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nach Nürnberg, zur Vereinigung der Spielwarenfachgeschäfte (VEDES), ge-
gangen. Nun bin ich durch Zufall VEDES-Mitglied. Ein VEDES-Vertreter
kam jetzt zu mir nach Leipzig und fragte, ob ich das Geschäft haben wolle,
denn sie hätten den Zuschlag bekommen. Nebenbei muß ich erfahren, daß die
VEDES 1.000 DM geboten hatte. Ich habe später Gelegenheit gehabt, mit je-
manden darüber zu sprechen. Man hat mir zu verstehen gegeben, daß ich nur
der Herr Werner aus Leipzig sei und wir heute eine freie Marktwirtschaft hät-
ten. Die Firma VEDES sei eben ein Begriff, mit dem man etwas anzufangen
wußte, und mit dem Namen Werner konnte man nichts anfangen.
Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, der Mittelstand ist die Säule der
Wirtschaft. Das ist richtig, aber verlassen sollten wir uns nicht zu sehr auf die
Säule. Wir sind in einer wirtschaftlichen Umschichtung in unserem Land. Ein
Konzentrationsprozeß geht in einer rasanten Schnelligkeit voran und auch der
Mittelstand verändert sich. Wir werden immer mehr zu kleinen Betrieben. Ge-
rade in meiner Branche sind ausländischen Konzerne angetreten. Gilbert, und
wie sie alle heißen, sie kaufen die Geschäfte auf, die mit 30 Mio., 50 Mio. und
100 Mio. DM Umsatz handeln.
Trotz aller Schwierigkeiten würde ich den Weg nochmals gehen.
Gesprächsleiter Abg. Dr.-Ing. Rainer Jork (CDU/CSU): Danke, das ist ei-
gentlich ein schönes Schlußwort. Ermutigung für uns alle. Ich möchte mir eine
Zusammenfassung ersparen, das wird sicher an anderer Stelle noch passieren.
Ich danke allen, die hier mitdiskutiert haben, die unseren Blick geweitet haben,
die uns auch Schularbeiten nach Bonn mitgegeben haben. Dies ist auch der
Sinn der Anhörung. Wir wollen ja nicht nur rückwärts schauen. Ich danke ins-
besondere den Referenten.
Vorsitzender Rainer Eppelmann: Herzlichen Dank, lieber Herr Kollege
Jork. Ich bitte jetzt den Kollegen Spiller, die Moderation zu übernehmen.
Gleichzeitig bitte ich die Herren Dr. Wagner, Pöpping, Hühn, Oehler und Dr.
Lageman, im Podium Platz zu nehmen.
Gesprächsleiter Abg. Jörg-Otto Spiller (SPD): Auch wenn man daran denkt,
daß Mittelstand ein sehr unpräziser Begriff ist, haben wir vorhin überwiegend
über die Chancen und Risiken von kleinen Unternehmen gesprochen. Zum
Mittelstand gehört in Baden-Württemberg mit Sicherheit auch ein Unterneh-
men, das 3.000 Beschäftigte hat, und das in der ganzen Welt Absatz für seine
Produkte findet. Umgekehrt frage ich mich: Ist denn die ganze Förderung der
ostdeutschen Wirtschaft nicht fast identisch mit der Mittelstandsförderung,
weil es Großunternehmen nur noch in bescheidenem Umfang gibt?
Hier auf dem Podium ist Herr Matthias Hühn vertreten. Er ist Geschäftsführer
der Hoffmann-Fördertechnik GmbH in Wurzen. Für das Bundesministerium
für Wirtschaft ist anstelle des Parlamentarischen Staatssekretärs Herrn Kolb,
Herr Pöpping gekommen. Für das Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und
Technologie des Landes Brandenburg ist Herr Oehler und für das Rheinisch-
Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung in Essen Herr Dr. Lageman
vertreten. Ich freue mich, daß es auch Herr Dr. Wagner noch geschafft hat, zu
kommen. Herr Dr. Wagner ist der Vorstandsvorsitzende der Thüringer Auf-
baubank Erfurt.
Ich schlage nun vor, daß wir uns zunächst die Referate der Experten anhören,
mit der Bitte, zehn Minuten nicht zu überschreiten. Ich möchte zunächst einen
Betroffenen, nicht jemanden, der fördert oder lenkt, sondern der ein Unter-
nehmen führt, Herrn Matthias Hühn, um einleitende Bemerkungen bitten. Ins-
besondere würde mich interessieren, welches denn nach Ihrer Auffassung und
Ihrer Erfahrung die wichtigsten positiven Faktoren, welches die größten
Hemmnisse für den Aufbau und Erfolg mittelständischer Unternehmen in den
neuen Bundesländern sind.
Matthias Hühn: Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte mich
bedanken, daß Sie mir die Gelegenheit geben, aus meiner Sicht die vorgegebe-
nen Diskussionspunkte zu erläutern. Ich muß sagen, zum Beginn des heutigen
Vormittages war ich erst etwas erschrocken, denn wir begannen in der Ver-
gangenheit zu wühlen, die wir ohnehin nicht mehr ändern können. Ich bin der
Meinung, wir sollten all unsere Dinge zukunftsgerichtet tun, und sollten auch
bei den Dingen, die wir hier besprechen, daran denken, wie wir dem Mittel-
stand zukünftig helfen und stärken können. Auf jeden Fall ist ja eines klar ge-
worden: Wir brauchen diesen Mittelstand. Wichtig ist auch die Erkenntnis, daß
sich die Sorgen und Nöte in der Industrie und alle Unternehmensformen doch
sehr unterscheiden.
So möchte ich mit einem ganz kurzen geschichtlichen Abriß beginnen. Unser
Unternehmen, in der ehemaligen DDR ein privates Industrie- und Produkti-
onsunternehmen, ist von Herrn Hoffmann im Jahre 1947 gegründet worden,
und ich führe als Schwiegersohn dieses Unternehmen seit drei Jahren weiter.
Herr Hoffmann war damals 21 Jahre alt. Aus diesem Grunde war er einer der
Männer, die noch in Deutschland eine Wirtschaftsschule besuchten, in
Deutschland das marktwirtschaftliche System gelernt, erlernt und studiert ha-
ben. Insofern ist er auch heute noch in der Lage, uns zu beraten, da er aus ei-
genem Erleben weiß, wie die Marktwirtschaft funktioniert. 1947 begann das
Unternehmen mit der Produktion von landwirtschaftlichen Geräten, die zu
Festpreisen produziert und verkauft werden mußten. Diese Festpreise lehnten
sich an Vorkriegsprodukte an, die damals in Schlesien produziert wurden, und
es gab keine Chance zu einer Preisveränderung, d. h. man konnte sich ausrech-
nen, wieviel Verlust an jedem Produkt gemacht wurde. Es wurde dann begon-
nen, Hebezeuge, unsere heute Produktion, sprich Seilzüge, zu bauen. Ein Ka-
pitalaufbau bei 91 % Steuerprogression war unmöglich. Mit der Demontage
aller seilproduzierenden Betriebe in Ostdeutschland und deren Verbringung in
die damalige Sowjetunion, begannen wir 1953 mit der Produktion von elektri-
schen Kettenzügen als einer der ersten Produzenten, und das ist auch heute
noch unser Finalprodukt. Anders als das vielleicht heute zum Ausdruck ge-
kommen ist, wurde von diesem Unternehmen – als privatwirtschaftliches Un-
ternehmen – bereits in den 60er Jahren in das westliche Ausland exportiert,