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Themenbereich das Wort ergreifen. Das ist einmal Landespolizeidirektor
Manfred Kittlaus und danach Herr Uwe Schmidt, er ist Abteilungsleiter bei der
Zentralen Ermittlungsstelle Regierungs- und Vereinigungskriminalität beim
Polizeipräsidium Berlin. Es gibt Erfahrungen mit dem Wirken von Seilschaften
in den neuen Bundesländern in Verbindung mit Erscheinungen der Regierungs-
und Vereinigungskriminalität.
Landespolizeidirektor Manfred Kittlaus: Herr Vorsitzender, meine sehr ver-
ehrten Damen und Herren! Wir wollen uns bemühen, in der uns vorgegebenen
Zeit unsere Darstellung vollständig herüberzubringen. Ich kann mich dabei
auch schon auf einige Ausführungen des Herrn Staatsanwaltes Erbe beziehen,
weil die Tätigkeiten der Staatsanwaltschaft im wesentlichen deckungsgleich
sind mit denen der Kriminalpolizei, soweit es die strafprozessuale Einzelfal-
lermittlung betrifft. Herr Erbe hat aber zu Recht schon darauf hingewiesen,
daß neben seiner Abteilung, die eine Abteilung der Staatsanwaltschaft bei
dem Landgericht Berlin ist, auch eine Zentrale Arbeitsgruppe Regierungs-
kriminalität bei der Staatsanwaltschaft beim Kammergericht gebildet wurde.
Wir als Kriminalpolizei arbeiten beiden Staatsanwaltschaften zu. Ich möchte
darauf hinweisen, daß wir auch für die Staatsanwaltschaften der übrigen
Bundesländer, insbesondere die Schwerpunktstaatsanwaltschaften in den fünf
neuen Bundesländern sowie auch in der Zwischenzeit für den Generalbun-
desanwalt arbeiten. Daraus ergeben sich gewisse Unterschiede, die in meiner
Darstellung, wie ich meine, bedeutsam und hervorzuheben sind, weil es sich
hier um einen Kriminalitätskomplex handelt, der an sich ganzheitlich erforscht
werden sollte, wo auch die Informationsauswertung, die Informationssamm-
lung in ihrer Gesamtheit zum Erfolg führen könnte. Dies ist aber derzeit
leider auf Grund der Strukturen der bundesdeutschen Strafverfolgungsorgane
noch nicht gewährleistet, mindestens nicht systematisch gewährleistet. Die
Zentrale Ermittlungsstelle Regierungs- und Vereinigungskriminalität gliedert
sich in zwei Referate. Im ersten Referat wird das bearbeitet, was heute hier
im wesentlichen Gegenstand der Erörterung ist – die vereinigungsbedingte
Wirtschaftskriminalität, die sich aus der Zeit der real existierenden DDR,
aus der Übergangsphase in den bekannten geschichtlichen Abläufen und
den sich immer stärker verfestigenden gegenwärtigen Strukturen krimineller
Organisationen, die ganz wesentlich auch in die Zukunft hineinwirken werden,
ergibt.
Wir haben nach zwei Jahren z.Zt. rd. 80 % unseres Personals erreicht. Wir
haben nicht die räumliche Zusammenführung, die zwingend nötig wäre. Wir
arbeiten auch heute immer noch an sechs Standorten in Berlin mit der
Hoffnung, Ende des Jahres eine zentrale Unterkunft zu finden, die – wie
ich meine – zwingend erforderlich ist, um den Informationsaustausch in
diesem Bereich zu sichern. Und wir haben Paralleldienststellen in den fünf
Bundesländern, die bisher in keiner Weise personell, sachlich und auch in der
Struktur geeignet sind, diesem Kriminalitätsfeld Rechnung zu tragen.
Der Zusammenbruch des staatlichen Gefüges der ehemaligen DDR, die
grundlegenden Veränderungen der rechtlichen, sozialen und wirtschaftlichen
Strukturen, haben – wie nicht anders zu erwarten – auch eine Vielzahl von
Straftätern dazu bestimmt, sich auf diesem Feld zu betätigen, um ihre Ziele,
den illegalen Erwerb von Gewinnen auf der einen Seite und die Sicherung
dieses Gewinnes auf der anderen Seite sowie drittens das Verdecken der
Tätigkeiten und Verantwortlichkeiten zur Zeit der bestehenden DDR, soweit
sie strafrechtlich zu würdigen waren, zu verfolgen. Unsere Aufgabe ist es,
dieser großen Vielfalt von Möglichkeiten strafbaren Tuns nachzugehen, die
sich aus – wie wir immer mehr feststellen – einem überwiegend straff
organisierten Zusammenwirken von Personen und unterschiedlichen Organi-
sationsstrukturen inzwischen ergeben haben. Insofern sind diese Strukturen
aufzuhellen, die teilweise weit in die Vergangenheit zurückreichen, und hier
fehlt es uns, wie ich meine, ganz maßgeblich an einer wissenschaftlichen
Untermauerung unserer Arbeit. Wir haben, anders als beispielsweise die Zen-
trale Erfassungsstelle für nationalsozialistische Verbrechen in Ludwigsburg,
bisher keine wissenschaftliche Begleitung. Wir können uns nur stützen auf
sporadische Hilfe von Historikern, aber eine systematische Begleitung unserer
Arbeit durch Zeithistoriker ist leider bis jetzt noch nicht festzustellen.
Wir stellen kriminalpolizeilich fest, daß die Strukturierung, das Zusammen-
wirken von Personen und Personengruppen ganz klar die klassische Form
organisierter Kriminalität erreicht hat und sich weiter in dieser Richtung
verfestigt. Wir stellen fest, daß es einen Verbund organisierter Wirtschafts-
krimineller aus dem alten Bundesgebiet, aus dem westlichen Ausland, mit
personellen Strukturen in der Bundesrepublik, insbesondere auch Exilanten aus
dem Ostblock einerseits und andererseits mit personellen Strukturen aus der
vergangenen DDR, also den Kadern der früheren DDR gibt. Die Ermittlungen
enthalten, wenn sie erfolgreich geführt werden, den bedeutsamen Effekt der
Störung und möglichst Unterbrechung und Unterbindung der Straftaten, vor
allem aber auch den Erfolg, daß die Verfestigung und Entwicklung krimineller
Strukturen gegenwärtig und für die Zukunft behindert, möglichst verhindert
wird. Die Ermittlungen personeller Zusammenschlüsse des arbeitsteiligen Zu-
sammenwirkens von Personen folgen insoweit ganz klar den Grundprinzipien
kriminalpolizeilicher Ermittlungsarbeit gegen die Netzstrukturen organisierter
Kriminalität, die sich hier in diesem Feld ganz deutlich zeigt. So und mit
dieser Zielrichtung sind die Aufklärungsbemühungen der ZERV zur personel-
len Zusammensetzung agierender Firmen und Firmengruppen und sonstiger
personellen Strukturen zu verstehen. Insofern bewegen wir uns mit dem heute
hier behandelten Thema der Seilschaften in den „oK“-typischen, also typisch
für organisierte Kriminalität angelegten Ermittlungen. Daraus ergeben sich