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der Treuhandanstalt saß, der jetzt, nach meinen Informationen, wieder Per-
sonalleiter in der Bodenverwaltungs- und -verwertungsgesellschaft der Treu-
handanstalt ist, wo neben ihm viele andere Genossen sich zusammengefunden
haben.
Im Prinzip ist es auch das, was bei den Leuten heute dazu führt, daß sie
keine Eingaben mehr beim Arbeitsamt machen, weil sie sagen: „Es tut sich
ja doch nichts, wo ist denn jemand, wo ich mich hinwenden kann, wen kann
ich gewinnen, wer ist Lobby für uns?“. Ich höre zwar immer gerade von
westdeutschen Politikern, die recht weit in Bonn sitzen und scheinbar mit dem
Problem nicht so vertraut sind, man solle doch endlich mit dieser Diskussion
aufhören und die Ausgrenzung soll endlich aufhören. Ich frage mich bloß, wo
werden diese Leute ausgegrenzt. Sie sind an den Schaltstellen, sie sitzen in den
Betrieben an verantwortlichen Positionen, vielleicht werden sie im politischen
Leben etwas ausgegrenzt. Aber über die wirtschaftliche Macht kann man da
ja auch wieder etwas dran drehen. So richtig kann ich diesem allgemeinen
Vorwurf, der hier immer so unterschwellig kommt, einfach nicht folgen. Es
werden eher die anderen ausgegrenzt, die sowieso schon keine Chance hatten,
die jetzt wieder keine Chance kriegen, weil sie keine Sprachrohre haben, keine
Lobby, keine Interessenten. Und insofern finde ich es eben gut, daß heute in
der Enquete-Kommission so ausgiebig über dieses Thema referiert worden ist
und auch diese Dinge noch einmal aufgekocht werden, denn eigentlich haben
wir ja alle schon resigniert. Wir haben ja schon aufgegeben. Ich merke es an
uns selbst, wir sind ja mit so viel Vehemenz an diese Dinge herangegangen,
und wir sagen jetzt „wozu?“. Wir können es nicht ändern, man muß mit den
Dingen so leben, und das finde ich eigentlich sehr traurig. Denn wir waren ja
angetreten im Herbst 1989, daß wir etwas verändern wollten, und im Prinzip
haben wir alles in den Betrieben so behalten. Und diese Resignation, die sich
überall abspielt, ist eigentlich auch dem geschuldet, daß man ja gar nicht
erlebt, wie sich Demokratie in den Betrieben abspielt, das ist ja eigentlich
unsere Erlebniswelt. Es sind die alten Strukturen, die das Sagen haben, und ich
muß sagen, ich bin heute früh etwas schockiert worden, was hier im FOCUS
über mich geschrieben wird. Wenn ich morgen in den Betrieb komme, weiß ich
nicht, was da wieder losgeht. Wir sind hier wie konspirativ und versuchen,
unsere Dinge zu machen. Wir haben keinen Schutz. Und man findet, wenn
man Leute los sein will, die Möglichkeit, dann wird Ihnen fachliches Versagen
oder was weiß ich, Störung des Betriebsfriedens oder was weiß ich, was
man ihnen anhängt, vorgeworfen. Jedenfalls finde ich es notwendig, daß man
sich diesen Fragen offen stellt. Man muß darüber reden und das auch in die
Öffentlichkeit bringen. Es ist zwar schön, daß hier so viele Leute sind, aber es
verlassen die Fragen der Belastung und diese Dinge eigentlich diesen Raum
nicht. Es ist auch ein Problem, daß moderne Unternehmen, die ja soviel von
Unternehmensphilosophie und von Firmenethos und weiß ich wovon reden,
sich hochbezahlte Stasileute als Berater oder Mitarbeiter leisten können. Ich
kann das alles einfach nicht mit nachvollziehen.
Ich will jetzt hier aufhören, aber sagen, stellen Sie sich vor, wenn das Wahljahr
1994 kommt, was da passiert. Ich denke mir, daß da einige mit bestimmten und
gezielten Indiskretionen an die Öffentlichkeit gehen und daß dieser Wahlkampf
eine Schlammschlacht wird, wenn nicht sauber aufgearbeitet und offen über
die Dinge geredet wird, ohne Ansehen der Personen, ohne Ansehen der
Parteien. Da habe ich ganz große Befürchtungen, daß sich da etwas abspielen
wird.
Eine Bitte habe ich noch: Was uns in diesem ganzen Prozeß auch sehr, sehr
traurig stimmt, ist, daß gerade westdeutsche Personalleiter mit Klischees hier
auftauchen und Personalpolitik machen, indem sie sagen, wer nicht in der
SED war, der hatte natürlich kein Karrierebewußtsein. Und wer nicht in der
SED war, dem fehlt natürlich auch Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber.
Ich finde, das ist ja der Zynismus in Hochpotenz, das kann ja wohl nicht
wahr sein. Aber nach diesen Kriterien wird dort in den Personalabteilungen
Personalpolitik gemacht und ich finde, das ist ganz schlimm. Es entwertet
Lebenshaltungen, das ist eine ganz schlimme Situation. Wenn jemand glaubt,
das ist vielleicht aus der Luft gegriffen – ich könnte den Namen nennen. Der
hat sich beworben und unter der Hand – man hat es ihm nicht offiziell gesagt –
wurde ihm das als Grund dafür, daß er nicht genommen wird, gesagt. Ich
denke, er hat kein Interesse, das zu erfinden, sondern es ist so. Ich muß sagen,
die Erlebniswelt, die wir so haben, und da können viele anders reden, ist nicht
so, wie sich manche das wünschen und sicherlich schönreden möchten. Es ist
etwas anders. Schönen Dank.
Gesprächsleiterin Maria Michalk (CDU/CSU): Herzlichen Dank, Frau
Jeske, für Ihr engagiertes Vortragen, und ich denke schon – das ist auch eine
Hoffnung von mir –, daß es heute ein Signal nach außen gibt. Daß uns das
Thema „alte Seilschaften“ sehr beschäftigt, sollte eben nicht nur in diesem
Raum bleiben, das ist ja auch Sinn und Zweck der heutigen Veranstaltung.
Jetzt will ich das Wort weitergeben an Frau Sybille Tonndorf-Ehrke.
Sybille Tonndorf-Ehrke: Verehrte Frau Michalk, sehr geehrte Damen und
Herren! Ich möchte mich zuerst für Ihre Einladung zur heutigen Anhörung
vor der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages bedanken. Sie haben
mir die Gelegenheit eingeräumt, stellvertretend für alle, die in gleicher oder
ähnlicher Situation sind, zu sprechen. Seit 1.6.1991 bin ich Mitarbeiterin
der Bundesanstalt für Arbeit, versehe meinen Dienst im Arbeitsamt IX Ber-
lin, z.Zt. abgeordnet zum Arbeitsamt VII. Daher möchte ich über meine
Erfahrungen mit Führungskräften und Mitarbeitern, die ich in dieser Zeit
gesammelt habe, berichten. In den ersten Monaten des Jahres 1990 wurden die
heutigen Arbeitsämter der neuen Bundesländer unter dem Druck der schnell
wachsenden Arbeitslosigkeit geschaffen. Diese war mit der Wende durch