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Wahlperiode 13, Band IV/1, Seiten 64 und 65
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Protokoll der 6. Sitzung

mußten mal wieder die Anteile von Arbeitern und Bauern raufgesetzt werden,
aber das waren kurze Perioden. Vielen Dank. (Beifall)

Vorsitzender Rainer Eppelmann: Ja, herzlichen Dank, Herr Rektor. Ich
glaube, mit oder ohne Rotwein, in Leipzig kann man gewinnbringend an Ihrer
Universität arbeiten und auch studieren.

Pause 20.15 bis 20.25 Uhr

Vorsitzender Rainer Eppelmann: Meine sehr verehrten Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Sie bitten Platz zu nehmen. Herr
Dr. Braun, ich bitte Sie, zu beginnen.

Dr. Matthias Braun: Ich spreche über den „Einfluß des Ministeriums für
Staatssicherheit (MfS) auf die Kaderpolitik an den Hochschulen der DDR.“

I. Zu Struktur und Aufgaben des Arbeitsbereiches Universitäten/Hochschulen
im MfS.

Der Arbeitsbereich Universitäten/Hochschulen war von Anfang an in die für
die Sicherung des „gesellschaftlichen Überbaus“ zuständige Struktureinheit
des MfS integriert. In den fünfziger Jahren war das die Hauptabteilung V, ab
1964 die Hauptabteilung XX. 1981 entstand eine eigene Unterabteilung – die
Hauptabteilung XX/8, der einzig und allein die operative Bearbeitung der Ein-
richtungen des Ministeriums für Hoch- und Fachschulwesen (MHF) und des
Ministeriums für Volksbildung (MfV) oblag. Dieser Diensteinheit fielen, wie
auch ihren Vorläufern, im Sinne der Wissenschafts- und Bildungspolitik der
SED an den Universitäten und Hochschulen u.a. folgende drei Schwer-
punktaufgaben zu:

  1. Gewährleistung einer ständigen Einschätzung der sicherheitspolitischen La-
    ge,
  2. Abwehr der vermuteten Einflußnahme westlicher Geheimdienste auf den
    Hochschulbereich,
  3. Sicherung von Auslands- und Reisekadern, Geheimnisträgern sowie spio-
    nagegefährdeter Bereiche und Prozesse.

Verantwortlich dafür war innerhalb der Hauptabteilung XX/8 das Referat I.
Dort waren 1988 zehn hauptamtliche Mitarbeiter tätig. Diese führten 121 Inof-
fizielle Mitarbeiter (IM) und zehn Gesellschaftliche Mitarbeiter Sicherheit
(GMS). Aus diesen beiden IM-Gruppen gehörten im übrigen 105 der SED an.
Wegen der zentralstaatlichen Verantwortlichkeit des Ministeriums für Hoch-
und Fachschulwesen für die Berufung von Professoren und Dozenten an allen
Hoch- und Fachschulen der DDR sowie in Anbetracht der politischen Rele-
vanz von Auslandseinsätzen von Hochschulkadern und auch der Koordinie-
rung des Geheimnisschutzes kam der Hauptabteilung XX/8, Referat I, eine
prägnante sicherheitspolitische Aufgabe zu. Um diese erfüllen zu können, war
das MfS stets bestrebt, die hierfür wichtigen Schlüsselpositionen möglichst mit
inoffiziellen Kräften, vorzugsweise mit Offizieren im besonderen Einsatz (Oi-

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Die Kaderpolitik der SED an Schulen und Hochschulen

bE), Experten-IM (IME), IM mit Feindberührung (IMB) und Gesellschaftli-
chen Mitarbeitern Sicherheit zu besetzen. So waren z.B. die Stelle des Abtei-
lungsleiters für Sonderaufgaben und die Stelle des Leiters der Reisestelle im
Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen mit OibE und wichtige Positionen
in der Kaderabteilung, der Abteilung Forschung und der Auslandsabteilung
mit IME, also Inoffiziellen Mitarbeitern/Experten besetzt. Auf der Ebene der
Bezirksverwaltungen (BV) zeichneten für die geheimdienstliche Überwachung
und Zusammenarbeit zwischen dem MfS und den einzelnen Universitäten und
Hochschulen der DDR in der Regel die Referate XX/8 der Abteilungen XX
der Bezirksverwaltungen verantwortlich. In dem für die Berliner Humboldt-
Universität zuständigen Referat der Bezirksverwaltung Berlin waren bei-
spielsweise 12 operative Mitarbeiter, in der für die Martin-Luther-Universität
Halle-Wittenberg verantwortlichen Diensteinheit der BV Halle sieben operati-
ve Mitarbeiter im Einsatz. Die operative Bearbeitung der theologischen Sek-
tionen fiel in die Kompetenz des mit Kirchenfragen befaßten Referates XX/4.
Die personalstarken medizinischen Bereiche der Universitäten bzw. die medi-
zinischen Akademien wiederum wurden durch die für das Gesundheitswesen
zuständigen Referate XX/1 bearbeitet. Einen Sonderfall stellte die Bezirksver-
waltung Dresden dar. Dort wurde wegen „schwerpunktmäßiger Absicherung
der Technischen Universität, der Verkehrshochschule und Ingenieurhoch-
schule Dresden“ eine eigene Objektdienststelle „Technische Universität/Hoch-
schulen“ gegründet und direkt dem Stellvertreter Operativ der BV Dresden
unterstellt.

Unabhängig von der objektbezogenen Zuordnung konnten die annähernd
41.000 Mitarbeiter aus den Bereichen Lehre, Forschung und Erziehung der
Hochschulen der DDR auch durch andere Struktureinheiten des MfS operativ
bearbeitet werden. Dazu gehörten etwa die für die innere Abwehr zuständige
Hauptabteilung II bzw. ihre entsprechenden Abteilungen auf Bezirksebene, die
Auslandsaufklärung (Hauptverwaltung Aufklärung bzw. die Abteilungen XV)
und die für den Wirtschafts- und Techniksektor verantwortlichen Dienstein-
heiten, die Hauptabteilung XVIII bzw. die Abteilungen XVIII auf der Bezirk-
sebene.

Als Grundsatzdokumente für die fachspezifische „politisch-operative Arbeit“
im Sicherungsbereich Bildungswesen gelten die Richtlinie 1/56 „Über die
Abwehr feindlicher Tätigkeit gegen die Universitäten und Hochschulen der
Deutschen Demokratischen Republik“ und die Dienstanweisung 4/66 „Zur po-
litisch-operativen Bekämpfung der politisch-ideologischen Diversion und Un-
tergrundtätigkeit unter jugendlichen Personenkreisen in der DDR.“ Sind in
dem erstgenannten Dokument besonders die grundlegenden Aufgaben und
Methoden der geheimdienstlichen Arbeit an den Universitäten festgelegt, so
versuchte das MfS mit der Dienstanweisung 4/66 und ihren Durchführungsbe-
stimmungen besonders der Durchsetzung des „Gesetzes über das einheitliche
sozialistische Bildungssystem“ von 1965 und der nachfolgenden Dritten Hoch-
schulreform Rechnung zu tragen. Im Kern ging es dem MfS dabei um eine in-
tensivere operative Aufklärung, Überwachung und Absicherung aller schuli-