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Wahlperiode 13, Band III/1, Seiten 254 und 255
254
Protokoll der 29. Sitzung

vollzieht. Aber wir müssen offener darüber reden, und dieses sicherlich nicht
in Form von Sonntagsreden. Herzlichen Dank.

Gesprächsleiter Abg. Dr.-Ing. Rainer Jork (CDU/CSU): Herzlichen Dank
Frau Staake. Ich möchte nun Herrn Dr. Hielscher, Unternehmer und Vizeprä-
sident der IHK, hier in Dresden das Wort geben. Er ist ja ein Platzhirsch,
möchte ich fast sagen, und ich denke, wir können in seinen Bemerkungen auch
erwarten, daß wir noch einmal zu einem gewissen Orts- oder Landesbezug
kommen. Bitte Herr Hielscher.

Dr. Günter Hielscher: Ja, schönen Dank, Herr Dr. Jork, werter Herr Vorsit-
zender, werte Mitglieder der Enquete-Kommission. Ich möchte mit meinem
Beitrag einen Situationsbericht geben und nicht zu sehr in der Vergangenheit
schwelgen und mich auch nicht in der gesamten Breite, was das Thema zuläßt,
auslassen. Dazu haben sich Herr Claßen und Frau Staake schon sehr umfas-
send geäußert.

Ich möchte zunächst die Situation aus meiner Sicht mit ein paar Sätzen cha-
rakterisieren. Die wirtschaftliche Lage in der Industrie ist insgesamt weiterhin
angespannt. Positive Entwicklungen in ausgewählten Branchen stimmen hoff-
nungsvoll. Ein Durchbruch in aller Breite in der Weise vergleichbarer Indu-
striebranchen zu den alten Bundesländern ist noch nicht in Sicht. Der selbst-
tragende Aufschwung wird noch einige Jahre unternehmerische Aufbauarbei-
ten in den neuen Bundesländern und solidarische Unterstützung durch die alten
Bundesländer benötigen. Das bisher Geleistete nötigt Respekt ab und verdient
Anerkennung. Der nötige Kapitalaufwand und der Zeithorizont wurden bisher
falsch eingeschätzt.

Ich möchte auch hier gleichzeitig als einen wichtigen Ausblick anschließen,
daß wir dann von einer Vollendung der wirtschaftlichen und sozialen Einheit
möglicherweise sprechen können, wenn es uns gelingt, die gegenwärtige Wirt-
schaftsleistung pro Einwohner zu verdoppeln. Ich will das an zwei Zahlen ver-
deutlichen. Wir haben gegenwärtig eine Umsatzgröße je Einwohner in den al-
ten Bundesländern von 46,6 auf 1.000 DM und in Sachsen von 23,9 auf
1.000 DM. Sachsen liegt etwas unter dem Durchschnitt der neuen Bundeslän-
der. Daran wird schon erkennbar, wie sich das Bruttoinlandsprodukt 1995 ge-
genüber dem, was in den alten Bundesländern erwirtschaftet wird, darstellt.
Insofern relativieren sich auch die Angaben, die Ihnen von Herrn Claßen aus
dem BMWi zur Kenntnis gegeben worden sind.

Ich möchte auf ein paar Schwerpunkte dezidiert eingehen, die auch bei Frau
Staake schon angesprochen worden sind, aber ich möchte sie im Zusammen-
hang darstellen. Vielleicht wäre es die günstige Gelegenheit, wenn ich jetzt
hier an dieser Stelle zu Wort komme. Zum Umsatz hatte ich mich bereits ge-
äußert, er ist zu verdoppeln.

