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zu entscheiden, ob eine politische Verfolgung vorliegt oder nicht, und ungefähr
30% sind abgelehnt worden. Bislang ist auch von Seiten der Gauck-Behörde
in Richtung Durchsicht der Unterlagen zwecks Rehabilitierung der Opfer
nach meiner Einschätzung relativ wenig geschehen. Die Aufdeckung der
Verfolgung von Personen muß in Zukunft ebenso Aufgabe der Gauck-Behörde
werden wie beispielsweise das Heraussuchen von inoffiziellen Mitarbeitern
der Staatssicherheit. Wir haben an der Humboldt-Universität verschiedentlich
Gespräche geführt mit politisch Verfolgten, und die Erfahrung ist, daß diese
Menschen oft nicht mehr den Mut, oft nicht mehr die Kraft haben, zumal bei
fehlender gesetzlicher Grundlage, überhaupt diesen Rehabilitierungsprozess
anzustoßen. Das sind Leute, die oft als Dozenten oder wissenschaftliche
Mitarbeiter ins Gefängnis kamen, dann irgendwie in den Westen gelangten
und heute einfach nicht mehr den Mut haben, das noch zu beginnen, und ich
meine, es fehlt tatsächlich auch an der Ermutigung damit anzufangen. Wir
haben festgestellt, daß die Frage der Rehabilitierung enorm vielschichtig ist.
Es gibt Leute, die noch nicht einmal zum Abitur gekommen sind, es gibt Leute,
die Ihren Abschluß nicht machen konnten oder die Professur nicht bekamen.
Sicherlich ist zunächst einmal eine gesetzliche Grundlage zu schaffen und eine
Behörde einzurichten, wie das auch im UBG vorgesehen ist, um den einzelnen
Menschen tatsächlich Beistand und Förderung zukommen zulassen, aber ich
meine, dieser Prozeß dauert nun schon ewig und der Senat von Berlin hat
beispielsweise auf eine entsprechende Anfrage mitgeteilt, daß eine Behörde
für Rehabilitierung erst dann eingerichtet werden kann, wenn man weiß,
wie groß der Personenkreis ist und welche gesetzlichen Grundlagen dafür
anzuziehen sind. Ich meine, da sind Sie als Mitglieder dieses Ausschusses im
besonderen Maße gefordert, hier schnellstens Abhilfe zu schaffen, denn ich
meine, das ist auch eine Frage des inneren Frieden im Osten Deutschlands,
daß die ehemals Diskriminierten nicht heute auch die Benachteiligten im
vereinigten Deutschland bleiben.
Vorsitzender Eppelmann: Einen möchte ich noch zu Wort kommen lassen,
weil ich den Gedanken habe, das ist erforderlich, er ist angestellt bei einer
Behörde, die gestern mehrmals genannt worden ist, auch kritisch, heute wieder.
Diese Behörde sollte die Chance haben sich zu äußern. Ich begrüße unter
uns und erteile das Wort zu einer kurzen Stellungnahme David Gill von der
Gauck-Behörde aus Berlin, bitte.
Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes
der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, David Gill: Ja,
vielen Dank, daß mir Gelegenheit gegeben wird, kurz hier zu antworten.
Für die, die es nicht wissen, ich bin Pressesprecher des Bundesbeauftragten
für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen
Demokratischen Republik. Der eine Punkt, ich bedauere, daß ich gestern
nicht da war, und also die Ausführungen von Herrn Schaefgen nicht
verfolgen konnte. Trotzdem möchte ich etwas Grundsätzliches noch einmal
dazu sagen. Ich verstehe natürlich seine Ungeduld und auch vielleicht in
manchen Fällen seine Unzufriedenheit. Es gibt jedoch viele Gründe, warum die
Zusammenarbeit oder die Zurverfügungstellung der Akten nicht so problemlos
ist. Zwei objektive Gründe aus meiner Sicht möchte ich nennen. Der eine
liegt nach wie vor darin, daß unsere Behörde eine Behörde im Aufbau
ist, das ist ganz klar. Wir dürfen uns nicht vormachen, daß diese Behörde
schon hundertprozentig funktioniert. Wir haben überdurchschnittlich lange
Einarbeitungszeiten nötig für unsere Mitarbeiter. Es gibt nun einmal nicht
das Berufsbild eines Stasiaktenrechercheurs, und die Recherchen, die ohnehin
kompliziert sind durch die vielschichtigen Karteien, die uns vorliegen, werden
dadurch noch erschwert, daß der Archivierungszustand ja auch noch nicht so
ist, wie wir das wünschen würden, ich will hier keine Eule nach Athen tragen.
Des weiteren stehen wir natürlich in einem Interessenkonflikt zwischen sehr
vielen Interessenten an der Nutzung, öffentlicher Dienst, Staatsanwaltschaft,
Untersuchungsausschuß, Parlamente, Kirchen etc., und ein Antragsansturm
von 1,35 Millionen ist jetzt zu verzeichnen. Die zweite Schwierigkeit, bei
der Zusammenarbeit und bei der Nutzung der Akten durch die Justiz, ist
natürlich auch im Gesetz verankert. Sie haben ja selbst dieses Gesetz mit
verabschiedet, was auch die Einsichtsrechte der Justiz einschränkt. Ich nenne
nur zwei Punkte, zum einen die Zweckbestimmung der Einsicht, die ja auch
im Antrag der Justiz klar gemacht werden muß, und zum zweiten Akten von
Betroffenen. Aus diesem Grund ist eine Herausgabe von Originalunterlagen
so ohne weiteres nicht möglich, und es kommt noch ein weiterer Grund
hinzu. Hier überlappen sich ja auch Interessen, ich nenne nur das Beispiel
Schalck-Golodkowski. Hier sind viele Institutionen daran, aufklärend zu
wirken, z. B. der Untersuchungsausschuß des Bundestages und gleichzeitig
der Untersuchungsausschuß des Bayerischen Landtages, hinzu kommt der
Generalbundesanwalt, der ermittelt, und auch Herr Kittlaus hat Interesse
an manchen Akten aus diesem Bereich. Um das abzuschließen, mit Herrn
Kittlaus, so bin ich informiert worden, haben Sie gestern ja über Wege und
Möglichkeiten nachgedacht, wie wir hier auch ein vereinfachtes Verfahren
herbeiführen können durch Abordnung z. B. von Kriminalbeamten. Dies wird
selbstverständlich in unserer Behörde auch überlegt, und ich denke, daß wir
hier zu einer einvernehmlichen Lösung kommen können.
Der zweite Punkt, wozu ich etwas sagen möchte: Zusammenarbeit mit dem
Domaschk-Archiv. Um es vorweg zu sagen, wir wollen uns dieser Arbeit
natürlich in keinster Weise entgegenstellen, und wir sind daran interessiert,
daß es hier eine vernünftige Zusammenarbeit gibt. Was mich jedoch ärgert,
das sage ich ganz deutlich, ist, wenn hier in den Raum gesetzt wird, die Gauck-
Behörde strebe aus heiterem Himmel ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen
die Umweltbibliothek an, das Domaschk-Archiv. Ich persönlich stehe in