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Wahlperiode 13, Band IV/1, Seiten 36 und 37
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Protokoll der 6. Sitzung

setzt sich sogar – mein letzter Satz – ein wenig in die Gegenwart fort und in
die Zukunft, denn diese Menschen werden auch in der Zukunft – ich denke
jetzt an die Altersversorgung – Nachteile haben. Gestern ist beschlossen wor-
den, daß bestimmte Kappungsgrenzen wohl wegfallen. Ich begrüße das für
Ärzte, Ingenieure und andere Leute, die sich mit dem System in den DDR
nicht allzusehr arrangiert hatten (die sogenannten I-Renten). Vollkommen ver-
gessen worden sind die Menschen, die aus politischen Gründen an einer ost-
deutschen Forschungsinstitution – Wissenschaftler also –, an einer Universität,
einer Hochschule keine Karriere mehr machen konnten, erst nach der Wende
berufen wurden, aber zu alt waren, um verbeamtet zu werden. Deren Rente be-
rechnet sich nach ihrem Verdienst in DDR-Zeiten. Mein Gehalt war, als ich
anfing, 495,- Mark (Ost), Tarif „Übrige Chemie“, meine Frau hatte 190,- Mark
als Fotolaborantin. Sie können sich ausrechnen, daß genau diese Menschen ei-
ne deutlich geringere Rente erhalten werden nach den Regeln der BfA als die,
die schon seit 20 Jahren, also etwa seit den siebziger Jahren, Professoren wa-
ren und das möglicherweise auch erkauft hatten mit bestimmten Kompromis-
sen, die aus meiner Sicht ein anständiger Mann nicht eingeht. Vielen Dank.
(Beifall)

Vorsitzender Rainer Eppelmann: Herzlichen Dank, Herr Professor Weiss. –
Wir bitten jetzt Herrn Professor Kiel.

Prof. Dr. Siegfried Kiel: Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren. Ich
bin gebeten worden, zu dem Thema „Umsetzung kaderpolitischer Konzeptio-
nen in der Lehrerbildung an DDR-Hochschulen“ etwas zu sagen. Das Thema
ist also etwas eingegrenzter. Ich bin von Haus aus Lehrer und Erziehungswis-
senschaftler, komme aus dieser Sicht zu diesem Thema, bin also nicht Spezia-
list auf dem Gebiet der Kaderpolitik. Ich versuche, mich aus meiner Sicht dem
Thema zu nähern.

Wenn ich am Anfang etwas Historisches sage – ich bin kein Historiker –, dann
hat das folgenden Grund: Ich bin bei meinen Recherchen, die alle recht kurz-
fristig zu machen waren, auf einen Beschluß gestoßen oder vielmehr auf einen
Befehl. Am 6. Dezember 1945 brachte die Sowjetische Militäradministration
in Deutschland den Befehl Nr. 162 „über die Ausbildung von Lehrern“ heraus,
und zwar, wie es hieß, zum „Zwecke der Demokratisierung der deutschen
Schule in dem sowjetischen Besatzungsgebiet Deutschlands und zur Vorbe-
reitung von Lehrern, die befähigt sind, die deutsche Jugend im Geiste der De-
mokratie zu erziehen.“1 Dieser Befehl war gewissermaßen das Geburtsdoku-
ment für die Ausbildung Tausender Neulehrer im Osten Deutschlands. Zuge-
lassen wurden zu dieser teils achtmonatigen, zum Teil kürzeren Ausbildung,
wie es in einem Informationsblatt z.B. aus dem Kreis Güstrow, auf das ich ge-
stoßen bin, vom 21. Dezember 1945 hieß: „Bewerber beiderlei Geschlechts im
Alter von mindestens 18 Jahren aus den Schichten der antifaschistischen Be-

 