Des weiteren zur Frage der Lohnentwicklung und der Produktivität. Hier ist
festzustellen, daß die Produktivität hinter der Lohnentwicklung hinterherhinkt.
Hierin liegt eines der ganz wesentlichen Hemmnisse innerhalb der mittelstän-

255
Wirtschaft – Sozialpolitik – Gesellschaft

dischen Wirtschaft – nicht nur im Freistaat Sachsen, sondern auch in den neu-
en Bundesländern – und daran gekoppelt sind Fragen der Lohnstückkosten.
Wenn man sich ausgiebig auf das produzierende Gewerbe im Freistaat Sach-
sen bezieht, würde ich ganz gern auch an dieser Stelle zwei Entwicklungen
kundtun, die verdeutlichen, wie immens der Umbruchprozeß bereits vonstatten
gegangen ist und das in bezug setzen zu den gegenwärtigen niedrigen Level.
Das muß man ganz sachlich feststellen. Ich denke, in dem Kreis sollte man
sich auch sachlich zu diesen Zahlen austauschen. Wir waren im Jahr 1989 im
Bereich des produzierenden Gewerbes in Sachsen immerhin 1,5 Mio. Be-
schäftigte. Das waren immerhin 53 % aller Beschäftigten. 1995 waren es im-
merhin noch 741.000 von 1,5 Mio.

Des weiteren zu den Fragen Export. Ich spreche das deswegen hier an, weil der
Export im verarbeitenden Gewerbe eine ganz wichtige Bedeutung hat. An den
Exportzahlen wird deutlich was hier noch zu leisten ist. Bevor ich zu den Ex-
portzahlen komme, will ich auch gleich an dieser Stelle darauf hinweisen, daß
wir gegenwärtig einen innerdeutschen Warenverkehr zu Ungunsten der neuen
Bundesländer von etwa 50 Milliarden haben. Das heißt 50 Milliarden gehen
jedes Jahr aus den alten Ländern in die neuen Bundesländer. Rechnet man jetzt
diese mittlerweile entstandenen innerbetrieblichen Verflechtungen zwischen
Unternehmen alte Bundesländer, Tochterunternehmen oder vorgeschobene
Werkbänke hinzu, dann schätzten die Experten eine Größenordnung von 200
Milliarden DM, die in den alten Bundesländern als Kapazität, als Absatzgebiet
mit der Einheit erschlossen worden sind. Das fehlt natürlich als Substanz-
grundlage, als Absatzgrundlage in den neuen Bundesländern. Hier würden sich
natürlich Reserven erschließen lassen.

Gehen wir jetzt zum Export, und hier rede ich vom Auslandsumsatz, nicht bloß
von dem, was außerhalb von Sachsen oder den anderen neuen Bundesländern
in andere Länder im Absatz getätigt wurde. Ich fange einmal klein an. Das
heißt, ich greife einmal Städte wie Leipzig, Dresden und Chemnitz in Sachsen
heraus, dann ergibt sich ein Auslandsumsatz zum Gesamtumsatz, bezieht man
die Exportquote des jeweiligen Unternehmens auf Basis des Bruttoinlandspro-
dukts für die Stadt Dresden im Jahre 1996 von 7,8 %, für Chemnitz von
17,5 % und für Leipzig von 6,3 %. Wenn ich dagegen einmal vergleichbare
Städte im alten Bundesgebiet betrachte, ist festzustellen, daß Hannover eine
Exportquote von 31,1 %, Düsseldorf von 29,7 % und Frankfurt als Ban-
kenstadt eine Exportquote von 27,6 % aufweist und somit weisen diese Städte
weit mehr auf als die Städte des Freistaates Sachsen, die industrielle Standorte
gewesen sind.

Wer durch diese Städte fährt, z. B. durch Dresden, wird feststellen, was an In-
dustriestandorten nicht mehr existiert. Ich hatte vorhin Herrn Jork salopp ge-
sagt, weil ich nun einmal Platzhirsch bin, daß ich erst heute wieder an seinen
ehemaligen Betrieb dem Reglerwerk Dresden, welches jetzt eine Ruine inmit-
ten der Stadt Dresden darstellt, vorbeigefahren bin. Ich denke, dahinter verber-