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Anlagen
1. Fragenkatalog zur Anhörung „Erfassung und Einbindung des Menschen im
SED-Staat: Zur Rolle der Blockparteien und Massenorganisationen“ am
11.12.1992, Bonn, Bundeshaus
- Welche Rolle war den Blockparteien und Massenorganisationen und ihren
Mitgliedern von der SED zugewiesen? Welchen Einfluß machte die SED
auf Entstehung sowie innere und äußere Gestaltung der Blockparteien und
Massenorganisationen geltend (institutionalisierte Anleitung, politische
Programme, Mitglieder- und Funktionärsauswahl etc.)? - Welche Formen der Abhängigkeit und Selbständigkeit bestanden für
Blockparteien und Massenorganisationen gegenüber der „führenden Rolle“
der SED? - Welche Motive haben Menschen zum Eintritt in eine Blockpartei oder
Massenorganisation veranlaßt bzw. welche Werbungsmechanismen wur-
den zur Mitgliedergewinnung eingesetzt? - Wie war das Verhältnis zwischen oberer Hierarchieebene und Basis bei
den Blockparteien und Massenorganisationen gekennzeichnet? - Welche Bedeutung kam den innerdeutschen Auseinandersetzungen in den
Blockparteien und Massenorganisationen zu? - Welche Rolle und Funktion spielten die Blockparteien und Massenorga-
nisationen während der Krise der DDR gegen Ende der achtziger Jahre
und in der Umbruchphase 1989/90? - Wie gingen bzw. gehen die Blockparteien und Massenorganisationen mit
ihrer DDR-Vergangenheit um?
2. Thesenpapier von Prof. Dr. Karlheinz Blaschke
- Die bürgerlichen Parteien sind nach dem deutschen Zusammenbruch
1945 auf dem Boden der späteren DDR von Männern und Frauen
gegründet worden, die bis 1933 im politischen Leben gestanden und
über die zwölf Jahre der Hitlerdiktatur hinweg sich den Willen zu
einem demokratischen Neubeginn erhalten hatten. Es ging ihnen um den
Wiederaufbau der parlamentarischen Demokratie und des Rechtsstaates.
Einige von ihnen hatten Verfolgungen erlitten. Sie wurden anfangs von der
sowjetischen Besatzungsmacht geachtet, zumal die bürgerlichen Parteien
im Sinne der anfänglichen sowjetischen Deutschlandpolitik das Bild einer
pluralistischen Demokratie darstellen sollten. - Mit der Verschlechterung der weltpolitischen Lage in Richtung auf
den Kalten Krieg und besonders mit der allmählichen Übernahme von
- Zuständigkeiten durch deutsche Kommunisten wurden die bürgerlichen
Parteien benachteiligt, ihre führenden Persönlichkeiten kritisiert, öffentlich
diffamiert, z.T. verhaftet und auf gewaltsame Weise ausgeschaltet. Sie
wurden durch willfährige Leute aus den eigenen Reihen ersetzt, so
daß die beiden alten bürgerlichen Parteien CDU und LDP auf ihren
Führungsebenen schließlich gleichgeschaltet wurden, während die auf
Betreiben der SED gegründeten beiden neuen Parteien DBD und NDP von
Anfang an als Hilfstruppen unter bis dahin kommunistischen Funktionären
als Vorsitzenden wirkten. - Auf zentraler Ebene der Parteileitungen und auf den Parteitagen erwiesen
sich die vier „verbündeten“ Parteien als verlängerte Arme der SED mit
der Aufgabe, die Politik der SED in den noch vorhandenen bürgerlichen
und christlichen Teilen der Bevölkerung durchzusetzen. Sie verzichteten
auf eigene Parteiprogramme, was allein ihre Existenzberechtigung in
Frage stellte, und machten sich zu willigen Propagandisten des jeweils
neuesten Programms der SED. Sie ließen es geschehen, daß die SED
bei der Besetzung von Leitungsämtern in den Blockparteien und bei der
Benennung von Kandidaten für Volksvertretungen aus diesen Parteien eine
Aufsicht führte, um unliebsame Kandidaten auszuschalten, und daß die
parteieigene Presse von der SED ständig kontrolliert wurde, was bis zur
Abberufung von Redakteuren ging. - Trotz der Korrumpierung der Spitzenvertreter auf zentraler Ebene und
trotz der Anpassungsbereitschaft führender Funktionäre auf den mittleren
und unteren Leitungsebenen organisierten sich in den Blockparteien einige
hunderttausend DDR-Bürger, die damit ihren Willen ausdrückten, sich
von der SED zu unterscheiden. Bei den älteren Mitgliedern ist dabei
an die Vorstellung zu denken, die Ziele der Gründerzeit von 1945 doch
noch verfolgen zu können. Später hinzugekommene, vor allem auch junge
Mitglieder sind in die Parteien eingetreten, um ihr Anderssein gegenüber
der SED zu bekunden, um gegenüber Anwerbungsversuchen der SED ein
Alibi zu besitzen oder um von der Basis einer vormals als staatstragend
bezeichneten Partei aus die zwar geringen, aber dennoch gegebenen
Möglichkeiten zur Mitwirkung am öffentlichen Leben wahrzunehmen. - In den Ortsgruppen der Blockparteien fanden sich Menschen zusammen,
denen es bewußt war, daß ihnen ihre Parteimitgliedschaft im allgemeinen,
anders als die Mitgliedschaft in der SED, keine beruflichen oder anderen
materiellen Vorteile einbrachte. Die Zugehörigkeit zu einer nichtkom-
munistischen Partei bedeute für sie eine Vergewisserung ihres abwei-
chenden, z.T. auch nonkonformistischen Standpunktes. Gemeinschaft und
Gedankenaustausch innerhalb der Ortsgruppen dienten der gegenseitigen
moralischen Stärkung und halfen beim Durchstehen einer nicht grund-