schließen

Fehler melden / Feedback

Angezeigte SeitenWahlperiode 13, Band III/1, Seiten 400 und 401 (wp13b3_1_0414)
betrifft 1)
Fehlerart 1)Seiten-Überschrift falsch
Seiten-Nummer falsch
Seiten-Nummer-Position falsch (rechts/links)
falsches Bild / Bild fehlt
Seite wird nicht angezeigt
Fehler im Text
Formatierung falsch
nicht aufgeführter Fehler / nur Feedback
Ihr Name
Erklärung/Feedback 1)
(nur erforderlich, falls
nicht aufgeführter
Fehler
oder nur Feed­back)
Ihre E-Mail-Adresse 2)
1)  erforderlich
2) für Rückfragen, empfohlen
   
Wahlperiode 13, Band III/1, Seiten 400 und 401
400
Protokoll der 29. Sitzung

ambulante Grundbetreuung hat sich offensichtlich durch die Umstrukturierung
des Betreuungssystems nicht verschlechtert, und die stationäre Betreuung hat
sich verbessert. Auf normale Operationen, also die nicht akut oder lebensbe-
drohlich waren, wie Gallenblasenoperationen oder ähnliches, mußten sie in
Berlin und in Bezirksstädten bis zu einem halben Jahr warten, wobei dabei
noch berufs- oder erwerbstätige Personen bevorzugt worden sind.

Zur subjektiven Reflexion des Systemwandels läßt sich folgendes anmerken:
Die älteren Menschen sind mit ihrem Leben zufrieden. Die allgemeine Le-
benszufriedenheit als Gesamtreflexion sozialer, individueller und familiärer
Lebensverhältnisse stieg im Osten in den vergangenen Jahren an. Der Anteil
derjenigen älteren Ostdeutschen, die alles in allem mit ihrem Leben zufrieden
waren, erhöhte sich von 45 % 1990 auf 65 % 1996. Der Anteil der Lebensun-
zufriedenen ging im selben Zeitraum von 11 % auf 6 % zurück. Diese Ent-
wicklung schließt allerdings nicht aus, daß die allgemeine Zufriedenheit
durchaus mit Unzufriedenheit in ausgewählten Lebensbereichen einhergehen
kann. Die Tabelle 5 zeigt die Gegenüberstellung des Zufriedenheitsvergleiches
nach einzelnen Lebensbereichen (60 Jahre und älter) 1990 und 1996. Interes-
sant ist eigentlich die Zeit 1992 bis 1996. 1992 hatte sich, nach der Zeit der
Versprechungen durch Politiker und dem Verlust vermeintlicher oder tatsäch-
licher „Errungenschaften“, das Leben normalisiert, so daß sie in etwa eine
Vorstellung darüber hatten, was sie in der neuen anderen Republik erwartet.
Von 1992 bis 1996 hat sich zumindest einiges verändert.

Nach Sorgen und Ängsten befragt, dominieren bei den über 60jährigen Men-
schen die Ängste vor Arbeitslosigkeit. Sie machen sich hier nicht nur Gedan-
ken um die eigene Zukunft, sondern auch um die Zukunft der Kinder und En-
kelkinder sowie anderer Gesellschaftsmitglieder. Gewalt und Kriminalität, So-
zialabbau, die wirtschaftliche und politische Gesamtsituation liegen in der
Größenordnung von 80 % bis 50 %. Das Interessante hierbei ist, daß diese
Sorgen und Ängste vor privaten Sachverhalten rangieren, die erst bei 50 % an-
setzen. Sorgen über die eigene Gesundheit, Sorgen, auf fremde Hilfe angewie-
sen sein zu müssen, machen nur 48 % aus. Ängste, ins soziale Abseits zu ge-
raten, um die eigenen finanziellen Verhältnisse oder um Wohnprobleme, haben
nur 15 % der älteren Menschen.

