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Wahlperiode 12, Band IX, Seiten 162 und 163
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Protokoll der 14. Sitzung

auf Betroffene reagiert, die sich von sich aus an die Kommission wandten,
untersucht die Arbeitsgruppe zur Rundfunkgeschichte die Ebenen der Verant-
wortung, die politischen und kulturpolitischen Mechanismen des Unrechts im
DDR-Rundfunk historisch. Ich möchte dies einmal an einem Beispiel veran-
schaulichen. Im Gründungsmonat der DDR wurde Heinz Schmidt, damaliger
Intendant des Berliner Rundfunks, durch Politbürobeschluß „ wegen natio-
nalistischer Überheblichkeit seiner Funktion enthoben“. Heinz Schmidt lebt
nicht mehr und steht somit für viele, die sich nicht mehr an eine Kommission
wenden können, um zur Aufarbeitung der SED-Vergangenheit beizutragen.
Im Zentralen Parteiarchiv der SED in Berlin fand ich das Protokoll einer
siebenstündigen Sitzung, zu der das erweiterte Parteiaktiv Berliner Rundfunk
am 30. Oktober 1949 eigens ins Zentralsekretariat der SED geladen wurde.
Dort nannte Hermann Axen Hintergründe und wies die politische Linie: „Es
geht in diesem Fall am wenigsten um den Genossen Heinz Schmidt, sondern es
geht um die Frage der Partei, der Partei neuen Typs, um die Frage der Abwehr
aller feindlichen Kräfte, auch jener ideologischen Infiltration des Feindes, die
man auf den ersten Blick als solche nicht erkennen kann. Denn der Gegner
wird, wie der Rajk-Prozeß und die Moskauer Prozesse bewiesen haben, nicht
offen auftreten, sondern mit Leuten, die nach außen scheinbar Verdienste um
die Arbeiterbewegung errungen haben.“

Ein anderer Fund aus dem Bundesarchiv Potsdam ist ein 1961 verfasster „Be-
richt über die Kaderentwicklung im Deutschen Demokratischen Rundfunk“.
Darin wird die allmähliche Zentralisierung des Rundfunksystems mit ihren
gesellschaftlichen und individuellen Folgen schwerster Tragweite beschrieben.
„1951/52 erfolgte eine durchgreifende Reorganisation... systematisch wurden
etwa 1000 klassenfremde und schwankende Elemente, vor allem in Berlin,
ausgeschaltet... Die Bildung des Staatlichen Rundfunkkomitees war eine ent-
scheidende Maßnahme bei der Säuberung des Rundfunks... Nur die besten,
unserer Partei und Regierung treu ergebenen Mitarbeiter wurden übernom-
men... Es wurden in enger Zusammenarbeit zwischen der Abteilung Agitation
und Propaganda (des ZK der SED), der Parteileitung des Rundfunks und
dem Komitee Diskussionen über Sendungen und zurückgewiesene Beiträge
auf den verschiedenen Ebenen innerhalb des Rundfunks geführt... Entschei-
dungen über Kaderfragen wurden von der ideologischen Standfestigkeit des
Mitarbeiters abhängig gemacht. So wurden wiederholt wichtigste Entscheidun-
gen über Umbesetzung, Beförderung und Degradierung nach ideologischen
Diskussionen gefaßt.“ Zusammen mit einigen engagierten Mitarbeitern tragen
wir in unserer Arbeitsgruppe zur Rundfunkgeschichte aus den verschiedenen
Archiven Dokumente zusammen. Die Auseinandersetzung mit pauschalen
Interpretationen des Stalinismus soll verbunden werden mit einer strukturellen
Analyse der jeweils historisch und politisch determinierten SED-Medienpolitik
am Beispiel des DDR-Rundfunks. Dazu soll die Rolle der Ideologie in der

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Erfahrungsaustausch

DDR unter folgenden Gesichtspunkten untersucht werden: In ihrer politischen
Funktion als Legitimationsinstrument; die Funktionalisierung der Medien und
ihre ideologische Instrumentalisierung unter dem Diktat der Politik; herrschen-
des Bewußtsein als Bewußtsein der Herrschenden; und Herrschaftstechniken
von Manipulation und Mobilisierung aus ideologiekritischer Sicht. Dabei setzt
die Arbeitsgruppe exemplarisch für wesentliche politische Konfliktfälle zeit-
liche Schwerpunkte. Das Archivalienstudium wurde von uns bereits und soll
weiter durch lebensgeschichtlich angelegte Interviews ergänzt werden. Durch
diese Interviews mit Journalisten, Künstlern, ehemaligen Leitungskadern und
Parteifunktionären aus den für Agitation und Propaganda zuständigen SED-
Apparaten sollen die der Ideologie zugewiesenen Aufgaben in der Medien-,
Kultur- und Personalpolitik weiter erhellt werden. Zusammenfassend besteht
also der besondere Wert dieser Arbeit darin, über Rehabilitierungen hinaus-
gehend mit Hilfe von Dokumenten und Zeitzeugen Strukturen aufzuarbeiten
und damit eine Analyse des Systems der Vermittlung des Herrschaftsdenkens
als gesellschaftliches Bewußtsein abzugeben. Bisher fehlt es der Arbeitsgruppe
jedoch an jeglicher gesellschaftlicher Anerkennung und Unterstützung des Pro-
jektes. Die Arbeitsgruppe, die bis 1991 vom Funkhaus Nalepastraße gestützt
wurde, besteht seit Januar nur noch als eine freiwillige Arbeitsgemeinschaft
von „Idealisten“, so muß man es wohl beschreiben. Meine sieben Mitstreiter
und ich engagieren sich ohne eine finanzielle Entschädigung, allein der Sache
wegen, bislang noch. Dringend benötigte Arbeitsmittel wie Kopierer, Compu-
ter, Diktiergeräte, Kassetten, Disketten usw. stehen nicht zur Verfügung. Die
Interviews müssen mühsam selbst transkribiert werden, weil Honorargelder
fehlen. Zu befürchten ist, daß ohne finanzielle und materielle Förderung des
Projektes unsere Forschungsarbeit vorzeitig und ohne Abschluß abgebrochen
werden muß. Daher ist es uns wichtig, von Ihnen zu erfahren, ob über eine
mögliche Arbeitsvereinbarung mit der Enquete-Kommission des Bundestags
der Fortbestand der von mir vorgestellten zwei Initiativgruppen zu sichern
wäre.

Umweltbibliothek Berlin – Domaschk-Archiv –: Die Umweltbibliothek ist
eine Gruppe, die auch schon länger besteht. Ich möchte deshalb kurz in die
vergangenen Jahre ausholen. Die Umweltbibliothek Berlin wurde 1986 in
den Kellerräumen der Zionskirchgemeinde bei Pfarrer Simon im Rahmen der
damaligen Möglichkeiten in der DDR als Gruppe innerhalb der Evangelischen
Kirche gegründet. Im Juli 1990 wurde sie als Verein eingetragen. Der Träger-
kreis der Umweltbibliothek, der Friedens- und Umweltkreis, bestehend seit
1983, hat es von Anfang an als sein Anliegen gesehen, die Zusammenhänge
zwischen Ausbeutung der Umwelt, Ausbeutung im eigenen Land und Ausbeu-
tung der Dritten Welt zu erarbeiten und öffentlich darzustellen. In diesem Zu-
sammenhang und zu diesem Zweck entstand auch 1986 die Bibliothek, die eine
intensivere Art von Öffentlichkeitsarbeit ermöglichen sollte. Ebenso seit 1986

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