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Wahlperiode 13, Band V, Seiten 86 und 87
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Protokoll der 32. Sitzung

natürlich nicht sehr schnell. Und was die Qualität anbelangt, ich meine, da ist
kaum noch ein nennenswerter Unterschied da.

Gesprächsleiter Prof. Dr. Peter Maser: Ja, schönen Dank. Jetzt gebe ich das
Wort zurück an den Vorsitzenden der Enquete-Kommission.

Vorsitzender Rainer Eppelmann: Danke schön. Ich möchte noch einmal
daran erinnern, zwei Minuten vor 16.00 Uhr hier zu sein, damit wir pünktlich,
würdevoll und effektiv um 16.00 Uhr beginnen können. Alles Gute.

(Pause)

Vorsitzender Rainer Eppelmann: Meine sehr verehrten Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen. Wie angekündigt wollen wir weitermachen
mit unserem nächsten Informations- und Gesprächsblock. Wie die Tagesord-
nung ausweist, kommt zunächst ein etwas längeres Kurzreferat und dann zwei
kurze Statements mit anschließender Diskussion. Die Moderation dieses ge-
samten Blocks übernimmt Herr Kowalczuk. Ich bitte Ihn, zu beginnen.

Gesprächsleiter Ilko-Sascha Kowalczuk: Meine Damen und Herren, wir
werden uns am Nachmittag mit zwei weiteren Aspekten des DDR-Alltags be-
schäftigen. Herr Dr. Wolle wird über die politische Instrumentalisierung des
Mangels und der Privilegienwirtschaft referieren. Anschließend werden wir
zwei Kurzreferate hören über den Westen im DDR-Alltag. Ich darf Ihnen zu-
vor kurz die drei Referenten vorstellen. Herr Dr. Wolle ist 1950 in Halle an der
Saale geboren. Er hat an der Humboldt-Universität in Berlin Geschichte stu-
diert. Er ist zwischenzeitlich aus politischen Gründen von dem Studium rele-
giert worden und hat während dieser Zeit in einem Berliner Produktionsbetrieb
gearbeitet, hat dann 1973 sein Studium fortgesetzt und 1976 dort als Diplom-
Historiker sein Studium auch abgeschlossen. Er war anschließend wissen-
schaftlicher Mitarbeiter an der Akademie der Wissenschaften und hat dort
1984 promoviert mit einem Thema über die deutschsprachige Rußlandhisto-
riographie im 19. Jahrhundert. Herr Wolle ist 1989 im November in die SDP
in der DDR eingetreten, hat Anfang 1990 den unabhängigen Historikerverband
mitinitiiert, mitgegründet. Er ist seitdem auch Mitglied des Vorstandes. Herr
Wolle war unter anderem an der Auflösung des Ministeriums für Staatssicher-
heit beteiligt, hat auch mit seinem Kollegen Armin Mitter die erste Publikation
von MfS-Dokumenten im März 1990 herausgegeben. Er hat von 1991 bis 1996
als Assistent an der Humboldt-Universität gearbeitet, und ist seitdem als wis-
senschaftlicher Mitarbeiter am Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusfor-
schung in Dresden beschäftigt. Herr Wolle hat in den letzten Jahren eine ganze
Reihe von Publikationen und Büchern geschrieben und herausgegeben, die
sich mit der DDR-Geschichte beschäftigen. Neben dem schon Erwähnten,
möchte ich weiter das Buch mit seinem Kollegen Armin Mitter, Untergang auf
Raten erwähnen, und außerdem war er Mitherausgeber eines Bandes über den
17. Juni.

