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Jahren geleistet haben. Wenn wir dabei sind zusammenzuwachsen – mit
allen Schwierigkeiten –, haben Sie ganz sicher mit dazu beigetragen. Ganz
herzlichen Dank.
Als nächstes bitte ich den Präsidenten a.D. Karl Maibaum aus Nürnberg
ums Wort, er und danach Herr Manfred Wagener, Referatsleiter der Per-
sonalabteilung der Bundesanstalt für Arbeit, werden über Erfahrungen mit
Beschwerden aus der Bevölkerung über Mitarbeiter aus Arbeitsämtern in den
neuen Bundesländern und Herr Wagener über Folgerungen aus der haupt-
amtlichen bzw. inoffiziellen Mitarbeit von Angehörigen der Arbeitsämter in
den neuen Bundesländern für das ehemalige Ministerium für Staatssicherheit
informieren.
Präsident a.D. Karl Maibaum: Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren,
erlauben Sie mir, bevor ich auf die eigentliche Tätigkeit der Personalgutachter-
gruppe eingehe, zum besseren Verständnis einige Vorbemerkungen zur Aus-
gangslage. In der DDR gab es Ämter für Arbeit, rund 220, soviel uns bekannt
ist, es gab 15 Ämter für Arbeit und Löhne in den 15 Bezirken der DDR, und
es gab ein Staatssekretariat für Arbeit und Löhne. Nach unserer Erkenntnis
hatten diese Institutionen zu DDR-Zeiten rund 3500 Mitarbeiter. Die Ämter
für Arbeit waren Bestandteile des Staatsapparates, gehörten zu den Kreis- bzw.
zu den Stadtverwaltungen, waren also keine eigenständigen Einrichtungen und
hatten in der Regel nur eine Handvoll Mitarbeiter – 5, 8, 12, je nach Größe
des Kreises bzw. der Stadt. Im Januar 1990 wurden schon erste Überlegungen
angestellt, Arbeitsämter nach dem Muster der Bundesrepublik zu entwickeln.
Ich darf daran erinnern, daß am 1. Juli 1990 die Rechts–, Wirtschafts- und
Sozialunion ins Leben gerufen worden ist, daß zum 1.Juli 1990 in der DDR ein
modifiziertes Arbeitsförderungsgesetz nach dem Vorbild des bundesdeutschen
Arbeitsförderungsgesetzes in Kraft getreten ist, und deswegen mußten zu
diesem Zeitpunkt funktionsfähige Arbeitsämter so gut wie möglich entwickelt
worden sein. Die Direktorinnen und Direktoren der DDR-Ämter für Arbeit
erhielten also im Februar/März 1990 den Auftrag, so schnell wie möglich
Arbeitsämter – ich sage mal Arbeitsämter „neuen Stils“ – zu entwickeln.
Das bedeutete im Einzelfall eine Behörde aufzubauen, die bis dahin aus 7, 8
oder 10 Mitarbeitern bestand, nun auf einen Personalstand von 150, 200, 250
Mitarbeitern zu bringen. Das bedeutete unter anderem auch, die notwendigen
Räumlichkeiten zu beschaffen und die Ausstattung dieser Räumlichkeiten.
Das alles ist seinerzeit von der Bundesanstalt für Arbeit beratend und durch
Bereitstellung von Sachmitteln unterstützt worden. Die Bundesanstalt hatte
aber keinen Einfluß, hatte nicht zu entscheiden, welches Personal eingestellt
worden ist und mit welchen Funktionen diese neuen Mitarbeiter betraut wor-
den sind. Am 3. Oktober 1990 hat die Bundesanstalt rund 10.600 Mitarbeiter
in der im Entstehen begriffenen Arbeitsverwaltung übernehmen müssen nach
dem Einigungsvertrag. Die Bundesanstalt und die DDR-Arbeitsverwaltung
sind miteinander verschmolzen. Das heißt die Mitarbeiter, die seit dem Ende
der DDR von 3.500 auf 10.600 angewachsen sind und die überwiegend aus
Bereichen kamen, die in der DDR aufgelöst oder neu strukturiert worden sind,
nämlich aus dem Staatsapparat, aus der Armee, aus dem allgemeinen und aus
dem Berufsbildungssystem, aus Massenorganisationen und auch aus Betrieben,
waren in hohem Grade natürlich durchsetzt von ehemaligen Parteigenossen. In
dieser Entwicklung lag naturgemäß eine gewisse Zwangsläufigkeit, denn Sie
können sich vorstellen, wenn ein Dienststellenleiter den Auftrag bekommt, so
schnell wie möglich eine Behörde auf die Beine zu stellen, dann orientiert er
sich bei der Personalsuche natürlich an Leuten, die er kennt, an Leuten, von
denen er weiß, was er von ihnen zu erwarten hat, ob sie tüchtig oder weniger
tüchtig sind, und so entstand naturgemäß – das läßt sich wahrscheinlich gar
nicht anders machen, dies hätte sich auch woanders nicht anders machen
lassen – das, was man heute als Seilschaften bezeichnet. Wir hatten also
am 3. Oktober 10.600 Mitarbeiter in den neuen Bundesländern; aus den 220
Ämtern für Arbeit waren bis zu diesem Zeitpunkt 38 Arbeitsämter geworden.
In diesen Arbeitsämtern fungierten Direktoren, die ihre Berufung jeweils unter
der Regierung de Maizière erhalten hatten.
Nach dem 3. Oktober 1990 gingen in Nürnberg bei der Zentrale der Bun-
desanstalt für Arbeit zunehmend Beschwerden über Mitarbeiter in diesen
neuen Arbeitsämtern ein, die an alle möglichen Stellen gerichtet waren.
Die Beschwerden waren nach Bonn, an den Bundesarbeitsminister gegangen,
oder an Länderarbeitsministerien, oder sie waren an die Arbeitsämter direkt
gerichtet – sie sammelten sich jedenfalls in Nürnberg, und das waren in
kurzer Zeit so viele, daß man zu dem Ergebnis kam, da muß sich jemand
eigens drum kümmern, und deswegen wurde etwa 5 Wochen nach der
Wiedervereinigung in Nürnberg bei der Hauptstelle der Bundesanstalt eine
sog. Personalgutachtergruppe installiert, die zunächst unter der Leitung des
Vizepräsidenten der Bundesanstalt stand und deren Vorsitz meine Person
am 1. Februar 1991 übernommen hat. Ich war bis 31. Januar 1991 Präsident
des Landesarbeitsamtes Nordbayern, mußte im Januar wegen Erreichens der
Altersgrenze in den Ruhestand treten, und der damalige Präsident, Herr Franke,
meinte, ich sei noch so verwendungsfähig, daß ich das übernehmen könnte, um
den Vizepräsidenten zu entlasten, denn es hat sich sehr schnell herausgestellt,
daß das ein „Fulltime-Job“ gewesen ist.
Für die Bundesanstalt ergab sich die Problematik vor allem in dem, was
wir Akzeptanzproblematik nennen. Die Beschwerden, die eingegangen sind,
wurden gegen 850 Mitarbeiter gerichtet, das sind von den übernommen
10.600 Mitarbeitern runde 8 %. Man kann also darüber wahrscheinlich lange
diskutieren, ob das viel oder wenig ist oder den Erwartungen entspricht.
Ich kann hier nur das Faktum feststellen, daß 8 % der 10.600 Mitarbeiter
namentlich von Bürgern angegriffen worden sind – in Beschwerden –.