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Wahlperiode 12, Band II/1, Seiten 30 und 31
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Protokoll der 18. Sitzung

Prof. Dr. Alexander Fischer: Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren!
Ich bin daran erinnert worden, daß ich in meinem Referat gelegentlich
die LDPD erwähnen möge. Um in der Zeit zu bleiben, müßte ich auf
Ausführungen über diese Partei eigentlich verzichten. Ich hoffe aber auf die
Unterstützung von Herrn Hansen und von Herrn Schmieder, wenn ich ein
paar Minuten länger brauche, denn ich habe in der Tat versucht, auch diese
„bürgerliche“ Partei mit zu behandeln.

Im übrigen habe ich darauf verzichtet, Ihnen einen vollständigen Abriß der
Geschichte der CDUD vorzulegen. Mir erschien es angemessener, Ihnen
möglichst konkrete Informationen in Form zweier Momentaufnahmen aus
den Jahren 1944/45 zu vermitteln, wobei sich auf den ersten Blick sogar
ein widersprüchliches Bild ergeben könnte.

Die erste Momentaufnahme wird nämlich verdeutlichen, daß der Faktor
SMAD- dabei handelt es sich um die Sowjetische Militäradministration in
Deutschland – bei der Berliner Gründung der Union zwar eine entscheidende
Rolle spielte, den Gründerkreis aber in bezug auf dessen inhaltliche Diskus-
sionen nicht beeinflußte.

Die zweite Momentaufnahme beinhaltet ein konkretes Beispiel, anhand dessen
ich Ihnen vor Augen führen möchte, welch komplizierte Lage gerade eine
sogenannte bürgerliche Partei wie die CDU vom Beginn ihrer Existenz an
unter Aufsicht der SMAD in der SBZ zu bewältigen hatte.

Ich komme zum Gründungsvorgang. Wer die Faktoren bestimmen will, die
zur Berliner Gründung der CDUD- der Gründerkreis legte übrigens auf das
„D“ Wert; das ist mir nachträglich von Herrn Gradl klargemacht worden –
am 26. Juni 1945 führten, der wird – das mag manche überraschen – drei
benennen müssen: die Kommunistische Partei Deutschlands, die sowjetische
Besatzungsmacht und natürlich den Berliner Gründerkreis.

Der hier an erster Stelle genannte Faktor KPD erklärt sich rein chronologisch
mit der Rolle, die der Parteiführung der deutschen Kommunisten von
sowjetischer Seite in Vorbereitung des Einmarsches der Roten Armee in
Deutschland zugewiesen wurde. Herr Wilke hat ja schon heute früh darüber
gesprochen.

Als zu Beginn des vorletzten Kriegsjahres im Londoner Lancaster House die
Mitglieder der „European Advisory Commission“ ihre Verhandlungen über die
europäische Nachkriegsordnung begannen, stellte sich rasch heraus, daß die
Vorstellungen der amerikanischen, britischen und sowjetischen Delegationen
über Sinn und Zweck dieses internationalen Gremiums nicht auf einen Nenner
zu bringen waren. Unter diesen Umständen war es auch ausgeschlossen,
sich über die Prinzipien für die politische Neugestaltung Deutschlands nach
seiner absehbaren Niederlage zu einigen. Um so nachdrücklicher ist deshalb
die Partei- und Staatsführung der Sowjetunion darauf aus gewesen, für sich

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Veränderung des Parteiensystems 1945–1950

schon einmal die, wie es hieß, „Grundlinien für die Gestaltung eines neuen
demokratischen Deutschland“ festzulegen.

Und hier kommt die KPD ins Spiel. Mit dieser Aufgabe wurde nämlich eine –
unter Anleitung und Aufsicht der von dem bulgarischen Kominternfunktionär
Georgi Dimitroff geleiteten Abteilung für Internationale Information des Zen-
tralkomitees der KPdSU (B) stehende – zwanzigköpfige Arbeitskommission
der deutschen Kommunisten betraut. Für ihre Mitglieder war es selbstverständ-
lich, bei ihren Planungen „für alle einzelnen Bereiche des gesellschaftlichen
Lebens in diesem neuen Deutschland“ auch Überlegungen über die politische
Repräsentation der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen in diesem neuen
Deutschland anzustellen.

Allen diesbezüglichen Erörterungen – das möchte ich noch einmal besonders
betonen bzw. im Hinblick auf die vorangegangenen Vorträge wiederholen –
lag eine prinzipielle Überlegung zugrunde. Nicht nur bei kommunistischen
Spitzenfunktionären – wie die schon genannten Walter Ulbricht, Wilhelm
Pieck, Wilhelm Florin und Anton Ackermann –, sondern offenbar auch
bei ihren sowjetischen Freunden galt es als selbstverständlich, daß die
KPD unter gewissen Voraussetzungen eine maßgebliche Rolle – ich betone
„maßgebliche“- im neuen Deutschland spielen werde.

Was andere politische Kräfte anbetraf, so gingen die Kommissionsmitglieder
zwar davon aus, daß spätestens „nach der Befreiung Deutschlands“ Parteien
und Massenorganisationen entstehen würden, jedoch – und das ist wichtig –
hing deren Existenz und Funktion offenbar von der Rolle ab, die die KPD bei
der Beseitigung des Dritten Reiches spielen würde. Um es auf eine einfache
Formel zu bringen: je bestimmender die Rolle der KPD, desto geringer die
Aussicht auf ein vollentwickeltes Parteiensystem. Wenn es der kommunisti-
schen Parteiführung und ihren Kadern in Deutschland im Spätherbst 1944
oder im Winter 1944/45 gelungen wäre, jenen innerdeutschen kommunistisch
kontrollierten bewaffneten Aufstand auszulösen, auf den die Moskauer Par-
teiführung hinarbeitete – wie realistisch das war, ist eine ganz andere Frage,
darauf hat Manfred Wilke hingewiesen –, dann wären jene Ausführungen
Ulbrichts umgesetzt worden, die er in den Kommissionssitzungen vom 17. und
24. April 1944 machte: Neben der KPD als einer übermächtigen Arbeiterpartei,
die nach seinen Vorstellungen damals ihre Mitglieder und Anhänger möglichst
weitgehend auch aus der früheren Sozialdemokratie und aus ehemals sozial-
demokratischen Wählerschichten rekrutiert hätte, wären nur – so hieß das –
Organisationen für Katholiken, den Mittelstand, die Bauern und nicht zuletzt
für Gewerkschaften entstanden.

Ihre Selbständigkeit sollte von vornherein durch die Einbindung in den
schon erwähnten „nationalen Block der kämpferischen Demokratie“ begrenzt
werden. Deren Gründung durch kommunistische Funktionäre – das wurde
ausdrücklich ausgeführt und ist in den Pieck-Notizen nachzulesen – sollte