Herr Karl-Heinz Baum ist 1941 in Breslau geboren. Er war lange Jahre akkre-
ditierter Korrespondent der Frankfurter Rundschau in Ost-Berlin. Herr Baum

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Selbstbehauptung und Anpassung

hat Geschichte, Politikwissenschaft, Publizistik und Soziologie in Berlin und
Mainz studiert. Er ist seit einigen Jahren im Berliner Büro der Frankfurter
Rundschau tätig. Herr Baum hat unter anderem in den letzten Jahren ein Buch
über Thüringen herausgegeben. Im Untertitel heißt es: Ein Streifzug durch
Orte, Landschaften und Geschichte. Schließlich Herr Dr. Lothar Fritze. Herr
Fritze ist 1954 im damaligen Karl-Marx-Stadt, im heutigen Chemnitz, gebo-
ren. Er hat Betriebswirtschaft studiert. Er hat promoviert und war von 1978 bis
1990 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsinstitut für Textiltechnolo-
gien in Karl-Marx-Stadt, sprich Chemnitz. Er ist z.Z. ebenfalls wissenschaftli-
cher Mitarbeiter am Hannah-Arendt-Institut in Dresden. Herr Fritze hat in den
Jahren vor 1990 keine Veröffentlichungen, seit 1990 hat Herr Fritze jedoch
eine ganze Reihe von Veröffentlichungen vorgelegt, die sich mit der DDR,
zum Beispiel mit der Mentalität der DDR-Bürger, mit Wirtschaftsfragen be-
schäftigen und hat sich damit auch ein großes Standing innerhalb der Wissen-
schaft erarbeitet. Ich nenne einige Titel seiner Bücher, zum Beispiel: Innenan-
sichten eines Ruins, Gedanken zum Untergang der DDR oder: Panoptikum
DDR-Wirtschaft. Zuletzt ist eine Aufsatzsammlung mit verstreut veröffent-
lichten Beiträgen von ihm erschienen unter dem Titel: Die Gegenwart des
Vergangenen. Ich bitte jetzt Herrn Dr. Wolle mit seinem Referat zu beginnen,
politische Instrumentalisierung des Mangels und Privilegienwirtschaft.

Dr. Stefan Wolle: Meine Damen und Herren, ich möchte den Versuch unter-
nehmen, die Forderung des heutigen Vormittags zu erfüllen, nämlich den
Punkt zu zeigen, wo sich Alltagsgeschichte und politische Geschichte mitein-
ander verbinden. Ich nenne deswegen meinen Beitrag: „Erichs Krönung oder
die Kaffeekrise des Jahres 1977. Zur Dialektik von ökonomischem Mangel
und politischer Macht im SED-Staat.“ Unter Erich Honecker begann Anfang
der 70er Jahre eine Phase wirtschaftspolitischer Neuorientierung. Man nahm
Abschied von der „Konzeption der führenden Industriezweige“, versuchte die
Ausrichtung auf eine planmäßig proportionale Entwicklung der Volkswirt-
schaft, das heißt auf eine gleichmäßige Entwicklung der einzelnen Wirt-
schaftszweige in einer stabilen kontinuierlichen Entwicklung. Vor allem soll-
ten die Bedürfnisse der DDR-Bevölkerung stärkere Berücksichtigung in der
Volkswirtschaftsplanung finden. In den 50er und 60er Jahren war die DDR
von einer Kampagne in die nächste gestolpert. In der Wirtschaftspolitik
herrschte eine Art permanenter Ausnahmezustand. Die Ansprüche waren stets
riesengroß und die Resultate überwiegend kläglich. Aber immer wurden die
Menschen in Atem gehalten. Die Honeckerzeit war eine Art „Ankunft im All-
tag“, ein Zurückschrauben der Ansprüche der Partei an den Menschen auf ein
erfüllbares Maß. In der Gesellschaft wie in der Wirtschaft sollten Normalität,
Vernunft und Pragmatismus einkehren.

Der VIII. Parteitag der SED markierte den Beginn dieser neuen Wirtschafts-
politik. Hier verkündete Erich Honecker die neue Hauptaufgabe: „Die weitere
Erhöhung des materiellen und kulturellen Lebensniveaus des Volkes auf der
Grundlage eines hohen Entwicklungstempos der sozialistischen Produktion,
die Erhöhung der Effektivität des wissenschaftlich-technischen Fortschritts