  1. Aus dem Befehl Nr. 162 des Obersten Chefs der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland über die Ausbildung von Lehrern, 6. Dezember 1945, in: Allen Kindern das gleiche Recht auf Bil- dung. Dokumente und Materialien zur demokratischen Schulreform. Berlin 1981, S. 92.
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Die Kaderpolitik der SED an Schulen und Hochschulen

völkerung mit Volks-, Mittel- und Oberschulbildung. Ehemalige Mitglieder
der NSDAP, ehemalige Offiziere der Wehrmacht und Leiter von HJ-
Organisationen werden nicht zugelassen.“2

Ich habe nicht die Absicht – auch schon aus Zeitgründen –, mich wertend mit
dem Thema „Neulehrer“ zu beschäftigen. Ich will nur sagen, daß dieser Be-
schluß und dessen Umsetzung, die Ausbildung Tausender Neulehrer ab 1946,
eine ganz entscheidende Zäsur war im Osten Deutschlands im Sinne einer Er-
neuerung der Lehrerbildung. Um einen zentralen Begriff der heutigen Veran-
staltung aufzugreifen – es war sozusagen die erste grundlegende kaderpoliti-
sche Entscheidung im Bereich der Lehrerbildung im Osten Deutschlands, der
dann bald andere folgten. Ich nenne jetzt einige Daten über die weitere Ent-
wicklung in kurzen Zügen. Im Jahre 1946 kam es an den Universitäten zur
Gründung der Pädagogischen Fakultäten. In Potsdam wurde im Jahre 1948 die
Gründung der ersten Pädagogischen Hochschule vollzogen. Anfang der fünf-
ziger Jahre kam es nach sowjetischem Vorbild zur Schaffung eines sogenann-
ten „neuen Typs“ von Lehrerbildungsstätten, zum Aufbau der Pädagogischen
Institute (der späteren Pädagogischen Hochschulen) sowie der Institute für
Lehrerbildung.

Die im Jahre 1953 vollzogene Gründung der Pädagogischen Institute hatte, so
mein Einblick in diesen Vorgang, im wesentlichen zwei Hintergründe. Zum
ersten galt es, neue institutionelle Möglichkeiten für die Lehrerbildung zu
schaffen. Der Bedarf an möglichst gut ausgebildeten Lehrern war groß und
konnte offensichtlich von den Universitäten allein nicht gedeckt werden.
Zweitens war aber die Absicht der SED unverkennbar, einen größeren und di-
rekten Einfluß auf die Lehrerbildung und den Einsatz der in ihr wirkenden Ka-
der zu gewinnen. Dieser Einfluß war an den Universitäten zum Teil eher nur
vermittelt gegeben bzw. schwerer zu realisieren.

Systematisch gesehen, meine Damen und Herren – das sage ich jetzt auch nur
in groben Zügen, vielleicht mit dem Jahr 1965 als Zäsur, als das Gesetz über
das sogenannte einheitliche sozialistische Bildungssystem verabschiedet wur-
de –, war die Lehrerbildung wie folgt in der DDR organisiert:

1. Die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer für die Unterstufe erfolgte an
den Instituten für Lehrerbildung. Diese Institute waren auf der Fachschulebene
angesiedelt. Voraussetzung für die Aufnahme war der Abschluß der Zehnklas-
sigen Allgemeinbildenden Polytechnischen Oberschule, wie es hieß. Es gab
aber – ich füge das kurz ergänzend hinzu – am Ende der DDR die Vorstellung,
die Zahl der oft sehr kleinen Institute für Lehrerbildung zu konzentrieren und
zu reduzieren, sie den Pädagogischen Hochschulen anzugliedern, um schritt-
weise den Übergang zur Hochschulausbildung auch der Unterstufenlehrer zu
vollziehen. Das war Absicht, ist belegbar, aber dazu ist es aus den bekannten
Gründen dann nicht mehr gekommen. Das war sozusagen angedacht, aber nur

 

  1. Wer will Lehrer werden? Informationsblatt. Güstrow, den 21. Dezember 1945, in: Allen Kindern das gleiche Recht, S. 96.