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Wahlperiode 13, Band VIII/1, Seiten 180 und 181
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Protokoll der 38. Sitzung

Wir wissen, daß das bis heute etwas umstritten ist. Drittens, und das war auch
wichtig für viele andere Teilnehmer, der Prozeß sollte schrittweise vorange-
hen, also nicht überstürzt, sondern es sollte einen Prozeß geben. Und viertens,
auch wichtig für andere Teilnehmer, Polen ist eben erwähnt worden, der Pro-
zeß sollte auf der Basis der Prinzipien von Helsinki stattfinden. Die Rechte
von allen sollten also berücksichtigt werden. Diese vier Prinzipien waren so
gemeint, und ich glaube, sie haben auch diese Rolle gespielt, sie bildeten eine
Definition für den Prozeß. Punkt eins, die Art und Weise der Entwicklung in-
nerhalb Deutschlands, sollte von den Deutschen selber entschieden werden.
Just zu dieser Zeit gab es sehr viele Vorschläge, nicht nur von sowjetischer
Seite: für eine große Viermächtekonferenz, wo das alles entschieden werden
sollte, oder, noch schlimmer, wenn ich das sagen darf, für einen riesigen
KSZE-Gipfel, wo ganz Europa das auspulen sollte. Bush hat sehr klar gesagt,
was innerhalb Deutschlands passiert, solle von Deutschen entschieden werden.
Ich glaube, das war ein sehr wichtiger Punkt. Punkt zwei, NATO, dazu brau-
che ich nicht viel zu sagen, das war das Fundament für die friedliche Ent-
wicklung. Daß der Prozeß schrittweise vorangehen solle, das sollte den Inter-
essen aller Rechnung zu tragen. Und der letzte Punkt, die Prinzipien von Hel-
sinki, ist, glaube ich, auch klar. Die Botschaft war, es wird eine Wiederverei-
nigung geben. Wie gesagt, ich nahm teil an den Beratungen in jenen Tagen,
und ich kann Ihnen klar sagen, daß das die Meinung des Präsidenten und sei-
ner höheren Berater war, aber auch, daß die Wiedervereinigung Teil eines er-
weiterten Sicherheitssystems sein sollte.

Die Ereignisse danach sind schon sehr gut geschildert worden, wahrscheinlich
hier auch heute. Die Änderungen erfolgten sehr schnell innerhalb der DDR,
aber auch in Osteuropa. Im Februar 1990 war es bereits ziemlich klar, daß der
Status quo sich nicht lange mehr werde halten können und Fortschritte ge-
macht werden mußten, damit der Vereinigungsprozess vorankam. Hier mach-
ten die USA offiziell einen weiteren Vorschlag, der, wie ich meine, den Prozeß
zum Erfolg geführt hat. Das waren die Zwei-plus-Vier Verhandlungen; Herr
Meckel kennt das sehr gut. Was haben sie erreicht? Sie haben erstens die zwei
deutschen Staaten als volle Teilnehmer installiert. Es hieß „Zwei-plus-Vier“,
Gorbatschow wollte „Vier-plus-Zwei“, es hieß „Zwei-plus-Vier“. Ich will hier
nicht neue Debatten anfangen, Gorbatschow wollte es, vielleicht andere auch.
Aber Zwei-plus-Vier bedeutete, daß die deutschen Staaten nicht nur das Objekt
von anderen, sondern Subjekte waren. Sie waren ein Teil des Prozesses. Aber
daß die Vier eine Rolle spielten, das war mein Gebiet für viele Jahre, Vier-
mächterechte und -verantwortlichkeiten, war auch notwendig. Irgendein
Schlußstrich mußte da gezogen werden, die Vier mußten irgendetwas tun. Wir
hatten auf westlicher Seite uns so lange bemüht, diese Viermächterechte und -
verantwortlichkeiten aufrechtzuerhalten, um unsere Position in Berlin zu stüt-
zen. Wir konnten nicht so agieren, als ob es sie nicht gäbe. Es mußte da ein
Schlußstrich gezogen werden. Es gab einen sehr sehr langen und komplizierten
Prozeß, aber im Endeffekt, glaube ich verkürzt sagen zu können, wurden die
Interessen aller gewahrt. Bush hat eine wichtige Rolle gespielt in Bezug auf

