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Wahlperiode 13, Band III/1, Seiten 94 und 95
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Protokoll der 25. Sitzung

rung fallen haushaltstechnisch, wenn ich das richtig sehe, unter konsumtive
Ausgaben. Und die müssen ja immer gekürzt werden, die sind ja per Definition
offensichtlich ein Werk des Teufels, und die Investitionen sind immer etwas
Gutes. Nur wage ich die Behauptung, daß ein Großteil der Mittel, die wir für
„Investitionen“ ausgeben, nichts weiter sind als Mittel für Sanierungen oder
für Konsolidierung. Wenn wir rechtzeitig genügend Mittel für die betriebswirt-
schaftliche Begleitung der Unternehmen einsetzen könnten, hätten wir wahr-
scheinlich sogar noch einen haushaltstechnischen Gewinn.

Ich unterstreiche auch die Bemerkung von Dr. Wagner zum Thema Beihilfen-
kontrolle der EU. Was nützt es, wenn man all diese Verfahren auf sich nimmt
und das Unternehmen geht dabei in der Zwischenzeit kaputt, also unternimmt
man etwas. Die Folge ist, daß möglicherweise die Prüfberichte kommentarlos
an die Staatsanwaltschaft abgegeben werden. Damit kann man Mitarbeiter
auch im eigenen Hause nicht sonderlich motivieren. Ich gebe ganz offen zu,
daß ich mir nicht habe träumen lassen, daß die Bäume, aus denen eines Tages
einmal die Marterpfähle von Rechnungshöfen und der EU-Kommission ge-
schnitzt werden, so schnell wachsen würden. Aber das ist in der Tat so gewe-
sen. Dies ist, auch wenn man über die Bürokratie schimpfen mag, das ist heute
auch schon angeklungen, sicher ein Problem, über das wir auch einmal ge-
meinsam nachdenken müssen. Es geht ja nicht darum, daß die Verwaltung das
Recht bekommen möchte, leichtfertig mit anderer Leute Geld umzugehen,
sondern uns geht es in der täglichen Arbeit darum, oft sehr schnell eine Ent-
scheidung treffen zu müssen. Ich will nicht über die Unternehmen richten, die
natürlich erst dann zu uns kommen, wenn es eigentlich schon fünf nach zwölf
ist. Das ist ein Problem für sich, aber da kommen wir wieder auf das Thema
Coaching, Beratung, Begleitung im Vorfeld. Die Unternehmen kommen in der
Regel, wenn es zu spät ist, und dann müssen wir schnell handeln. Wir können
dann nicht mit sämtlichen Beihilfevorschriften der EU pausenlos hantieren.

Eine letzte Bemerkung noch: Natürlich ist es wichtig, den industriellen Mittel-
stand zu erhalten, denn er und andere mittelständische Unternehmen schaffen
die Arbeitsplätze, schaffen die Ausbildungsplätze. In der Diskussion der letz-
ten Jahre ist mir allerdings zu kurz gekommen, daß offensichtlich viele Men-
schen in Ostdeutschland genauso wie in Westdeutschland, der Meinung sind,
man könne 200 Jahre Industriegeschichte linear in die Zukunft fortschreiben.
Das ist nicht der Fall. Wir haben auch in Brandenburg immer versucht, dort
industrielle Regionen zu erhalten, wo Menschen vorher in der Industrie tätig
waren. Wir setzen alles daran, daß sie auch in der Zukunft in der Industrie tätig
sein können, wobei das eine andere sein wird, als sie es in der Vergangenheit
war. Wir machen hier neben den konjunkturellen Problemen auch einen sehr
starken strukturellen Wandlungsprozeß durch, auf den wir die Menschen auch
im Grunde einstimmen müssen, und wir müssen ihnen sagen, daß diese Ent-
wicklung der nächsten Jahrzehnte eine völlig andere sein wird.

Eine allerletzte Bemerkung zur Förderung der Forschung und Entwicklung im
Mittelstand: Die für Forschung und Entwicklung ausgegebenen Mittel reichen

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Mittelstand in den neuen Bundesländern

aus meiner Sicht auch nicht aus. Wir haben in Deutschland ein etwas konser-
vatives Verständnis von Geldanlage. Da ist die Anlage in Immobilien und
Schiffe immer möglicherweise noch interessanter und lukrativer als in den
menschlichen Geist und in die menschliche Erfindungsfähigkeit. Auch das In-
strument des Risikokapitals ist bei weitem noch nicht so ausgeprägt, wie das in
den skandinavischen Ländern oder in den angelsächsischen Ländern der Fall
ist. Hier könnte ich mir einige gemeinsame Initiativen vorstellen, und wenn es
gelingt, bestimmte Aktien eines bestimmten Unternehmens so gut und so
schnell an den Mann oder an die Frau zu bringen, wäre es vielleicht des
Schweißes der Edlen wert, dies einmal mit Risikokapital im Bereich For-
schung und Entwicklung zu tun. Mit Blick auf die Uhr schließe ich an dieser
Stelle ab.

Gesprächsleiter Abg. Jörg-Otto Spiller (SPD): Vielen Dank, Herr Oehler.
Ich darf nun Herrn Dr. Lageman vom Rheinisch-Westfälischen Institut für
Wirtschaftsforschung um sein Referat bitten.

Dr. Bernhard Lageman: Meine verehrten Damen und Herren, die Mittel-
standsförderung hat in den neuen Bundesländern im Zuge des Transformati-
onsprozesses ein Gewicht erhalten, das weit über ihre Bedeutung in den alten
Bundesländern hinausgeht. Diese Aussage bezieht sich nicht nur auf den Um-
fang der ausgereichten Mittel. Vielmehr kommt der Mittelstandsförderung an-
gesichts der bisherigen Ergebnisse des Umstrukturierungsprozesses in den
neuen Ländern heute eine strategische Bedeutung für das Gelingen des weite-
ren Aufbauprozesses zu, die sie im früheren Bundesgebiet und in anderen ent-
wickelten Industrieländern nie besaß.

Im Jahre 1995 wurden in den neuen Ländern durch Bund und Länder rd.
3,9 Mrd. DM für Zwecke der Mittelstandsförderung aufgewendet (ohne Ge-
meinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ und
ohne Steuervergünstigungen). Damit belief sich der für die KMU-Förderpolitik
eingesetzte Betrag fast auf das Doppelte der Fördermittel in den alten Ländern
mit knapp 2 Mrd. DM.

Im Zusammenhang mit Einsatzzweck und Umfang der Fördermittel stellt sich,
meine Damen und Herren, die Frage nach wirtschaftspolitischer Begründung
und Wirkungen der Förderung.

Förderpolitiken werden auf unterschiedlichste Art begründet. Am häufigsten
wird darauf verwiesen, daß strukturelle Nachteile kleiner und mittlerer Unter-
nehmen, die aus einem Marktversagen herrührten, zu kompensieren seien. Vor
allem bei der Finanzierung stoßen kleine und mittlere Unternehmen auf spezi-
fische Probleme. Ein Marktversagen im Finanzierungsbereich liegt zum Bei-
spiel dann vor, wenn ein Kreditgeschäft, das an sich für den potentiellen Kun-
den wie die Bank vorteilhaft wäre, aufgrund der unzureichenden Informatio-
nen der Bank über den Kunden nicht zustande kommt. Das Marktversagensar-
gument wird indessen bei der Begründung der mittelstandsbezogenen Förder-
politiken zuweilen überstrapaziert.