum gegen gegen die
amerikanische Macht durchsetzen konnte. Das ließ insbesondere den Versuch
aussichtslos erscheinen, das sowjetische System direkt und sogleich auf
Deutschland zu übertragen: In diesem Falle war zu erwarten, daß die Gegen-
kräfte in der dortigen Gesellschaft mächtigen Rückhalt im Westen finden und

 

  1. Erklärung der vier Mächte vom 4.6.1945, wiedergegeben in: Documents on Germany 1944-1985, Department of State Publication 9446, Washington o. D., S. 33-38.