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politischen Führung des Landes, ohne Gefahr zu laufen, ihre Monopolstellung
zu verlieren. Die gesellschaftlichen Organisationen wiesen jedoch unter diesen
Bedingungen, den Bedingungen einer gesellschaftlichen Zwangshomogenisie-
rung, könnte man sagen, einen großen Nachteil auf: Die soziale Kommuni-
kation funktionierte nur von oben nach unten, ohne wirksame, authentische
Mechanismen der Rückkoppelung. In der SED-Diktatur wurde diese Funk-
tion der Vermittlung und Rückkoppelung vorhandener, auch gegensätzlicher
gesellschaftlicher Interessen durch ein engmaschiges, mehrfach ausgelegtes
Netz der inneren Kontrolle und Überwachung ersetzt. Bei der Verfeinerung
dieses Netzes leisteten die Massenorganisationen der SED einen wichtigen
Beitrag, wobei dem FDGB als größter Massenorganisation möglicherweise
die bedeutendste Rolle zufiel.
Als die SED im Herbst 1989 ihre führende Rolle verlor, tuckerte der Motor
aus, als dessen Transmissionsriemen sich der FDGB, seine Untergliederungen
und Funktionäre stets verstanden hatten. Seine ungewerkschaftliche Tätigkeit
und gewerkschaftliche Untätigkeit hatten den FDGB so umfassend diskredi-
tiert, daß sich sein Zusammenbruch nahezu lautlos und sein Verschwinden
unauffällig vollzog.
Schönen Dank (Beifall)
Gesprächsleiter Prof. Dr. Hartmut Soell (SPD): Danke schön, Herr Hertle,
vor allem auch dafür, daß Sie sich von dem umfangreicheren Manuskript, das
Sie hatten und das sicherlich auch der Veröffentlichung dienen wird, gelöst
haben.
Ich möchte jetzt folgende geschäftsleitende Bemerkungen machen. Zunächst
werde ich noch die Wortmeldungen aufnehmen. Nach der Einladung war für
11 Uhr eine Pause vorgesehen. Ich glaube, wir sollten die Zeit der Pause für
eine Fragerunde nützen. Es haben sich ja eine Reihe von Kolleginnen und
Kollegen schon gemeldet. Gegen 11.30 Uhr findet dann ein Pressegespräch
des Vorsitzenden und der Obleute im Nebenraum statt.
Bisher liegen mir Wortmeldungen vor von Herrn Meckel, Frau Fischer, Herrn
Mitter, Herrn Gutzeit, Frau Barbe, Frau Dr. Wilms, Herrn Dehnel, Prof.
Wilke, Herrn Fricke, Frau Michalk und Herrn Poppe. Dazu kommen jetzt
Frau Wisniewski und Herr Weisskirchen.
Ich darf noch darum bitten, die Fragen möglichst kurz zu halten und zu sagen,
ob sie an einen, an zwei oder an alle drei Referenten gerichtet sind. Bitte, Herr
Meckel als erster.
Abg. Meckel (SPD): Ich bin sehr dankbar für diese Vorträge des heutigen
Vormittags, die eine unterschiedliche Themenstellung hatten und deshalb
natürlich von sehr unterschiedlicher Basis ausgegangen sind. Der erste und der
dritte Vortragende hatten die Möglichkeit – und es damit leichter –, konkret
mit Dokumenten umzugehen und sich auf Dokumente zu beziehen. Wenn man
hingegen über das Denken der Menschen spricht, ist das viel schwieriger, weil
man das weniger belegt findet.
Vielleicht auch deshalb habe ich am meisten Probleme mit dem zweiten
Vortrag und Fragen an den Referenten. Ich möchte an Herrn Lapp eine Reihe
von Fragen richten, die ich kurz zu skizzieren versuche.
Herr Lapp, ich möchte Sie fragen, ob nicht das meiste von dem, was Sie
insbesondere ausführlich zu den CDU-Mitgliedern gesagt und geschrieben
haben, für die gesamte DDR-Bevölkerung gilt. Das heißt, wenn Sie bestimmte
inhaltliche Aussagen über das Denken der Mitglieder machen, kann man da
nicht in gleicher Weise fragen, was hier spezifisch für CDU-Mitglieder gilt
und was für die Bevölkerung der DDR insgesamt.
Die gleiche Frage, spezifischer gestellt: Glauben Sie nicht, daß ein sehr großer
Teil dessen, was Sie speziell zu den CDU-Mitgliedern sagten, auch für die zwei
Millionen SED-Mitglieder gilt? – Die Frage würde ich eher bejahen. Deshalb
möchte ich so klar zurückfragen.
Dann ist natürlich die zurückwirkende Frage, ob der Ansatz der Beschreibung
richtig und angemessen war, insbesondere wenn Sie sehr deutliche Unter-
schiede zwischen den verschiedenen Blockparteien konstatieren. Es kam zum
Teil so heraus, als ob das die Mitglieder der Parteien gewesen seien, während
ich frage, ob das nicht doch stärker, jedenfalls was die NDPD und die LDPD
betrifft, Inhalte waren, die sich auf die Parteiführungen beziehen, insbesondere
das von Ihnen angesprochene Verhältnis von NDPD und LDPD.
So möchte ich insgesamt doch die Struktur dessen, was Sie sagten, hinter-
fragen. Wie sehen Sie das Verständnis der Mitglieder, die in diesen Parteien
waren, im Verhältnis zu denen, die sich überhaupt nicht in solche Parteien
begeben haben? Es gab ja gut zwei Millionen SED-Mitglieder, bei allen
Blockparteien zusammengenommen waren es vielleicht 500 000. Was ist zum
Beispiel bei der CDU besonders Oppositionelles, wie Sie es beschreiben, im
Verhältnis zu denen, die nicht in Parteien waren? – Es gab ja zwar manchen
Druck, aber glauben Sie, daß es in den letzten 20 Jahren einen Grund gab,
etwas anderes zu wollen, als es die SED-Führung wollte, und deshalb in eine
der Blockparteien zu gehen? – Ich möchte mein Urteil gleich sagen: Ich halte
das für absurd.
Meine letzte Frage möchte ich ins Verhältnis setzen zu dem, was Herr Suckut
in bezug auf das Selbstverständnis, das Lebensgefühl der Menschen gesagt hat.
Da sehe ich die drei Vorträge im Zusammenhang. Glauben Sie also, daß die
Mitglieder von Blockparteien als FDGB-Mitglieder in irgendeiner Weise ein
besonderes Ziel hatten? Wie verhielten sie sich zu dem, was die Funktion der
Blockparteien innerhalb des Systems war, wie es Herr Suckut dargestellt hat,
als Transmissionsriemen und Versuch, die Gesamtbevölkerung einzubeziehen,
gleichgültig, was sie denkt – denn das war ja dann oft wirklich egal. Wichtig