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Wahlperiode 13, Band I, Seiten 196 und 197
196
Enquete-Kommission

Gesetzgeber 1997 beschlossene „Moralische Rehabilitierung“ (§ 1 a VwRehaG)
endlich mit Leben zu erfüllen. Die Zivilcourage und die individuellen Schick-
sale der Opfer verlangen danach, daß Staat und Gesellschaft ihrer moralischen
Bringschuld zur Wiederherstellung der persönlichen Würde der Opfer ent-
schlossen nachkommen.

 

Sondervotum der Mitglieder der Fraktion der SPD sowie der
Sachverständigen Burrichter, Faulenbach, Gutzeit und Weber

Handlungsempfehlungen

Wie sich an den entsprechenden Zahlen ablesen läßt, hat sich insbesondere die
strafrechtliche Rehabilitierung bewährt. Zur Akzeptanz dieser Regelung mö-
gen auch die Entschädigungsleistungen des StrRehaG beigetragen haben. Den-
noch blieben die genannten gravierendsten Lücken und Mängel gerade auch
im StrRehaG nach wie vor bestehen, da die Fraktionen der CDU/CSU und der
F.D.P. in der 13. Wahlperiode die Behebung dieser Lücken und Mängel gegen
entsprechende Vorschläge der SPD-Fraktion blockierten. Der Umstand, daß
die Koalition nun nach dem Abschluß der parlamentarischen Beratungen ihre
politischen Positionen, insbesondere zur Kapitalentschädigung, verlassen hat
und auf die Positionen der SPD eingeschwenkt ist, muß Irritationen bei den
Opfern hervorrufen. Für sie wäre es besser gewesen, wenn die Koalition ihnen
nicht zugemutet hätte, in besonderer Weise die Lasten der angespannten Haus-
haltslage zu tragen, während die Bundesregierung gleichzeitig keine Kosten
gescheut hat, um mit mehrstelligen Milliardenbeträgen den finanziellen An-
sprüchen der ehemaligen Alteigentümer jetzt ostdeutscher Immobilien entge-
genzukommen. Hätte hingegen die Koalition ihre heutigen Positionen zur Ka-
pitalentschädigung bereits innerhalb der parlamentarischen Beratungen der zu
Ende gehenden Legislaturperiode eingenommen, wäre es möglich gewesen,
überparteilich einen Konsens über die notwendige, angemessene und deutliche
Besserstellung der Opfer der SED-Diktatur zu finden.

Die an den Rehabilitierungszahlen ablesbare geringe Akzeptanz sowohl des
VwRehaG als auch des BerRehaG mag auch mit den geringen Leistungen die-
ser Gesetze zusammenhängen. Verbesserungen sind deshalb auch hier unum-
gänglich.

Die Bundesregierung und die Fraktionen der CDU/CSU und der F.D.P. müs-
sen sich endlich von ihrer Vorstellung lösen, daß Rehabilitierung und Entschä-
digung der Opfer politischer Verfolgung in der SBZ/DDR eine Unterabteilung
der Sozialhilfe darstellen. Notwendig zur Wiederherstellung von Recht und
Würde des einzelnen ist vielmehr die Anerkennung eines zu Unrecht erlittenen
individuellen Schicksals. Das ist auch eine Frage der Glaubwürdigkeit des de-
mokratischen Rechtsstaats.

Im einzelnen werden folgende Verbesserungen vorgeschlagen:

197
Schlußbericht
  • Zentraler Mangel des StrRehaG ist die Höhe der Kapitalentschädigung. Sie
    muß in Anlehnung an das Gesetz über die Entschädigung der Strafverfol-
    gungsmaßnahmen auf einheitlich 600 DM pro Haftmonat für alle ehemali-
    gen politischen Häftlinge der SBZ/DDR angehoben werden.
  • Die Vererbbarkeit der Kapitalentschädigung an erheblich mitbetroffene
    nächste Angehörige sowie an Hinterbliebene von Hingerichteten und Mau-
    eropfern.
  • Einbeziehung von Personen in das StrRehaG, die eine Aufforderung zur
    stationären Behandlung in einer psychiatrischen Anstalt erhielten und zur
    Vermeidung einer Zwangseinweisung dieser freiwillig Folge geleistet ha-
    ben.
  • Die volle Einbeziehung der aus Gebieten östlich von Oder und Neiße in die
    Sowjetunion Verschleppten in das Häftlingshilfegesetz.
  • Die Verbesserung der Regelung zur Anerkennung gesundheitlicher Haftfol-
    geschäden durch einen Vermutungstatbestand analog dem Bundesentschä-
    digungsgesetz sowie die Beseitigung von Vollzugsdefiziten bei der Er-
    leichterung der ärztlichen Begutachtungsverfahren von Haftfolgeschäden.
  • Eine Verbesserung der Rentenberechnung nach dem Zweiten SED-Un-
    rechtsbereinigungsgesetz.
  • Ein Rentenausgleich für verfolgte Schüler, die bereits von der Polytechni-
    schen Oberschule relegiert wurden und denen entgegen der Schulpflicht die
    Erreichung eines Schulabschlusses verwehrt wurde oder die aus diesem
    Grunde die Erweiterte Oberschule nicht besuchen konnten.
  • Die Verbesserung für Zwangsausgesiedelte im Hinblick auf die Rückzah-
    lungsverpflichtung von erhaltenen Entschädigungsleistungen sowie bei den
    Ansprüchen auf entzogenes Bodenreformland.

 

Stellungnahme der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und der F.D.P.
sowie der Sachverständigen Fricke, Huber, Jacobsen, Maser, Moreau und
Wilke zu dem vorstehenden Sondervotum

Es ist bedauerlich, daß die SPD, die diesen Berichtsteil zur Rehabilitierung der
Opfer der SED-Diktatur und zur Leistungsfähigkeit des Rechtsstaates im Kon-
sens mit den anderen Fraktionen erarbeitet und gestaltet hat, aus vordergründi-
gen wahltaktischen Überlegungen diesen Konsens aufgekündigt hat.

Das Sondervotum der SPD enthält unredliche Tatsachenverdrehungen. Insbe-
sondere sind – entgegen den Behauptungen der SPD – die Fraktionen der
CDU/CSU und der F.D.P. im Hinblick auf weitere Verbesserungen der Reha-
bilitierungsleistungen für Opfer der SED-Diktatur keineswegs von den bereits
während der parlamentarischen Beratungen über Entschädigungsleistungen
vertretenen Positionen abgewichen, sondern haben bereits seinerzeit betont,