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Wahlperiode 12, Band II/1, Seiten 82 und 83
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Protokoll der 18. Sitzung

Partei ausgewiesen. Insofern kann man das nicht entkräften, indem man
versucht, zu sagen: Es gab aber einen großen Teil – die aus den KZs
z. B. –, der die Entwicklung so nicht wollte. Das ist nicht entscheidend.
Entscheidend ist, daß sich die KPD 1918/19 von der SPD abgespalten hat,
weil sie die parlamentarische Demokratie nicht wollte. 1945 konnten die Leute
nicht mehr wissen, daß die Aussage der KPD, auch sie sei jetzt für die
parlamentarische Demokratie, nicht stimmt. Die Leute haben sich gefragt, wo
der Unterschied ist, denn auch im Westen hat es solche Ansichten gegeben.
Diese Meinungen gingen nicht nur auf die sowjetisch besetzte Zone zurück.
Am Ende zeigt sich, daß das ein singulärer Vorgang war und nur möglich,
weil eine allmächtige Besatzungsmacht zusammen mit ihren verbündeten
deutschen Kommunisten den Zusammenschluß durchziehen konnte. Eine
darüber hinausgehende Einschätzung ist, glaube ich, nicht möglich.

Dr. Günter Buchstab: So wie Herr Dr. Faulenbach und Herr Dr. Mitter
das festgestellt haben, habe ich das nicht gesagt. Ich habe gesagt, daß 1948
der Prozeß der Gleichschaltung massiv einsetzte und 1952 im wesentlichen
abgeschlossen war. Zunächst muß man zwischen der Basis und den Funk-
tionären unterscheiden. Das habe ich verschiedentlich versucht deutlich zu
machen. Am 17. Juni 1953 war es in der Tat so – ich habe die Protokolle
des Hauptvorstandes der CDU nachgelesen –, daß ausschließlich Götting die
Diskussion bestimmte. Es gab zwar noch ein paar kritische Bemerkungen, aber
Götting setzte sich massiv durch. Er ging über mehrere Wochen hinweg in die
Bezirke, um dort die Basis und die Funktionäre zu beruhigen. Die Funktionäre,
die 1953 noch nicht auf Linie waren, wurden blitzschnell eliminiert. Von da
an kann man auf jeden Fall sagen, daß die Funktionärsschicht, die die Partei
bestimmt hatte, zum überwiegenden Teil prokommunistisch-zentralistisch ein-
gestellt war. Also war die CDU in der Funktionärsschicht eine Kaderpartei,
nicht jedoch bei den Mitgliedern.

Ich kann Herrn Rieke ausdrücklich unterstützen: Was er gesagt hat, gilt nicht
nur für die SPD-Angehörigen, sondern gilt in gleichem Maße auch für die
vielen Mitglieder der CDU, die in den Haftanstalten genauso gelitten haben
wie die anderen.

Herr Meckel hat noch eine Anmerkung zum Sozialismus gemacht. Das müßte
man eigentlich lange diskutieren. Ich kann nur sagen: Kaiser verstand den
Sozialismus ähnlich wie die im Westen als einen christlichen Sozialismus.
Die Begriffe müssen sehr deutlich unterschieden werden, denn christlicher
Sozialismus beinhaltet auch Privateigentum, keine staatlichen wirtschaftlichen
Monopolstellungen genauso wie die Freiheit der Persönlichkeit. Das ist etwas
ganz anderes als ein atheistischer Sozialismus.

Abschließend eine Bemerkung zu Nuschke: Er war ab 1950, nach der
Anerkennung der Einheitslisten für die Wahlen, im Grunde genommen ein

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Veränderung des Parteiensystems 1945–1950

abgetretener Vorsitzender. Er spielte in den Vorstandssitzungen keine Rolle
mehr. Das Sagen hatte Götting. Nuschke war nur noch eine Galionsfigur.

Stellvertretende Vorsitzende Margot von Renesse: Meinen Dank an dieje-
nigen, die die sehr wichtige Diskussion bestritten und die geantwortet haben,
verbinde ich mit meinem Dank an diejenigen, die so geduldig gewartet
haben.

Ich rufe jetzt als letzten Punkt der heutigen Tagesordnung drei weitere Vorträge
auf:

1. „Die Wandlung der SED 1946 bis 1950 am Beispiel Thüringens“

Dr. Günter Braun: Der folgende Beitrag beschränkt sich im wesentlichen
auf den Versuch, anhand weniger Beispiele aus der politischen Praxis der
Thüringer SED das, was Professor Weber zur Entwicklung der Gesamtpartei
vorgetragen hat, in einigen Punkten regionalhistorisch zu konkretisieren.

Daß die Entwicklungslinien der SED auf Zonen- und Länderebene in Grund-
zügen parallel verliefen, muß nicht besonders betont werden. In einem
politisch-sozialen System, das zwar föderal gegliedert, aber frühzeitig von
Einheitsstaatspostulaten überlagert war und seit 1947 einem beschleunigten
Zentralisierungsprozeß unterlag, paßten sich alle nachgeordneten Partei- und
Verbandsgliederungen ebenso an die von „oben“ vorgegebenen Formen und
Inhalte der Politikgestaltung an wie der administrative Unterbau. Je nach
regionalen bzw. lokalen Ausgangslagen, Rahmenbedingungen und Einflußfak-
toren geschah dies freilich in unterschiedlicher Ausprägung und zuweilen auch
ungleichzeitig.

Bevor ich mich den Spezifika der Thüringer Nachkriegsgeschichte und ihren
Folgen für die SED-Entwicklung zuwende, sei wenigstens ein summarischer
Hinweis auf Quellen, Literatur sowie Forschungsstand gegeben: Zur Verfü-
gung standen die Protokolle der Sekretariatssitzungen des Landesvorstands
Thüringen von 1946 bis 1950. Ausgewertet wurden ferner Überlieferungen
des SED-Parteivorstands sowie Teile des Bestandes des Innenministeriums der
Landesregierung Thüringen. Nur Aktensplitter sind von den Vorläuferorganisa-
tionen SPD und KPD – auf Thüringen bezogen – erhalten, wobei eine Vielzahl
der SPD-Materialien im Westen seit langem durch den Nachlaß Hermann
Brills zugänglich waren. Das ist ein wesentlicher Grund dafür, daß die un-
mittelbare Nachkriegsphase der Thüringer Landes- und Parteienpolitik schon
vor der „Wende“ relativ gut erforscht werden konnte. Insbesondere Darstel-
lungen von Manfred Overesch, Beatrix W. Bouvier, Frank Moraw und Helga
A. Welsh weisen dies nach. Mit den nun verfügbaren Quellen zur thüringischen
SED-Geschichte werden die bisherigen Forschungsergebnisse nicht hinfällig,
aber doch in vielen Punkten ergänzt, bisweilen korrigiert, und sie sind vor