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Wahlperiode 12, Band II/1, Seiten 358 und 359
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Protokoll der 22. Sitzung

gewisses Rangablaufen in den Dörfern gegeben hat, war man natürlich in der
Bauernpartei bestrebt, dort das kommunale Leben mitzugestalten und hatte
eigentlich einen konstruktiven Ansatz.

Das Verhältnis von der oberen Hierarchieebene zur Basis war ein sehr
spannungsvolles Verhältnis. Es war ein Verhältnis, das in den alten Strukturen
zu ersticken drohte, und insofern waren Veränderungen in der Bauernpartei
angesagt. Die Erwartungshaltung der Mitgliedschaft gegenüber den Vorständen
war, daß nach gründlicher interner, vertrauensvoller Diskussion in den
Vorständen mit Nachdruck auch an die SED herangetragen werden sollte,
was intern an Kritiken geäußert worden war. Ein ständiges Thema waren
zum Beispiel die Entwicklungen der Strukturen in den LPG’n, u. a. die
Aufsplittung in Pflanzen- und Tierproduktionsbetriebe. Sie wurde von der
DBD zwar plakativ mitgetragen, es gab jedoch gleichzeitig Bestrebungen
aus der DBD heraus, die dadurch entstandenen großen Flächen wiederum
zu verkleinern und hierfür mehr Vernunft und Bezogenheit zum Dorf
herzustellen. Ich möchte auch das Informationssystem ansprechen. Also erst
einmal hatte die Demokratische Bauernpartei ein eigenes Informationssystem.
Das wurde, wie das der Kollege hier schon gesagt hat, von den Kreisen
bis in den Parteivorstand hinauf organisiert und hatten den Zweck, denen
da zu sagen, wie das Leben ist. Und es lag eigentlich wirklich in der
Ermessensfrage der Beteiligten auf den einzelnen Ebenen, wie die Sache
weitergeschaufelt wurde. Deshalb ist es nicht die Frage, daß man hier mit
„gläsernen Taschen“ zusammen mit der SED gearbeitet hat, sondern es war
einfach selbstverständlich. Weil es in öffentlichen Gremien, sagen wir einmal
außer in persönlichen Gesprächen, sonst nicht möglich war, wollte man
auf diesem Weg die Information geben, „wie es war“. Es war frustrierend,
daß bei vielen dann keine Reaktion kam, und es hat im Grunde genommen
viele auch zur Abkehr von der Partei gebracht, daß man auf seine Anliegen
keine Reaktion bekam. Man muß auch einmal sagen, daß es in vielen Fällen
wirklich dem zu unkritischen Verhältnis von DBD zur SED geschuldet war,
daß manches auf der Strecke blieb und irgendwie versandete.

Die innerdeutsche Auseinandersetzung spielte in der Demokratischen Bauern-
partei insofern eine Rolle, als diejenigen, die in den Westen gefahren waren,
erzählten, was sie gesehen und erlebt hatten. In einem internen Kreis wurde das
in der Mitgliederversammlung und im Gespräch untereinander ausdiskutiert,
und da wußte man eigentlich darüber Bescheid. In den großen politischen
Auseinandersetzungen gab es außer Abklatsch – das muß ich sagen – nichts
Qualifiziertes.

Zur Rolle und Funktion der Blockparteien in der Umbauphase. Ich möchte
in aller Deutlichkeit sagen: die Parteien waren mit sich selbst beschäftigt.
Sie hatten sich mit den Forderungen und Pressionen der Basis an die
Führung zu befassen. Es waren nur wenige wirklich daran beteiligt, in den

359
Blockparteien und Massenorganisationen

Dörfern, in den Städten, die Aktionen mitzutragen. Ich war ja selbst in der
Umbruchzeit in einer Parteifunktion. Ich habe an allen Kundgebungen und
Demonstrationen teilgenommen. Ich habe das aber im Grunde genommen
nicht als Mitglied der DBD, in meiner Funktion gemacht, denn das war eine
Auseinandersetzung zwischen Parteibasis und dem Vorstand. So hat sich das
bis zu dem sogenannten Wendeparteitag der DBD im Januar 1990 langsam
entwickelt, und erst danach gab es ein direkteres politisches Einschalten in
die Diskussionen, die geführt worden sind.

Wie gehen die Blockparteien mit der Vergangenheit um? Das ist das Thema –
heute und aktuell. Ich bin für eine Aufarbeitung der Vergangenheit der DBD,
gerade weil sie mit der CDU im Westen zusammengegangen ist. Daß es
dabei eine gesonderte Aufarbeitung der DBD gibt, das halte ich unbedingt
für erforderlich. Ich habe heute früh so eine Bemerkung gehört, daß man
nur „gratulieren“ könne für die Mitglieder, die die CDU bekommen hat.
Ich möchte mit Verlaub und mit Respekt für das, was hier geleistet wird,
und auch mit viel Selbstkritik in der Auseinandersetzung, die wir ja alle
im menschlichen Umgang miteinander ständig führen, sagen, daß es 1990
für die Demokratische Bauernpartei eine Aufgabe gewesen ist, historisch die
Konsequenzen zu ziehen. Dieser Partei, die eigentlich nur ein Torso einer
Partei war, mußte eine Orientierung gegeben werden. Also stand sozusagen
organisatorisch die Frage des Zusammenschlusses mit jemandem an. Aber
intern war eigentlich den Erwartungen der Mitgliedschaft, die einen gewissen
Anspruch auf politische Betätigung hatte, Gestalt und Orientierung zu geben.
Wenn man aus der Partei kommt, wenn man die soziale Basis der Bauernpartei
kannte, dann hat sich diese Entwicklung zur konservativ-liberalen Orientierung
zu Recht ergeben. Diese Aufgaben standen damals auch organisatorisch an –
entsprechend dem Willen der Mitgliedschaft – egal, mit welchem Ergebnis,
hier war eine Orientierung zu geben. Und ich glaube, es war historisch auch
eine gewisse Korrektur dessen, was mal am Ursprung dieser Partei stand.
Danke für das Zuhören.

Gesprächsleiter Dirk Hansen (F.D.P.): Ja, vielen Dank Herr Junghanns für
diese ergänzenden Bewertungen, die Sie gegeben haben. Dann möchte ich
gerne Herrn Martin Rißmann zu Wort kommen lassen, der uns als Fachmann
zum Schulungsbetrieb Burgscheidungen der CDUD hier avisiert ist.

Martin Rißmann: Ihre Einführung gibt mir Gelegenheit, gleich mit einem
Mißverständnis aufzuräumen. Ich bin kein Sachverständiger, und ich bin auch
kein Zeitzeuge – insofern falle ich also aus dem Rahmen der Vorredner –,
sondern ich bin ein Doktorand, der sich bemüht, in einen kleinen Bereich der
Parteiarbeit der CDU etwas Licht hineinzubringen, was sehr mühsam ist. Ich
werte dabei die Quellen des Parteiarchivs aus, und ich spreche mit ehemaligen
hauptamtlichen Funktionären der CDU. Damit mein Auftritt hier sinnvoll
ist, möchte ich von diesem Ansatz, von meiner Arbeit mit den Quellen,