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Wahlperiode 12, Band V/1, Seiten 36 und 37
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Protokoll der 46. Sitzung

Status quo durch Ost-Berlin, durch die DDR-Regierung jedenfalls ein Stück
konterkariert.

Vierte Bemerkung: Als im Zusammenhang mit dem Berlin-Ultimatum seit
November 1958, vor allem im Herbst 1959, nachdem die Bundesrepublik und
die DDR zum erstenmal am Genfer Katzentisch international gleichbehandelt
worden sind, bei den Gesprächen Eisenhower-Chruschtschow in Camp David
sich die Möglichkeit abzeichnete, daß die amerikanische Politik eine praktische
Berlin-Regelung nach dem Muster der zuerst von John Foster Dulles kurz vor
seinem Tod formulierten Agententheorie – also DDR-Grenzbeamte bei der
Kontrolle der Zugangswege als Agenten der Sowjets – akzeptieren würde, war
aus der Sicht Adenauers, wie die damals wieder aufgenommenen vertraulichen
Gespräche mit Chefredakteuren in Bonn zeigten, jedenfalls die Tendenz zur
internationalen Anerkennung der DDR unaufhaltsam.

Er hatte sich aber auf der anderen Seite im Mai 1960 riesig gefreut, als die
Pariser Gipfelkonferenz platzte.

Zitat: „Wir haben noch mal fies Jlück jehabt.“ Ich kann das Kölsche leider
nicht so gut.

Gesprächsleiterin Dr. Dorothee Wilms (CDU/CSU): Das war kein gutes
Kölsch!

Abg. Prof. Dr. Hartmut Soell (SPD): Das gebe ich zu, aber das Zitat ist
trotzdem von seinem Pressechef Felix von Eckardt übermittelt, dem Adenauer
dies gesagt hat.

Fünfte Bemerkung. Es ist sehr zu diskutieren, ob frühere Lösungen in dem
bezeichneten Sinne die Rigidität des Grenzregimes ab dem 13. August 1961
hätten verhindern können. Klar ist, daß es in jedem Fall ein Grenzregime
gegeben hätte, damit die DDR im Sinne der Sowjetunion und der anderen
Mitgliedstaaten des Warschauer Pakts stabilisiert werden konnte. Klar ist
auch – darauf hat ja vorher der kleine Disput zwischen Frau Wilms und
Herrn Mahncke schon hingewiesen –, daß ab 1962, also unmittelbar nach der
Mauer, umfangreiche, massive Berlin-Hilfen von seiten der Bundesregierung
gekommen sind, die in ihren materiellen, wirtschaftlichen, sozialen und auch
kulturellen Auswirkungen erheblich größer waren als in den 50er Jahren
insgesamt durch das sogenannte Notopfer Berlin. Dazu braucht es hier in
diesem Kreis keine zusätzlichen Ausführungen. Denn der Abbau dieser Berlin-
Hilfen in den letzten Jahren – er findet ja nach wie vor statt – bringt ja
erhebliche Einbußen, insbesondere für die West-Berliner. Daraus kann man
den massiven Charakter dieser Hilfen ersehen.

Noch eine Bemerkung: Die Wende in der Ostdeutschland/Berlin-Politik, zuerst
in der politischen Führung West-Berlins, später in ersten Ansätzen der Großen
Koalition und schließlich in den entscheidenden Schritten der sozialliberalen
Koalition ab 1969, ist durch die Erfahrungen des 13. August 1961 in Gang

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Internationale Rahmenbedingungen

gekommen. Brandt hat dies am 25. Februar 1970 im Bundestag deutlich gesagt.
Damals wurde ein Vorhang weggezogen, und es stellte sich heraus: Die Bühne
war leer.

Der Antwortbrief John F. Kennedys auf einen Brief, den Willy Brandt
unmittelbar nach dem 13. August geschrieben hat, um die Nöte der Stadt
und insbesondere die psychologische Situation darzulegen, machte dann auch
deutlich, daß es unabhängig von der Sicherung der drei Essentials wichtig
war, sich nicht im politischen Status guo einzurichten. Und daraus wurden
dann ganz bestimmte Konsequenzen gezogen.

Letzter Punkt, der auch die Diskussion mit Herrn Mahncke noch erwähnt: Da
ich selber einer der Betroffenen der Maßnahme der Bundesregierung nach
1961 war – durch die Verlängerung der Wehrpflicht –, ist es nicht ganz
richtig, wenn Sie sagen, daß es keine militärischen Maßnahmen außer dieser
Verlängerung der Dienstzeit der Zeitsoldaten gegeben habe. Die Wehrpflicht
wurde unmittelbar nach dem Mauerbau zunächst auf 15 Monate erweitert, ab
1962 auf 18 Monate. Soviel zur Ergänzung dessen, was Herr Mahncke gesagt
hat. (Beifall)

Gesprächsleiterin Dr. Dorothee Wilms (CDU): Vielen Dank, Herr Soell.
Daß es mich jetzt juckt, einiges zu sagen, möge man verstehen. Aber ich
bin heute nur Moderator; deshalb gebe ich jetzt das Wort Herrn Professor
Wilke, sachverständiges Mitglied der Enquete-Kommission für die CDU/CSU-
Fraktion. Bitte schön.

Sv. Prof. Dr. Manfred Wilke: Liebe Frau Vorsitzende! Meine Damen und
Herren! Ich will kurz zu einem Aspekt sprechen und den Faden weiterspinnen,
den Stefan Wolle vor mir schon gelegt hat, welche Rolle das Volk von Berlin
in der deutschen Nachkriegsgeschichte gespielt hat. Dabei werde ich mich
auf die Grundfrage deutscher Politik nach 1945 konzentrieren: Wo gehört
Deutschland hin, West- oder Ostorientierung?

Wir alle kennen das Bild. 1945 wurde auf diesem Reichstag die rote Fahne
gehißt. Wir wissen auch, daß das Bild als Propagandacoup geplant wurde.
Mit dem Bild wollte die Sowjetunion den Deutschen deutlich machen, wer
der Sieger ist.

Die Alliierten hatten Berlin aus den Besatzungszonen herausgenommen, um
hier in der Hauptstadt des bezwungenen Reiches gemeinsam als Sieger über
Deutschland zu entscheiden. Keine Macht hat die Teilung explizit gewollt.
Roosevelt hat in Jalta hellsichtig gesagt: Vielleicht wird aus Besatzungszonen
die Teilung werden, auf die sich die „großen Drei“ in Jalta nicht einigen
konnten.

Aber der Sonderstatus Berlins machte eines deutlich, über die Deutschen
sollte verfügt werden, um die drei zentralen Ziele alliierter Nachkriegspolitik
durchzusetzen: Entmilitarisierung, Entnazifizierung und Demokratisierung.