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Wahlperiode 12, Band II/1, Seiten 204 und 205
204
Protokoll der 20. Sitzung

Obersten Gerichtes war, nicht noch Urteile gefällt haben, die rechtswidrig
waren, und dafür zur Verantwortung gezogen werden müßten.

Ich danke Ihnen.

(Beifall)

Gesprächsleiter Martin-Michael Passauer: Wir müssen jetzt das Kunststück
fertigbringen, daß wir in einer guten Viertelstunde noch alle Wortmeldungen,
die sich aus der Enquete-Kommission ergeben haben, abwickeln. Vielleicht
kann ich die Vertreterinnen und Vertreter der Enquete-Kommission bitten,
daß sie auf manche inhaltliche Dinge noch einmal reagieren. Unrechtsberei-
nigungsgesetz, Rehabilitierung, Entschädigung waren ja Begriffe, die immer
wieder genannt worden sind. Wenn Sie vielleicht aus Ihrer Sicht dazu noch
etwas sagen können?

Wir haben noch eine Wortmeldung aus dem Plenum. Bitte.

Peter Stimming: Mein Name ist Peter Stimming. Ich vertrete den Bund der
Stalinistisch Verfolgten, Landesverband Berlin.

Ich möchte doch noch einmal daran erinnern, daß in diesem ersten Unrechts-
bereinigungsgesetz viele Leute und viele Bürger vergessen worden sind. Da
sind die deportierten Frauen, die auch schon erwähnt worden sind, und die
deportierten Männer aus den Ostgebieten. Die haben sehr Schweres durchge-
macht und sind meistens erst in den fünfziger Jahren wiedergekommen und
wurden danach auch hier diskriminiert. Das zieht sich durch das ganze Leben.
Sie sind erst deportiert worden, haben die schwere Zeit in den russischen
Lagern mitgemacht, sind danach hierhergekommen und konnten keine richtige
Ausbildung machen, und sie sind im Endeffekt jetzt auch wieder diejenigen,
die mit den niedrigen Renten dastehen. So sieht das aus.

Andere Leute, die sich angepaßt haben, dicke Bonzen waren, kriegen jetzt die
hohen Renten, mindestens 2.000 DM. Das ist eine sehr große Ungerechtigkeit
diesen Leuten gegenüber.

Eine zweite Gruppe, die auch nicht berücksichtigt worden ist, sind zum
Beispiel die Angehörigen der in den kommunistischen Konzentrationslagern
nach 1945 Umgekommenen. Zu dieser Gruppe gehören 80.000 Menschen,
die in den kommunistischen Konzentrationslagern auf dem Gebiet der DDR
umgekommen sind. Deren Angehörige, die Witwen und Waisen, die damals
die schwere Zeit durchmachen mußten, haben bisher keinen Pfennig gesehen
und kriegen auch nach dem Gesetz nichts. Das ist eine große Ungerechtigkeit.
Wir werden in dieser Angelegenheit vor das Verfassungsgericht ziehen. – Das
sind die zwei Gruppen, die besonders stark betroffen sind.

(Beifall)

Gesprächsleiter Martin-Michael Passauer: Vielen Dank für die Ergänzung.
– Ich lese jetzt einmal die Wortmeldungen derjenigen vor, die ich mir
aufgeschrieben habe: Herr Dehnel, Herr Krause, Frau Michalk, Herr Schröder,

205
SED-Diktatur – Unterdrückungsmechanismen/Alltag

Herr Meckel, Herr Ullmann. Habe ich noch jemand vergessen? – Frau
Wilms.

Herr Dehnel, bitte.

Abg. Dehnel (CDU/CSU): Wir sind natürlich alle sehr beeindruckt von den
Schilderungen der Schicksale. Ich möchte Bezug nehmen auf Herrn Hussock
und Herrn Köhler, die hier beide über Gruppen gesprochen haben. Herr Köhler
hat über einen Einzelfall gesprochen, und zwar geht es um die Frauen der
Verschleppten. Da kann ich eine Empfehlung geben.

Wir haben ja nicht nur die Enquete-Kommission im Deutschen Bundestag,
sondern auch den Petitionsausschuß. Ich empfehle Ihnen, das Sie einmal eine
Petition an den Petitionsausschuß des Deutschen Bundestages übergeben. Wir
haben sogar drei Mitglieder in der Enquete-Kommission, die das entsprechend
begleiten würden. Ich glaube, da würden wir am ehesten zu einem Erfolg
kommen. – Ich weiß nicht, ob Sie das schon getan haben.

(Herr Köhler: Das haben wir getan!)

Peter Stimming: Wir haben schon mehrere Petitionen an den Petitionsaus-
schuß geschrieben. Bisher ist das alles negiert worden. Wir haben auswei-
chende Antworten bekommen und konnten damit nichts anfangen. Wir sind
an die Zeitung gegangen, wir haben den Petitionsausschuß angeschrieben.
Wir haben einen Aufruf an den Bundespräsidenten geschickt, an den Bun-
deskanzler, an sämtliche Ministerpräsidenten – speziell im Hinblick auf die
deportierten Frauen – und haben versucht, auch auf den Bundesrat Einfluß zu
nehmen, aber die Opfer sind eben zu schwach. Das ist der Ausdruck. Wir
schaffen es aus finanziellen Gründen nicht, bei den Leuten Gehör zu finden.
Wir haben vorhin von Herrn Bude gehört, es sind 0,23 % vom Haushalt für
diese ganze sieben Jahre vorgesehen. Sollen denn all die Leute erst sterben,
um eine biologische Lösung zu finden?

(Beifall)

Gesprächsleiter Martin-Michael Passauer: Darf ich Sie daran erinnern,
daß wir die Regeln des Parlamentarismus einhalten? Wir hatten die Aussprache
im Plenum eigentlich geschlossen und wollten jetzt hören, was die Damen und
Herren Abgeordneten sagen. Wenn wir dann noch ein bißchen Zeit haben –
wir sind wirklich im Druck –, dann würde ich Sie noch innerlich und äußerlich
vormerken. – Jetzt hat Herr Dehnel wieder das Wort.

Abg. Dehnel (CDU/CSU): Ich möchte zur Richtigkeit noch bemerken,
daß ich Herrn Russow und Herrn Köhler mit ihren beiden Fällen gemeint
hatte.

Dann hätte ich noch eine Frage an Herrn Wolf. Wie stellen Sie sich zu den
Geschichtsdaten 17. Juni 1953, August 1968, Mauerbau 1961 und dann zum
Mauerfall 1989?

Abg. Dr. Krause (Bonese) (CDU/CSU): Gestatten Sie, daß ich jetzt nicht