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Wahlperiode 13, Band III/1, Seiten 116 und 117
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Protokoll der 29. Sitzung

SED überaus geschickt verbreitet wurden. Alles in allem ist dem DDR-Regime
so sicherlich eines der größten Täuschungsmanöver aller Zeiten gelungen.

Sieben Jahre nach Wiedererlangung der Einheit Deutschlands und der Einfüh-
rung der sozialen Marktwirtschaft in den neuen Ländern sind die Fortschritte
beim Aufbau Ost – trotz vieler bestehender Schwierigkeiten – unübersehbar.
Die Einheit und der danach eingeleitete Aufbau Ost sind ein Gewinn für Ost-
und Westdeutschland – politisch, kulturell und wirtschaftlich. Die Bevölke-
rung in den alten und den neuen Ländern hat bisher eine beispiellose Solidari-
tät bewiesen. Die Bürgerinnen und Bürger in den neuen Ländern haben einen
Strukturwandel im wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, sozialen und persönli-
chen Bereich ertragen und durchgestanden, der häufig ihre gesamten Lebens-
umstände von Grund auf geändert hat. Westdeutschland hat diese Aufbaulei-
stung nicht nur mit beträchtlichen finanziellen Ressourcen, sondern auch mit
dem persönlichen Engagement vieler Unternehmer und dem Einsatz von west-
deutschen Bürgern in vielen anderen Bereichen unterstützt. Die überwältigen-
de Mehrheit der Bürger akzeptiert, daß die aufgewendeten finanziellen Mittel
im Rahmen des Wiederaufbaus der neuen Länder Investitionen in die Zukunft
sind, die langfristig erhöhte Wettbewerbs- und Einkommenschancen Gesamt-
deutschlands bedeuten.

Tatsächlich sind allein aus dem Bundeshaushalt zwischen 1990 und Ende 1996
720 Mrd. DM in die neuen Bundesländer geflossen. Die Gesamtsumme der
Transferleistungen beträgt über eine Billion DM, eine für mich unvorstellbare
Summe.

Wer mit offenen Augen durch die neuen Bundesländer geht, sieht, welche ge-
waltigen Fortschritte schon erreicht worden sind, auch hier in dieser Stadt
braucht man sich ja nur umzuschauen. Allerdings dürfen wir nicht aus den Au-
gen verlieren, daß der Aufbau Ost bei weitem noch nicht bewältigt ist.

Unser gemeinsames Ziel ist eine moderne, sich aus eigener Kraft im Wettbe-
werb behauptende Wirtschaft in den neuen Bundesländern, die in der Lage ist,
viele neue Arbeitsplätze zu schaffen.

Die zweite Hälfte des Weges liegt noch vor uns. Sie wird nicht weniger
schwierig sein als die bisher zurückgelegte Wegstrecke.

Niemand, so meine ich, kann heute eine verläßliche Prognose abgeben, in wel-
chem Zeitraum die Wirtschaft der neuen Länder die Leistungsfähigkeit der
Wirtschaft in den alten Bundesländern erreichen wird. Gegenwärtig liegt die
Leistungsfähigkeit (Wertschöpfung je Erwerbstätigen) durchschnittlich bei
55 Prozent.

Entscheidend wird weiterhin die solidarische Anstrengung aller Verantwortli-
chen in Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften und Gesellschaft sein.

In schweren Zeiten bietet sich gleichzeitig eine unglaubliche Chance. Die
Chance, unser gesamtes System auf Sinn und Effizienz zu durchforsten, zu

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Wirtschaft – Sozialpolitik – Gesellschaft

entrümpeln und vom Kopf wieder auf die Füße zu stellen. Eines muß klar sein:
Nicht die deutsche Einheit hat unsere jetzige Gesellschaftskrise verursacht!

Die Folgen der vierzigjährigen Existenz der SED-Diktatur lassen sich nicht
von heute auf morgen beseitigen. Die Probleme, die zu bewältigen waren und
sind, wurden schlicht unterschätzt. Die Flexibilität, die Anpassungsfähigkeit
und -bereitschaft, die Mobilität, die von uns Ostdeutschen abverlangt wurde,
das ist eine ungeheure Lebenserfahrung. Improvisation, Phantasie und Ideen-
reichtum können den Menschen in den neuen Bundesländern nicht abgespro-
chen werden, waren sie doch – anders als mancher das in Westdeutschland
meinen mag – im Alltag der DDR eher gefordert als in der Überflußgesell-
schaft der alten Bundesrepublik. Sich auf diese Tugenden und Traditionen zu
besinnen, bietet beste Voraussetzungen auch für ökonomische Erfolge. Bis zur
wirklichen inneren Einheit liegt noch ein beträchtliches Stück Weges vor uns –
und der – dazu gibt es keine Alternative – muß gemeinsam gegangen werden.

Was mich zuversichtlich stimmt, ist die Tatsache, daß es eine große Zahl ent-
schlossener Menschen in den neuen Bundesländern gibt, die nicht nur hoch
begabt und einsatzwillig sind, sondern auch begeistert oder begeisterungsfähig.
Und auf die, die jetzt spüren, daß sich für sie hier eine große Chance auftut,
müssen wir in Zukunft setzen.

Vieles deutet darauf hin, daß gerade hier eine Generation heranwächst, die tat-
kräftig das Leben in die Hand nehmen will – und die Bewährungsprobe beste-
hen wird.

Ich wünsche uns allen eine erfolgreiche Veranstaltung, die uns mehr Verständ-
nis für die gegenwärtigen Schwierigkeiten und ihre Ursachen vermittelt und
uns auf dem gemeinsamen wichtigen Weg der wirtschaftlichen und sozialpoli-
tischen Gestaltung weiterbringen möge.

Ich gebe nun dem das Wort, dem ich in besonderer Weise ein Wort des Dankes
von uns allen sagen möchte und zwar deswegen, daß er unserer Bitte entspro-
chen hat, für heute und morgen den Plenarsaal des Sächsischen Landtages uns
zur Verfügung zu stellen. Wir sind sehr froh darüber, daß wir in diesem schö-
nen und würdigen Rahmen unsere Anhörung durchführen können. Vielen
Dank Herr Präsident, ich bitte Sie jetzt ums Wort.

Präsident des Sächsischen Landtages Erich Iltgen: Sehr geehrter Herr Vor-
sitzender, sehr geehrte Kommissionsmitglieder und Sachverständige, liebe und
verehrte Gäste. Natürlich habe ich gern der Bitte von Herrn Eppelmann ent-
sprochen, der vom Deutschen Bundestag in seiner 13. Wahlperiode eingesetz-
ten Enquete-Kommission „Überwindung der Folgen der SED-Diktatur im Pro-
zeß der deutschen Einheit“ den Plenarsaal des Sächsischen Landtages für eine
öffentliche Anhörung zur Verfügung zu stellen. Ich möchte Sie alle ganz herz-
lich zu dieser Arbeitssitzung begrüßen, mit der Sie zugleich die bereits mehr-
fach praktizierte Zusammenarbeit zwischen dem Deutschen Bundestag und
dem Sächsischen Landtag fortsetzen. Von besonderem Interesse ist der Gegen-
stand Ihrer Anhörung, mit der die Kommission den noch heute spür- und