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Wahlperiode 13, Band VII, Seiten 106 und 107
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Protokoll der 48. Sitzung

den Forschungsförderungsinstitutionen darf nicht zurückgeschraubt werden,
soll die Grundlage der Aufarbeitung nicht gefährdet werden. Für die geplante
Stiftung „Zur Aufarbeitung der SED-Diktatur“ muß es ein vorrangiges Anlie-
gen sein, in zunehmendem Maße Forschungsförderung zu betreiben, um die
Ausweitung der DDR-Forschung zu sichern.

Lassen Sie mich zusammenfassend sagen: Sieben Jahre nach der deutschen
Vereinigung zum Stand der Forschung über die DDR-Geschichte ist festzu-
halten:

  1. Trotz erheblicher Schwierigkeiten ist die Forschung über die DDR gut vor-
    angekommen. Ausgangspunkt war 1990 ein ordentlicher Forschungsstand
    und seither die Öffnung der Archive. Beim Zugang zu den Archiven gibt es
    indes noch Probleme.
  2. Der quantitative Umfang der Forschung seit 1990 ist ebenso wie die Quali-
    tät der Untersuchungen bemerkenswert. Das Interesse an einzelnen For-
    schungsfeldern ist gewachsen, Produktivität und Vielseitigkeit sind positiv
    hervorzuheben.
  3. Obwohl der Forschungsstand 1997 beachtlich ist, die Perspektiven insge-
    samt gut sind, bleiben genügend Probleme. Die DDR-Forschung ist noch
    keineswegs fest etabliert. Ihre weitere Unterstützung, vor allem die Finan-
    zierung, ist notwendig, ja unerläßlich.
  4. Schließlich bleibt die Forschung Voraussetzung kritischer, gesellschaftspo-
    litischer Aufarbeitung. Die Förderung der Wissenschaft zur DDR-Ge-
    schichte bedeutet daher Hilfe bei der Aufarbeitung, der Auseinandersetzung
    mit der SED-Diktatur.

Gesprächsleiter Prof. Dr. Peter Maser: Meine Damen und Herren, ein herz-
liches Dankeschön an Herrn Kollegen Weber. Ich könnte mir vorstellen, daß
jetzt schon der Bedarf nach Diskussion sehr groß ist, aber das „Drehbuch“ für
diese öffentliche Sitzung sieht vor, daß wir zunächst einmal das, was jetzt hier
schon in reicher Fülle auf den Tisch gepackt worden ist, noch weiter anrei-
chern durch zwei Beiträge zu Spezialproblemen. Zunächst ein Kurzbeitrag von
Herrn Prof. Dr. Georg Brunner aus Köln zum Schwerpunkt DDR-Justiz. Wenn
ich Sie bitten darf.

Prof. Dr. Georg Brunner: Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren,
meine Aufgabe ist es, über den Stand der DDR-Forschung auf dem Gebiet der
Justiz zu berichten, wobei mir Kollege Weber schon viele Arbeit abgenommen
hat, weil der allgemeine Rahmen eigentlich das ausdrückt, was ich dann im
kleineren auch auszuführen habe. In einem ersten Teil möchte ich eine kurze
Bestandsaufnahme geben und dann im zweiten Teil auf die Perspektiven, De-
siderata und auf das, was sonst noch in die Zukunft weist, eingehen.

Was den Bestand angeht, so ist auch hier die Feststellung zu treffen, daß in den
sieben Jahren seit der Wiedervereinigung die Erforschung der DDR-Justiz auf-
grund der neuen Quellenlage, auch der Zeitzeugen, ein gutes Stück weiterge-

107
Forschung zur DDR-Geschichte

kommen ist. Es sind Ergebnisse zu Tage gefördert worden, die die – so wie ich
meine – bereits zuvor von den realitätsbezogenen Teilen der DDR-Forschung
vor 1990 ermittelten Ergebnisse im wesentlichen bestätigen, präzisieren und
ergänzen. Es ist eine solche Fülle von Forschungsarbeiten vorgelegt worden
oder in der Planung, von Herrn Weber haben wir Zahlen gehört, daß ich kei-
neswegs sicher bin, daß mir alles bekannt ist, was auf dem Gebiet der Justiz
geschehen ist oder geplant wird. Ich will deshalb auch nur die wichtigsten gro-
ßen Forschungsvorhaben einmal benennen und von den Einzelarbeiten nur ei-
nige erwähnen.

Eine der wichtigsten Arbeiten ist Ihnen allen gut bekannt, weil sie von der er-
sten Enquete-Kommission selbst verrichtet worden ist. Der Band IV der Mate-
rialien, der der Justiz gewidmet ist, hat sich schwerpunktmäßig mit den politi-
schen Rahmenbedingungen, insbesondere mit der Strafjustiz, und hier vor al-
lem mit der Ulbricht-Ära beschäftigt. In diesen Band haben weitgehend auch
Ergebnisse eines anderes Vorhabens Eingang gefunden, das vom Bundesmini-
sterium der Justiz praktisch gleichzeitig gestartet worden ist und im Jahr 1994,
als die Materialien erschienen, ebenfalls das Licht der Welt erblickte. Das ist
vor allem der von Prof. Rottleuthner herausgegebene Band über die Steuerung
der Justiz in der DDR. Es handelt sich um einen dokumentierten Sammelband,
der auf Archivstudien beruht und wesentliche Beiträge dazu geleistet hat, daß
die politischen Lenkungsmechanismen der Justiz sichtbar gemacht und empi-
risch unterfüttert worden sind. Dieser Band hat nicht nur positive Aufnahme
gefunden. Es ist an ihm auch Kritik in dem Sinne geübt worden, daß hier in
einer allzu funktionalistischen Weise die Unterschiede zwischen der Justiz in
West- und Ostdeutschland eingeebnet worden seien, daß die politische Dimen-
sion etwas in den Hintergrund getreten sei. Darüber mag man streiten. Ich
glaube, der unbestrittene Verdienst dieser Arbeit besteht darin, daß empiri-
sches Material ausgebreitet worden ist. Die Bewertung dieses Materials ist
dann der nächste Schritt. Aber für jede wissenschaftliche Diskussion ist natür-
lich die Kenntnis der Tatsachen erforderlich, und diese Tatsachenbasis ist mit
diesem Band in weitem Umfang geliefert worden.

In diesem Zusammenhang ist auch die ebenfalls im Jahre 1994 eröffnete Wan-
derausstellung unter dem Titel „Im Namen des Volkes? Über die Justiz im
Staat der SED“ zu erwähnen, die vom Bundesministerium der Justiz auf den
Weg gebracht worden ist mit drei großen Begleitbänden, die in erster Linie
zwar auf die Popularisierung der erarbeiteten Kenntnisse angelegt sind, aber
auch in der Sache einen Erkenntnisgewinn bringen.

Weniger bekannt dürfte in diesem Kreise sein, daß im Max-Planck-Institut für
Europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt am Main 1989/90 ein groß ange-
legtes Forschungsprojekt unter dem Titel „Normdurchsetzung in osteuropäi-
schen Nachkriegsgesellschaften (1944 bis 1989)“ auf den Weg gebracht wor-
den ist, deren erste vier Bände in diesem Jahr erschienen sind. In dieses For-
schungsvorhaben ist neben Ungarn, Polen und der Tschechoslowakei auch die
SBZ/DDR mit einbezogen. Der erste Band hat auch gerade die SBZ/DDR zum