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Wahlperiode 12, Band V/1, Seiten 16 und 17
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Protokoll der 46. Sitzung

immer einem ganz bestimmten Protokoll folgen. Verträge konnten jahrelang
nicht unterzeichnet werden, weil man sich über die sogenannte Berlin-Klausel
nicht einig wurde.

Ich denke, gerade an Berlin zeigte sich wie kaum an einem anderen Punkt,
daß die beiden Staaten in Deutschland eben nicht ihre volle Souveränität
besaßen.

Aber dennoch – dies möchte ich hier betonen – haben alle Bundesregierungen
den Berlin-Status nicht nur strikt beachtet, sondern ihn auch sehr gehütet. Denn
Berlin war auch der Schlüssel für die Deutschlandpolitik der Bundesregierung
und für die der alliierten Schutzmächte.

Wie Sie wissen, beruhte dieser Status auf den originären Siegerrechten der
Alliierten. Er war ein wesentlicher Teil ihrer Rechte und Verantwortlichkeiten
für Berlin wie auch für Deutschland als Ganzes und damit ein Kernelement
der Rechtslage Deutschlands, einer Rechtslage, die trotz Existenz von zwei
deutschen Staaten von einem Gesamtdeutschland ausging. Insofern wirkte der
Berlin-Status wie eine Klammer, die das geteilte Deutschland zusammenhielt.
Er untermauerte das Recht auf die Einheit Deutschlands. Erst der Zwei-plus-
Vier-Vertrag vom September 1990 hat diesen Status von Berlin abgelöst und
Deutschland seine Einheit und seine volle Souveränität zurückgegeben.
Meine Damen und Herren, ich denke, es ist für uns in der Enquete-
Kommission ganz selbstverständlich, zu dieser Berlin-Problematik im Kontext
der Deutschlandpolitik eine Anhörung durchzuführen, um auch damit noch
einmal zu unterstreichen, welche Bedeutung Berlin und die Berlin-Frage für
Deutschland, aber auch für die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs und
damit auch für Europa und für die Verbindungen Europas zu den Vereinigten
Staaten von Amerika hatte.

Meine Damen und Herren, wir haben uns in einer vorbereitenden Gruppe
für diese Veranstaltung heute morgen darauf geeinigt, daß wir zunächst zwei
Referate hören. Zuerst hören wir das Referat „Das Berlin-Problem 1945
bis 1989 – die Berlin-Krise 1958 bis 1961“ von Professor Dr. Mahncke. Er
wird etwa eine halbe Stunde sprechen. Danach wird Herr Dr. Stefan Wolle zu
uns sprechen, und zwar etwa 15 Minuten. Es folgen vorbereitete Statements
der Herren Professoren Dr. Soell und Dr. Wilke sowie von Herrn Dr. Mitter
von je zehn Minuten.

Ich bitte jetzt die Kolleginnen und Kollegen der Enquete-Kommission um
Verständnis. Wir haben nämlich gemeint, daß es sinnvoll sei, danach nicht
mit einer sehr spontanen Fragerunde zu beginnen, sondern wir sollten dann
erst eine oder zwei normale Fragerunden einschieben, wobei zwei Kollegen
der Unionsfraktion, zwei Kollegen der SPD und jeweils ein Kollege der
F.D.P., des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS das Wort nehmen
können. In dieser Diskussion sollten die einzelnen Beiträge nicht länger als
fünf Minuten dauern. In diesen Beiträgen können vertiefend Fragen gestellt

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Internationale Rahmenbedingungen

oder Ergänzungen abgegeben werden. Erst danach sollten wir in eine spontane
Fragerunde eintreten.

Ich darf jetzt zunächst Herrn Professor Dr. Dieter Mahncke bitten, von hier
vorne sein Referat zu halten. Professor Dr. Mahncke ist ein alter Berlin-
Kenner; „alt“ meine ich nicht vom Alter, sondern vom Fachlichen her gesehen.
Er hat sich durch viele Artikel und Schriften zum Thema Berlin ausgezeichnet.
Er ist jetzt stellvertretender Leiter des Planungsstabes im Bundesministerium
der Verteidigung.

Prof. Dr. Dieter Mahncke: Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren!
Abgesehen davon, daß ich ein „alter Berlin-Kenner“ bin, muß ich natürlich
erwähnen, daß meine Mutter Berlinerin ist, so daß ich sogar genetisch belastet
bin.

Meine Damen und Herren, da Ihnen ein umfangreiches Gutachten zu meinem
Thema, außerdem eine Zusammenfassung in Thesenform vorliegt (s. Seite
1766 ff.), hoffe ich, der Bitte entsprechen zu können, mich kurzzufassen.

Thematisch gehe ich in etwa so vor, wie es in meinen Thesen enthalten ist.
Ich fange also mit dem Rechtsstatus an und komme dann zu der Integration
der Stadtfragmente usw.

Zum Rechtsstatus. Im November 1958, mit Beginn der zweiten Berlin-
Krise, kündigte die Sowjetunion mit ihren Noten die sogenannten Londoner
Protokolle, die im September und November 1944 in London abgefaßt wurden,
und zwar auf Grund einer Initiative des damaligen britischen Außenministers
Anthony Eden auf der Moskauer Außenministerkonferenz 1943. Ich erwähne
das nur, weil es ganz interessant ist, zu welch frühem Zeitpunkt die Alliierten
schon mit der Niederlage Deutschlands rechneten.

Die Sowjetunion kündigte diese Protokolle und erklärte, damit sei die
Rechtsgrundlage für die Präsenz der Westmächte entfallen.

Wie Sie wissen, sahen die Londoner Protokolle die Einteilung Deutschlands
in Besatzungszonen vor. Ebenfalls wurde ein besonderes Berliner Gebiet
vorgesehen, das in Sektoren eingeteilt wurde. Ferner wurden die Berliner
Kommandantur und der Alliierte Kontrollrat vorgesehen.

Der wesentliche, hier zu nennende Aspekt – der vielfach nicht gesehen wird
– ist, daß die Londoner Protokolle nicht die entscheidende Rechtsgrundlage
für die Situation in Berlin waren. Die entscheidende Rechtsgrundlage war
das Besatzungsrecht, das ein Rechtsverhältnis zwischen dem Besetzer und der
besetzten Bevölkerung geschaffen hatte. Es war ein originäres Recht, d. h.
es beruhte allein auf dem Faktum der Besetzung und auf einem bestehenden
Kriegszustand. Das war zugleich eine der Schwächen dieser Rechtsposition:
Denn wie lange konnte man diesen Kriegszustand als weiterhin bestehend
betrachten?

Aber die Alliierten waren nicht von irgendeinem Abkommen abhängig –