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Wahlperiode 12, Band IX, Seiten 74 und 75
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Protokoll der 13. Sitzung

Ich glaube, wenn wir hier den Einstieg finden – und damit möchte ich
abschließen –, werden wir hinreichend Materialien haben. Ich stimme Herrn
Schaefgen zu. Wir werden am Ende in einer ganzen Anzahl von Fällen zu
einer Bestrafung kommen, müssen aber, glaube ich, heute schon deutlich
machen, daß der Rechtsstaat natürlich „In dubio pro reo“ bedeutet, daß er
auch bedeutet, daß nicht alles nicht verjährt ist, daß also das Ruhen der
Verjährung, wenn es dann angenommen wird – und danach sieht es ja aus –,
nicht alles erfaßt. Ich denke beispielsweise an irgendeine – ich sage einmal –
harmlose Verdächtigung aus dem Jahre 1953. Das würde die Justiz auch gar
nicht schaffen.

Und ich will ein letztes sagen: Bei dem Riesenprogramm, das Herr Schaefgen
hier dargestellt hat, müssen wir eben, abgesehen von der Strafbarkeit der
Täter, auch an die Opfer denken. Da wird die Dimension noch deutlicher: 1,3
Millionen Akteneinsichtsanträge liegen bei der Gauck-Behörde vor. Das haben
Jürgen Fuchs und ich am letzten Sonnabend auf dem Historikerkongreß im
Auditorium maximum – da saßen wir auch schon genau in derselben
Reihenfolge zusammen – von Herrn Geiger erfahren. Es seien schon 50 000
sozusagen positiv beschieden, wurde mitgeteilt. Die Behörde hat inzwischen
2900 Mitarbeiter. Letztlich muß man noch wissen, daß immerhin schon 50 %
des gesamten MfS-Materials geordnet sind, was immer das heißen mag. Auch
dies läßt einen Schluß zu, welche Dimension insgesamt auf uns zukommt.

Und deswegen: Die Strafjustiz ist nicht das Alleinseligmachende bei der
Aufarbeitung. Wir müssen an all diese Bereiche denken.

Was das Tatortrecht und das Tatzeitrecht angeht – und da will ich nicht
noch einmal in die juristische Diskussion einsteigen –, bin ich einigermaßen
optimistisch und habe nicht die Bedenken, die hier auf dem Podium vorhin
zum Teil geäußert worden sind. Wir werden auch mit dem DDR-Recht – und
das ist eben zunächst einmal anzuwenden, glaube ich – in einer Vielzahl von
Fällen zu rechtsstaatlich abgesicherten Ergebnissen kommen und brauchen
nicht alles das zu bemühen, was hier vorhin bis zur Frage des Naturrechts
erörtert worden ist.

Damit habe ich meine Zeit weit überzogen. Ich bitte um Verständnis.
(Beifall)

Vorsitzender Rainer Eppelmann: Sie merken an unserer Reaktion, daß wir
dieses Verständnis haben. Ich danke für Ihre Erinnerung. Auch an dieser Stelle
wird deutlich: Wenn wir für morgen etwas bauen wollen, müssen wir wissen,
was gestern war. Herr Manfred Kittlaus, bitte.

Manfred Kittlaus: Mein Name ist Manfred Kittlaus. Ich bin von der
Polizei Berlin und dort seit 1 1/4 Jahr damit beauftragt, das Pendant
zu Herrn Schaefgen aufzubauen; denn eine Staatsanwaltschaft ohne die
kriminalpolizeiliche Ermittlungsbasis ist eigentlich völlig wirkungslos, oder

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Regierungskriminalität und justitielle Aufarbeitung

sie verzettelt sich in Einzelermittlungen. Das kann nicht Aufgabe der
Staatsanwaltschaft sein.

Ich will das Zahlenwerk, das Herr Schaefgen am frühen Nachmittag hier
dargestellt hat, nicht aus meiner Sicht ergänzen, weil sich die Arbeitsfelder
natürlich überschneiden und weil sie im wesentlichen gleich sind. Wir aber
bei der Polizei müssen noch zusätzlich das Dunkelfeld berücksichtigen, und –
Herr Schaefgen hatte das heute nachmittag schon angedeutet – wir müssen
versuchen, systematisch die vorhandenen Datensammlungen aus der DDR
auszuwerten, die, Herr Grasemann, letztlich zu dem Beweisergebnis führen,
das wir jetzt vorfinden und das wir zusammentragen und auswerten können.

Sehr früh war Berlin belastet als der Ort, an dem die zentralistisch geführte
DDR ihre zentralen Stellen, ihre Entscheidungsfunktionen hatte, zweitens
als der Ort, an dem sich die zentralen Datensammlungen befinden, wie die
Sammlung des früheren Ministeriums für Staatssicherheit, das militärische
Zwischenarchiv in Potsdam, die Obduktionsunterlagen, die in Berlin zentral
gesammelt wurden, und ähnliches. Die Berliner Polizei war also sehr früh
dazu aufgerufen, in diesem Bereich tätig zu werden – die Berliner Polizei,
die mit der Übernahme des Ostteils der Stadt, der extrem steigenden und der
sich auch qualitativ sehr zum Negativen verändernden Kriminalität erheblich
belastet war.

Es wurden dann- und ich will auf diesen Aspekt hier auch eingehen –
in verschiedenen politischen Gremien sehr schnell Beschlüsse gefaßt, die
von einer nationalen Verantwortung, von einer nationalen Aufgabe auch bei
der strafrechtlich-juristischen Aufarbeitung der Vergangenheit der ehemaligen
DDR sprachen. Diese Beschlüsse sind, soweit es die Polizei betrifft, über
ein Jahr fast gar nicht umgesetzt worden. Der erste völlig unzulängliche
Unterstützungsansatz waren 34 Kriminalbeamte, die man nach Berlin schicken
wollte. Dieser Beschluß datiert vom 2. Mai 1991. Vorausgegangen war schon
im Dezember 1990 ein Beschluß, wonach jedes Bundesland zwei Beamte zu
entsenden hat. Ende des Jahres 1991 waren elf Beamte in Berlin.

Wir haben also erbittert – sage ich einmal – Aufklärungsarbeit im politischen
Bereich, erbittert auch Öffentlichkeitsarbeit betreiben müssen, um den An-
spruch an den Rechtsstaat, letztlich auch an das Ansehen der Polizei und damit
die Aufklärung der hier vorliegenden Kriminalität halbwegs zu befriedigen. Es
ist inzwischen besser geworden, aber ich meine, es war doch wichtig, darauf
hinzuweisen, daß insbesondere in den alten Bundesländern das Interesse an der
Aufklärung dieses Teils der deutschen Vergangenheit zunächst jedenfalls nur
äußerst zögerlich zu Ergebnissen führte. Und nur auf nachdrückliche Mahnung
auch durch den Bundeskanzler – will ich einmal sagen – kam es dann dazu,
daß sich die Verhältnisse inzwischen gebessert haben.

Anerkannt sind 488 Beamte für eine zentrale Ermittlungsstelle in Berlin, die
ergänzt werden muß und jetzt teilweise ergänzt wird durch fünf Ermittlungs-

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