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Handlungsspielräume im Vereinigungsprozeß

die anderen führenden westlichen Persönlichkeiten, um sie auf der Linie zu
halten, doch immer auch ihren Interessen Rechnung getragen. Das hat der
Bundeskanzler auch Freitag und Sonnabend sehr klar gesagt und ferner, daß
die Zuammenarbeit mit Gorbatschow ihm auch geholfen habe, daß dieser im
Grunde, nachdem er alles eingesehen hatte, eine sehr konstruktive Rolle in die-
sem Prozeß gespielt hat.

Was heißt das nicht nur für die Vergangenheit, sondern auch für die Zukunft?
Das heißt, daß auch jetzt in diesen Jahren, wo sich sehr viel bewegt, es die
Vereinigten Staaten sind, die erstens die Distanz, auch die historische Distanz
haben, die Entwicklungen in Europa mit einem gewissen, ich würde sagen, po-
sitiven Abstand zu betrachten. Zweitens, das haben wir in anderen Fällen in
jüngster Zeit gesehen, daß es immer noch eines gewissen amerikanischen Ma-
nagements in Europa bedarf, um die Strategie in eine klare Richtung zu brin-
gen. Drittens natürlich – und hier ist ein Punkt, an dem mir ganz besonders
liegt, weil ich in vielen Debatten über die Jahre darin verwickelt war –, daß die
Vereinigten Staaten in Europa keine Status-quo-Macht sind, sondern die
Macht, die positive Entwicklungen will in Europa gerade in den kommenden
Jahren, in denen es, wie ich glaube, noch viel mehr Entwicklungen geben wird.
Wir werden unsere Rolle spielen, und es wird eine sehr wichtige Rolle sein
zugunsten positiver und dynamischer Änderungen auf dem Kontinent. Danke.

(Beifall)

Gesprächsleiter Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Adolf Jacobsen: Vielen Dank Herr
Botschafter Kornblum für Ihren Beitrag. Er zeigte, wie gut doch letzten Endes
unser Vorschlag gewesen ist, den Versuch zu machen, das ist ja auch bei Herrn
Reiter schon deutlich geworden, auf der einen Seite Experten, die sich wissen-
schaftlich mit der Thematik auseinandergesetzt haben, mit Insidern auf der an-
deren Seite zusammenzubringen. Gerade bei dem Beitrag von Herrn Kornblum
wurde interessanterweise die Offenheit geschichtlicher Prozesse doch eigent-
lich sehr schön deutlich. Ich weise auf Folgendes noch einmal hin: Die beiden
Herren Botschafter haben bis 15:00 Uhr Zeit, uns Rede und Antwort zu stehen.
Wir haben bereits einige Meldungen vorliegen. Ab 15:00 Uhr können Sie dann
weitere Fragen an die vier Referenten stellen, die heute vormittag ihre Beiträge
geboten haben. Aber zunächst konzentrieren wir uns auf Herrn Reiter und
Herrn Kornblum. Ich wäre dankbar, wenn Sie sich in Ihren Wünschen nach
Information ein wenig zügeln würden, das heißt, nicht gleich jedem zwei oder
drei Fragen stellten, sondern sich so beschränkten, daß diejenigen Herren der
Kommission, die sich zu Wort gemeldet haben, die Möglichkeit haben, hier
ihren Beitrag beziehungsweise ihre Frage anzubringen. Ich darf zunächst ein-
mal verlesen, wir haben folgende Wortmeldungen: Als erster Herr Wilke, dann
Herr Meckel und Herr Poppe, dann Herr Elm als Nummer vier, und Herr Fau-
lenbach kommt dann als Nummer fünf in dieser ersten Runde an die Reihe.
Bitte schön Manfred Wilke.

Sv. Prof. Dr. Manfred Wilke: Herr Botschafter Kornblum, ich lebte 1987 in
West-Berlin und hatte gelernt, wie wichtig es war, daß die Soldaten mit dem