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herangezogen worden ist vom Senat. Ich glaube, es sind Fragen, die man
stellen muß, ein Mann, der vieles weiß und sicherlich auch ein hervorragender
Zuarbeiter für die Kommission sein könnte. Aber in allererster Linie geht
es darum: Warum wird er dann nicht wieder herangezogen in seiner alten
Universität?
Geschichtskommission des Verbandes deutscher Schriftsteller in den IG
Medien, Herr Seiler: Ich spreche für die Geschichtskommission des Verban-
des deutscher Schriftsteller. In dem Rahmen der heute vorgestellten Organi-
sationen ist sie eine Ausnahme, weil es sich hier um ein Gremium handelt,
das sowohl aus Kollegen aus Westdeutschland als auch aus Ostdeutschland
besteht, und zwar zu gleichen Teilen in der gleichen Größenordnung, je 6, und
unsere Aufgabe ist es wohl, die Geschichte der beiden Schriftstellerverbände
zu erkunden, aber sie ist jetzt vor allem unter dem Gesichtspunkt, einen
Verband, der aus 3200 Mitgliedern besteht, davon 800 aus der ehemaligen
DDR, funktionstüchtig zu machen. Denn bei dem ersten gesamtdeutschen
Kongreß in Lübeck im vorigen Jahr stellte sich heraus, daß die Differenzen
so groß waren, daß zu befürchten war, daß der Verband auseinanderbricht.
Da wurde also von der Basis sozusagen diese Kommission gefordert, und wir
versuchen nun nach besten Kräften, etwas für die Zukunft zu tun, indem wir
die Vergangenheit kennenlernen. Es hat sich dabei ein Problem ergeben, das
vielleicht zu erwarten war, und zwar war der Beschluß so, daß die Kommission
sowohl die Geschichte des VS, also des westdeutschen Schriftstellerverbandes,
als auch die Geschichte des DDR- Schriftstellerverbandes aufarbeiten soll.
Dabei hat sich gezeigt, daß die jeweils andere Seite einfach ahnungslos ist
und ziemlich dumm rumsitzt, wenn es um Interna geht. Aber die andere Sache
ist die, daß dadurch ein Lernprozeß in Gang gesetzt ist. Ich bedauere sehr,
daß wir heute Vormittag nicht die Möglichkeit hatten, uns näher vorzustellen.
Ich komme zu meiner Frage: Es ist ja wie ein Kontrapunkt heute vormittag
immer wieder die Frage des Geldes aufgeworfen worden, und aus unserer
Erfahrung stellt sich das so dar, daß wir mehr damit beschäftigt sind, die
Geldquellen zu erforschen als eigentlich unseren Gegenstand, den wir zu
erforschen haben. Und ich könnte mir vorstellen, daß es sehr nützlich wäre,
wenn es eine Beratungsstelle gäbe, die solche Organisationen wie z. B. auch
uns beraten kann, wo Geldgeber zu finden sind, wie die Verfahrensweisen
sind, denn das ist also gerade für mich z. B., der ich aus dem Osten komme,
ein Hürdenlauf, wo die Hürden einfach zu hoch sind. Das wäre also für uns
eine ganz konkrete praktische Hilfe, und ich möchte also diesen Vorschlag
Ihnen unterbreiten.
Bürgerkomitee „15. Januar“ e.V. zur Aufarbeitung der Stasi-Vergangen-
heit, Hans Schwenke: Zunächst eine Bemerkung zu David Gill. Daß im Stasi-
unterlagengesetz die Anzeigepflicht verankert ist, ist mir wohlbekannt, ebenso
wohlbekannt dürfte der Gauck-Behörde und jedermann sein, daß nahezu alle,
die hier auf dieser Liste vermerkt sind, Dokumentationen unterhalten, Archive
haben. Ich habe auch im Vorfeld der Verabschiedung des Stasiunterlagenge-
setzes immer wieder gefordert, daß dort eine Passage hineinkommt, die den
Bürgerkomitees und adäquaten Initiativen das Recht einräumt, solche Doku-
mentationszentren zu unterhalten, so daß also diese gesonderte Anzeigepflicht
entfällt, zumal für solch eine Anzeigepflicht auch Zeit gelassen werden muß,
Zeit gelassen zur Registratur, und ich denke, man muß wohl doch schon
unterscheiden, wenn man auf die Herausgabe pocht, zwischen Stasioffizieren,
die etwas beiseitegeschafft haben, und Bürgerrechtlern, die sich in den Besitz
nichtpersonenbezogener Unterlagen gesetzt haben. Und was die Schwärzungen
anlangt, kann es ja wohl nicht angehen, daß Persönlichkeiten des öffentlichen
Lebens geschwärzt werden müssen, die in dieser Zeit 40 Jahre SED geherrscht
und agiert haben. Dies erstmal dazu. Zu unserem Bürgerkomitee möchte ich
nicht weiter mich auslassen und dies also genauer vorstellen, ich denke, hier
liegt überall „Horch und Guck“ aus. Wir versuchen alles, was wir archivieren,
von Monographien bis hin zu Dissertationen zur Erlangung des Doktorgrades
der Hochschule des MfS, in einen Thesaurus zu bringen, einen Thesaurus, den
wir versuchen, auch mit anderen gleichartigen Einrichtungen wie etwa der
Umweltbibliothek oder unseren anderen Bürgerkomitees in anderen Teilen
des Landes abzugleichen. Ich denke, das ist günstig um des gegenseitigen
schnelleren Verständnisses willen und auch um anderen zu helfen, schneller
Zugriff zu erlangen, die für ihre wissenschaftliche Arbeit diese Unterlagen
brauchen; die aus sehr objektiven Gründen die Gauck-Behörde natürlich nicht
so schnell zu Verfügung stellen kann, das verstehe ich durchaus, sie ist
eine Behörde im Aufbau, das begreife ich auch. Wir haben zu keiner Zeit
geglaubt, daß man Geschichte der DDR verkürzen könne auf Stasi oder auf
die Frage nach inoffiziellen Mitarbeitern. Es wurde uns schon damals klar in
der Arbeitsgruppe Sicherheit des Zentralen Runden Tisches, als dort Vertreter
der Staatsanwaltschaft der DDR, der Nationalen Volksarmee antanzten, auch
jene von der Versorgungseinrichtung Ministerrat, und die Herausgabe ihrer
Unterlagen forderten. Da wußten wir, hier ist ein großes Netz. Wir wissen
heute, daß dieses System, das man zu Recht als totalitär bezeichnet, den
gläsernen Menschen geschaffen hat. Dieser Tage bekomme ich Kenntnis über
den ganzen Umfang des Systems der Personenkennzahlen und des Zentralen
Einwohnerregisters, mit dessen Hilfe man tatsächlich Zugriff bekommt auf alle
Daten, einschließlich der verlorengeglaubten Daten über offizielle Mitarbeiter
des MfS, vermutlich auch derer, die im Ausland tätig waren. Ich frage mich
heute, der ich selbst beteiligt war an der Vernichtung der elektronischen
Datenträger des MfS, ob man diesen Fehler heute noch einmal wiederholen
sollte, ob das sinnvoll erscheint, nun also auch diese elektronischen Daten
gänzlich zu löschen. Sicherstellen muß man sie, vor unbefugtem Zugriff
muß man sie sichern, aber nutzen sollte man sie zur Aufklärung und zur
Erhellung dessen, was gewesen ist.