schließen

Fehler melden / Feedback

Angezeigte SeitenWahlperiode 12, Band II/1, Seiten 382 und 383 (wp12b2_1_0386)
betrifft 1)
Fehlerart 1)Seiten-Überschrift falsch
Seiten-Nummer falsch
Seiten-Nummer-Position falsch (rechts/links)
falsches Bild / Bild fehlt
Seite wird nicht angezeigt
Fehler im Text
Formatierung falsch
nicht aufgeführter Fehler / nur Feedback
Ihr Name
Erklärung/Feedback 1)
(nur erforderlich, falls
nicht aufgeführter
Fehler
oder nur Feed­back)
Ihre E-Mail-Adresse 2)
1)  erforderlich
2) für Rückfragen, empfohlen
   
Wahlperiode 12, Band II/1, Seiten 382 und 383
382
Protokoll der 22. Sitzung

Anlagen

1. Fragenkatalog zur Anhörung „Erfassung und Einbindung des Menschen im
SED-Staat: Zur Rolle der Blockparteien und Massenorganisationen“ am
11.12.1992, Bonn, Bundeshaus

 

  1. Welche Rolle war den Blockparteien und Massenorganisationen und ihren
    Mitgliedern von der SED zugewiesen? Welchen Einfluß machte die SED
    auf Entstehung sowie innere und äußere Gestaltung der Blockparteien und
    Massenorganisationen geltend (institutionalisierte Anleitung, politische
    Programme, Mitglieder- und Funktionärsauswahl etc.)?
  2. Welche Formen der Abhängigkeit und Selbständigkeit bestanden für
    Blockparteien und Massenorganisationen gegenüber der „führenden Rolle“
    der SED?
  3. Welche Motive haben Menschen zum Eintritt in eine Blockpartei oder
    Massenorganisation veranlaßt bzw. welche Werbungsmechanismen wur-
    den zur Mitgliedergewinnung eingesetzt?
  4. Wie war das Verhältnis zwischen oberer Hierarchieebene und Basis bei
    den Blockparteien und Massenorganisationen gekennzeichnet?
  5. Welche Bedeutung kam den innerdeutschen Auseinandersetzungen in den
    Blockparteien und Massenorganisationen zu?
  6. Welche Rolle und Funktion spielten die Blockparteien und Massenorga-
    nisationen während der Krise der DDR gegen Ende der achtziger Jahre
    und in der Umbruchphase 1989/90?
  7. Wie gingen bzw. gehen die Blockparteien und Massenorganisationen mit
    ihrer DDR-Vergangenheit um?

2. Thesenpapier von Prof. Dr. Karlheinz Blaschke

  1. Die bürgerlichen Parteien sind nach dem deutschen Zusammenbruch
    1945 auf dem Boden der späteren DDR von Männern und Frauen
    gegründet worden, die bis 1933 im politischen Leben gestanden und
    über die zwölf Jahre der Hitlerdiktatur hinweg sich den Willen zu
    einem demokratischen Neubeginn erhalten hatten. Es ging ihnen um den
    Wiederaufbau der parlamentarischen Demokratie und des Rechtsstaates.
    Einige von ihnen hatten Verfolgungen erlitten. Sie wurden anfangs von der
    sowjetischen Besatzungsmacht geachtet, zumal die bürgerlichen Parteien
    im Sinne der anfänglichen sowjetischen Deutschlandpolitik das Bild einer
    pluralistischen Demokratie darstellen sollten.
  2. Mit der Verschlechterung der weltpolitischen Lage in Richtung auf
    den Kalten Krieg und besonders mit der allmählichen Übernahme von
383
Blockparteien und Massenorganisationen
  1. Zuständigkeiten durch deutsche Kommunisten wurden die bürgerlichen
    Parteien benachteiligt, ihre führenden Persönlichkeiten kritisiert, öffentlich
    diffamiert, z.T. verhaftet und auf gewaltsame Weise ausgeschaltet. Sie
    wurden durch willfährige Leute aus den eigenen Reihen ersetzt, so
    daß die beiden alten bürgerlichen Parteien CDU und LDP auf ihren
    Führungsebenen schließlich gleichgeschaltet wurden, während die auf
    Betreiben der SED gegründeten beiden neuen Parteien DBD und NDP von
    Anfang an als Hilfstruppen unter bis dahin kommunistischen Funktionären
    als Vorsitzenden wirkten.
  2. Auf zentraler Ebene der Parteileitungen und auf den Parteitagen erwiesen
    sich die vier „verbündeten“ Parteien als verlängerte Arme der SED mit
    der Aufgabe, die Politik der SED in den noch vorhandenen bürgerlichen
    und christlichen Teilen der Bevölkerung durchzusetzen. Sie verzichteten
    auf eigene Parteiprogramme, was allein ihre Existenzberechtigung in
    Frage stellte, und machten sich zu willigen Propagandisten des jeweils
    neuesten Programms der SED. Sie ließen es geschehen, daß die SED
    bei der Besetzung von Leitungsämtern in den Blockparteien und bei der
    Benennung von Kandidaten für Volksvertretungen aus diesen Parteien eine
    Aufsicht führte, um unliebsame Kandidaten auszuschalten, und daß die
    parteieigene Presse von der SED ständig kontrolliert wurde, was bis zur
    Abberufung von Redakteuren ging.
  3. Trotz der Korrumpierung der Spitzenvertreter auf zentraler Ebene und
    trotz der Anpassungsbereitschaft führender Funktionäre auf den mittleren
    und unteren Leitungsebenen organisierten sich in den Blockparteien einige
    hunderttausend DDR-Bürger, die damit ihren Willen ausdrückten, sich
    von der SED zu unterscheiden. Bei den älteren Mitgliedern ist dabei
    an die Vorstellung zu denken, die Ziele der Gründerzeit von 1945 doch
    noch verfolgen zu können. Später hinzugekommene, vor allem auch junge
    Mitglieder sind in die Parteien eingetreten, um ihr Anderssein gegenüber
    der SED zu bekunden, um gegenüber Anwerbungsversuchen der SED ein
    Alibi zu besitzen oder um von der Basis einer vormals als staatstragend
    bezeichneten Partei aus die zwar geringen, aber dennoch gegebenen
    Möglichkeiten zur Mitwirkung am öffentlichen Leben wahrzunehmen.
  4. In den Ortsgruppen der Blockparteien fanden sich Menschen zusammen,
    denen es bewußt war, daß ihnen ihre Parteimitgliedschaft im allgemeinen,
    anders als die Mitgliedschaft in der SED, keine beruflichen oder anderen
    materiellen Vorteile einbrachte. Die Zugehörigkeit zu einer nichtkom-
    munistischen Partei bedeute für sie eine Vergewisserung ihres abwei-
    chenden, z.T. auch nonkonformistischen Standpunktes. Gemeinschaft und
    Gedankenaustausch innerhalb der Ortsgruppen dienten der gegenseitigen
    moralischen Stärkung und halfen beim Durchstehen einer nicht grund-