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Wahlperiode 12, Band VIII, Seiten 680 und 681
680
Protokoll der 45. Sitzung

das sonstige Firmenvermögen, wobei ich es schon bemerkenswert finde, daß es
dann Fälle gibt, daß die Treuhandanstalt Firmenkäufe zuläßt von Großunter-
nehmen durch GmbH’s als Käufer, die selbst nur mit einem Firmenkapital von
50.000 DM ausgestattet sind. Dann stellt sich wirklich die Frage, wo die Treu-
handanstalt ihre Pönale, die sie vielleicht vereinbart hat, irgendwann einmal
realisieren will, sicherlich kaum aus einer Haftungssumme von 50.000 DM.
Alles das setzt sich fort zu den Beziehungsgeflechten vom internationalem
Bezug. Dafür sprechen beispielsweise auch bekannte Komplexe rund um den
Bereich NOVUM-Handels-GmbH, ein Unternehmen, das der ehemaligen SED
zugeordnet wird, wo es ganz massive Geldverschiebungen gegeben hat im
Frühjahr 1990. Das war so sauber, als sich alles um KoKo kümmerte, daß also
auch die Buchhaltung gänzlich neugeschrieben wurde und ausgedünnt wurde,
so muß man sicherlich formulieren, aber immerhin in einem Volumen von
500 Millionen D-Mark, dem man nicht nur so nachjagt, sondern die real auch
vorhanden sind. Das setzt sich fort auch in anderen Bereichen, in Betrieben
rund um den Bereich „Kommerzielle Koordinierung“, wobei, Herr Kittlaus
wies darauf hin, eigentlich bemerkenswert ist, daß bestimmte Strickmuster so
gleich sind, daß man schon manchmal annehmen muß, daß jeweils der gleiche
geistige Vater dahinter sitzen würde.

Was uns aber auch in diesem Zusammenhang belastet, ist teilweise das
Problem der Wirkungen anderer Behörden, sind die Schwierigkeiten, die uns
in unterschiedlicher Form gemacht werden, ich sage einmal pauschal durch
Seilschaften. Ich mache das noch einmal am Beispiel eines Grundbuchamtes
fest, wo Mitarbeiter aus dem Hause diverse Ermittlungen machen mußten,
die massiv behindert wurden durch die stellvertretende Leiterin des Grund-
buchamtes. Als sie dann merkte, daß eine Dienststelle am Werke ist, die
sich um den Bereich der Regierungs- und Vereinigungskriminalität kümmert,
lief dies etwa dann so ab, daß die Dame meinte, immer 10 Meter vor
den Kollegen bei dem nächsten Bearbeiter am Grundbuch sein und ihn
anhalten zu müssen, keine Unterlagen herauszugeben oder anderweitig zu
behindern. Das ist sicherlich kein Einzelfall, davon gibt es mehrere, wobei
es manchmal natürlich schwierig ist, nachzuweisen, ist das nun tatsächlich
eine Behinderung oder nur ein sehr unaufmerksames Arbeiten. Das, was Herr
Kittlaus gleichfalls ansprach, die Konzentration auf bestimmte Berufsgruppen,
ist relativ weitflächig zu sehen. Gefährlich wird es nur dann – da haben
wir Eingangserkenntnisse in zwei bis drei Punkten –, wenn diese Bezie-
hungensgeflechte auch schon ausgereizt werden in die aktiven Dienste der
Polizei in den fünf neuen Bundesländern, das heißt konkret, daß Personen, die
Kenntnisse haben über die MfS-Vergangenheit von Polizeibediensteten, das
auch massiv nutzen; wir haben eigentlich dazu ganz konkrete Sachverhalte.
Das ist natürlich eine Gefährdung der inneren Sicherheit erster Güte. Das
gilt aber auch für die Bezüge zur internationalen organisierten Kriminalität in

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Seilschaften in den neuen Bundesländern

ganz unterschiedlicher Form. Ich will es nur an einem Beispiel festmachen:
Wir haben gute Anhaltspunkte dafür, daß höhere Offiziere, frühere Offiziere
des ehemaligen MfS, insbesondere aus der HVA, ganz massiv auch mit der
sogenannten russischen Mafia zusammenarbeiten, aber das gilt nicht nur für die
HVA-Offiziere, sondern auch für bedeutende Unternehmen aus dem Westteil
des Landes, die auch schon früher intensive Geschäftsbeziehungen unterhalten
haben in den Bereich KoKo und benachbarte Einrichtungen, und da ergibt sich
dann vom Ergebnis her dem Grunde nach eine gefährliche Mischung.

(Beifall)

Vorsitzender Rainer Eppelmann: Herzlichen Dank, Herr Schmidt. Wir
hören als letzten Referenten vor der Diskussionsrunde, in der die Enquete-
Kommissionsmitglieder die Möglichkeit haben, den Referierenden Fragen zu
stellen, Herrn Professor Dr. Pickenhain aus Leipzig zum Thema „Erfahrungen
mit dem Wirken von Seilschaften in Sportorganisationen und Sportinstitutio-
nen in der ehemaligen DDR und den neuen Bundesländern“.

Prof. Dr. Lothar Pickenhain: Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren!
Ich werde versuchen, das Thema exemplarisch am Beispiel des Forschungs-
instituts für Körperkultur und Sport (FKS) in Leipzig abzuhandeln, das be-
kanntlich ein zentrales Geheiminstitut des Leistungssportes der DDR war.
Was verstehe ich unter Seilschaften? Ich verstehe darunter Gruppen ideolo-
gisch gefestigter Parteifunktionäre der ehemaligen SED, die aufgrund ihrer
Erziehung und ideologischen Überzeugung nach der Wende mit allen Mitteln
versucht haben, 1.) leitende Positionen für bewährte Parteifunktionäre soweit
wie möglich zu erhalten, 2.) unter den neuen gesellschaftlichen Bedingungen
das SED-System und einzelne Personen dieses Systems belastende Unterlagen
und Dokumentationen dem Zugriff zu entziehen bzw. zu vernichten, 3.) auf die
Gestaltung der neuen gesellschaftlichen Bedingungen unter Beibehaltung bzw.
partieller Anpassung ihrer ideologischen Grundpositionen Einfluß zu nehmen,
zum Teil über bestehende persönliche Beziehungen zu westdeutschen Bürgern,
ohne daß es diesen zum Bewußtsein kam, 4.) sich gegenseitig zu helfen und
aufgrund ihrer umfassenderen Kenntnisse und Beziehungen anderen Bürgern,
die durch viele Maßnahmen der Wiedervereinigung verunsichert und überfor-
dert waren, im Geiste ihrer alten ideologischen Vorstellungen Ratschläge zu
erteilen.

Wie liefen derartige Mechanismen ab? Als ich von einer Auslandsreise
Ende Oktober 1989 nach Leipzig zurückkehrte, sah ich, wie am FKS, dem
Forschungsinstitut für Körperkultur und Sport, Tag und Nacht der Reißwolf
arbeitete und die großen Plastiksäcke mit vernichteten Unterlagen den Kel-
lereingang blockierten, weil sie nicht schnell genug abtransportiert werden
konnten. Darauf richtete ich am 5. November 1989 einen öffentlichen Brief
an den Staatsratsvorsitzenden Egon Krenz, in dem ich die sofortige Anwei-
sung forderte, die Vernichtung von Unterlagen und Dokumenten in allen