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Wahlperiode 12, Band II/1, Seiten 54 und 55
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Protokoll der 18. Sitzung

schichte“ in der Friedrich-Ebert-Stiftung, wo etwa Jäckel einen vergleichenden
Vortrag über die Systeme des Nationalsozialismus und der SED hielt.

Nicht zu vergessen sind vor allem die Bautzen-Foren, von denen drei schon
stattgefunden haben. Sie werden zu den Themen „Stalinismus“ im weitesten
Sinne und „Opfer der kommunistischen Diktatur“ fortgeführt. Erwähnt sei
auch eine Veranstaltung, die nicht so sehr viel Publizität erlangt hat wie die
Bautzen-Foren. Sie betraf Frauen, die in Hoheneck gesessen haben. Dabei
handelte es sich um SMT-Verurteilte, die sich zum ersten Mal dort treffen
konnten. Diese Veranstaltung ist aber, wie gesagt, nicht in dem Maße in den
Medien erwähnt worden wie die Bautzen-Foren.

Ich nenne weiterhin die nicht weit zurückliegenden Veranstaltungen im
Reichstag. Sie fanden im Oktober zur Erinnerung an die Gründung der SDP
statt. Im Rahmen einer Vortragsveranstaltung wird im Dezember auch ein
Vortrag über die Gründung der SPD in der DDR stattfinden.

Jetzt geht es vor allem um laufende Forschungsprojekte aus diesem Bereich.
In diesem Zusammenhang wäre vor allem ein Oral-History-Projekt mit Inter-
views von Beteiligten zu nennen, welche die SPD gegründet haben. Es wird
von Patrik von zur Mühlen und Wolfgang Herzberg betreut und durchgeführt.
Wenn ich es richtig sehe, wird das im nächsten Jahr erscheinen.

Weiter sind Projekte von Martin Gutzeit und Stefan Wolle/Armin Mitter über
Bereiche der DDR-Opposition und ihre Entstehung in verschiedenen Phasen zu
nennen. Weiterhin gibt es eine Dokumentation über kirchliche Friedensarbeit
bis zur Gründung der Sozialdemokratie mit Texten von Markus Meckel und
Martin Gutzeit. Dabei geht es um zehn Jahre politischer Opposition. Das Buch
steht kurz vor der Herausgabe.

Dann sind wissenschaftliche Projekte zu erwähnen, bei denen es vor allem
um Regionalstudien geht, die sich in minutiösen Analysen damit beschäftigen,
wie der Zerfallsprozeß von sozialdemokratischen Hochburgen in Sachsen und
Thüringen verlaufen ist. Dabei werden Traditionslinien von Weimar bis zur
neueren Zeit gezogen. Ich glaube, daß damit im Hinblick auf manche Prozesse
durchaus Hinweise gegeben werden können.

Zuletzt sei auch noch eine Studie erwähnt, die ich selber mache. Darin beschäf-
tige ich mich mit Sozialdemokraten in der Sowjetischen Besatzungszone. Sie
knüpft an das an, was ich selber schon in einem Oral-History-Projekt in den
siebziger Jahren gemacht habe. Vor einiger Zeit habe ich dazu eine Auswahl
von Interviews veröffentlicht. Einmal geht es um das, was Dieter Rieke hier
als Zeitzeuge berichtet hat und was sozusagen exemplarisch für das Schicksal
und den Widerstand von Sozialdemokraten genommen werden kann. Er ist
da ja nicht der einzige, wie er auch weiß, sondern es gibt mehrere, die zu
verschiedenen Zeiten tätig waren. Neben diesem Widerstand – das sollte auch
noch kurz erwähnt werden –, der mit so sehr großen Opfern verbunden war,
hat es eben auch noch andere Formen der Ausschaltung gegeben, die nicht

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Veränderung des Parteiensystems 1945–1950

nur für Sozialdemokraten galten. Vielmehr ist es so, daß das – Herr Fischer
hat es vorhin ja auch schon festgestellt – auf sehr breiter Front geschah. Diese
Prozesse will ich nachzeichnen und schauen, wie sie in ihren verschiedenen,
differenzierten Formen aussehen.

Ich denke auch an alle Formen von Kriminalisierung politisch Handelnder
bzw. unliebsamer Sozialdemokraten. Der Fall Brundert ist hier ein Beispiel.
Da wurde Wirtschaftskriminalität als Vorwand genommen. Das ist, glaube ich,
ein Bereich, der immer noch in der Betrachtung ein wenig zu kurz kommt.
Es geht dabei um all die Formen von Kriminalisierung, die es bis weit in die
fünfziger Jahre hinein gab.

Der dritte Aspekt, der untersucht werden muß, ist nicht zu unterschätzen.
Dabei geht es um all die vielfältigen Formen von Anpassungsprozessen, die
freiwillig und unfreiwillig im Laufe der Jahre stattgefunden haben. Das war
das Schicksal von sehr, sehr vielen Sozialdemokraten – wenn es nicht sogar
die Mehrheit betrifft, wenn man von der Ausgangszahl ausgeht. Zumindest war
das auch das Schicksal von Namenlosen. Auch sie sollten mit berücksichtigt
werden. Im Hinblick auf Anpassungsprozesse ist zu fragen – da muß man
eben auch hinschauen –, welche Formen etwa von Dispositionen es in der
politischen Vorstellungswelt und hinsichtlich der Mentalität gab, welche weit –
bis vielleicht in die Weimarer Republik – zurückgehen. Es ist zu fragen, ob
sie in dieser Zeit dazu beigetragen haben, daß es leicht fiel, sich dem System
anzupassen.

Es geht aber auch um all die anderen zwangsweise erfolgten Anpassungspro-
zesse, welche es im Laufe der Zeit gab. Auch in der NS-Forschung geht es
ja darum, nach diesen Anpassungsmechanismen und Zwängen zu fragen. Das
gilt für diesen Bereich genauso, denn ich glaube, man kommt einfach nicht
mehr weiter, wenn man nur nach heroischem Widerstand und Verfolgung fragt,
sondern man muß auch all die anderen Bereiche des Lebens im allgemeinen
und des Lebens von einzelnen mit bedenken, wenn man wirklich ein differen-
ziertes Bild dieser Zeit haben will. Ich glaube, nur das kann unser Anliegen
als Wissenschaftler sein. Die sich daraus ergebenden politischen Fragen bzw.
die politische Umsetzung sind etwas anderes. (Beifall)

Vorsitzender Rainer Eppelmann: Herzlichen Dank, Frau Wrede-Bouvier.-
Ich erteile jetzt Herrn Dr. Günter Buchstab für die Konrad-Adenauer-Stiftung
das Wort.

Dr. Günter Buchstab (Konrad-Adenauer-Stiftung): Herr Vorsitzender,
meine Damen und Herren! Vorzustellen habe ich Ihnen drei Projekte, die
bei uns laufen. Weiter habe ich vor, aus gegebenem Anlaß noch einige Sätze
über die Quellengrundlagen zu sagen.

Diese drei Projekte betreffen einmal die historische Aufarbeitung der Phase bis
etwa 1950. Zweitens geht es um ein Projekt, das sich mit dem Widerstand der