Diese empfundene gesellschaftliche Gesamtsituation, auch die Tendenz der
Veränderung, läßt spezifische Hoffnungen und Befürchtungen aufkommen.
Annähernd 20 % der über 60jährigen Menschen haben vor allem Hoffnungen.
Hier ging die Zahl von 1992 um 8 % zurück. 30 % der über 60jährigen Men-
schen haben vor allem Befürchtungen. 1992 waren es 42 %, die noch Be-
fürchtungen haben und etwa 45 %, die sowohl Hoffnungen als auch Befürch-
tungen haben. Hier zeigt sich, daß sich für die älteren Bundesbürger der neuen
Bundesländer, aufgrund der eigenen sozialen Erfahrungen mit dem ehemals
anderen deutschen Staat, in dem neuen Netz sozialer Sicherungen und sozialer
Sicherheit, die Hoffnungen und Befürchtungen relativieren, wobei die älteren
Menschen mit zunehmendem Alter eine etwas positivere Sichtweise haben.

401
Wirtschaft – Sozialpolitik – Gesellschaft

Ich möchte noch einmal auf die Vorruheständler zurückkommen. Die Zukunft
ist für Vorruheständler, Rentnerinnen und Rentner, bei allen psychischen und
emotionalen Problemen, die sie haben – das spiegelt sich in den relativ hohen
Zufriedenheitsbewertungen wieder –, berechenbarer als jene, die nicht wissen,
wie es künftig weitergehen soll. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Gesprächsleiter Abg. Gerd Poppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herzli-
chen Dank, Herr Dr. Schwitzer. Wir gehen gleich zum nächsten Thema über:
Die Lebenssituation Behinderter.

Wenn man an die DDR-Zeiten zurückdenkt, wir haben das vorhin auch kurz
im Gespräch mit dem Sächsischen Sozialminister thematisiert, dann erinnern
wir uns an die Tatsache, daß es überwiegend kirchliche Einrichtungen gewesen
sind, die sich überhaupt um Behinderte gekümmert haben. Hätte es nicht die
Gelder aus dem Westen, z. B. aus dem Diakonischen Werk gegeben, dann
hätte es sicherlich noch sehr viel schlimmer mit Gebäuden, mit langen Mittel-
gängen und mit überbelegten Räumen und mit einem sehr schlechten Standard
ausgesehen. Inzwischen haben wir eine neue Situation.

Es sind nun nicht mehr nur die kirchlichen Einrichtungen, die sich darum
kümmern, nach wie vor aber auch die kirchlichen Einrichtungen. Herr Haber-
mann, Sie kommen aus einer solchen Einrichtung, und wir werden jetzt von
Ihnen hören, wie sich im Transformationsprozeß die Situation der Behinder-
teneinrichtungen entwickelt hat. Es wäre auch interessant zu erfahren, wie die
Behinderten selbst die neue Situation sehen. Wichtig ist es, die Betroffenen
nach ihren Hoffnungen und Befürchtungen zu befragen.

Karl Habermann: Danke, Herr Poppe. Sehr geehrte Damen und Herren, ich
möchte, wie auch die anderen Vortragenden, erst einmal ein paar Angaben zu
meiner Person machen. Ich bin 46 Jahre, von Beruf Diplom-Ingenieur und So-
zialpädagoge. Ich war bis zur Wende pädagogischer Mitarbeiter einer Betrieb-
sakademie und bin seit 1990 in der evangelischen Stadtmission Halle tätig. Die
Behinderteneinrichtung „Haus Rungholt“, von der ich komme, ist eine 70 Jah-
re alte, zur Evangelischen Stadtmission Halle gehörende Einrichtung im Saal-
kreis im Bundesland Sachsen-Anhalt.

Ich bin seit 1990 Leiter dieser Einrichtung. 126 geistig behinderte Menschen
wohnen in unseren Wohnheimbereichen. 140 behinderte Mitarbeiter arbeiten
in unserer WfB, der Werkstatt der Behinderten. 90 Mitarbeiter, Heil- und So-
zialpädagogen, Krankenschwestern, Erzieher sowie Facharbeiter und Meister
stehen für die Betreuung in den Wohnheim- und Arbeitsbereichen zur Verfü-
gung. Diese Fakten sollen zur Kurzbeschreibung erst einmal genügen. Es ist
daraus zu erkennen, daß sich die folgenden Ausführungen ausschließlich auf
geistig behinderte Menschen beziehen und somit die gesamte Breite von
schwerbehinderten Menschen, also Körperbehinderte mit angeborener oder
durch Krankheit und Unfall erworbener Behinderung, Blinde- und Sehbehin-
derte, psychisch Kranke oder chronisch psychisch Behinderte, um nur einige
zu benennen, nicht erfaßt werden kann. Bemerkt sei noch, daß statistisch 5 %