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Wahlperiode 13, Band III/1, Seiten 150 und 151
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Protokoll der 29. Sitzung

Chance in unserer Diskussion, daß wir Bereitschaft bei den genannten Herren
finden, uns darüber zu informieren, wie das damals war, so können wir mit ih-
nen zurückblicken. Auf diese Weise erhalten wir einen guten Einblick in die
damaligen Ereignisse, so daß wir nicht von außen betrachten müssen, sondern
für uns die Erfahrungsberichte möglichst nacherlebbar werden. Das ist aus
meiner Sicht die wesentliche Basisrückkopplung, die den Transformationspro-
zeß begleiten sollte.

Ich freue mich also, daß die genannten Herren Platz genommen haben, ich
danke für die Bereitschaft, etwas zu diesem Themenkomplex beizutragen und
ich denke, wir freuen uns alle auf die Erfahrungsberichte, die sicher auch An-
regung zu Fragen seien werden. Ich schlage in dem Sinne vor, daß wir einfach
so vorgehen, wie es in der Tagesordnung steht, daß also zuerst Herr Dr. Karl
Döring, EKO-Stahl-GmbH Eisenhüttenstadt seinen Bericht vorträgt.

Dr. Karl Döring: Meine Damen und Herren, ich bedanke mich für die Einla-
dung an der Teilnahme der Arbeit der Enquete-Kommission. Ich habe die
Einladung besonders deshalb angenommen, weil ja in den heutigen und beiden
folgenden Tagen der Versuch unternommen werden soll, von der Vergangen-
heit die Brücke in die Gegenwart zu schlagen, also von der Bilanz der DDR-
Wirtschaft zur Zwischenbilanz Aufbau Ost. Aus meiner Sicht eine sehr not-
wendige Arbeit, vor allen Dingen auch, wenn man bedenkt, was in dieser Wo-
che noch an Wirtschaftsdaten politisch verarbeitet werden muß.

Mir sind acht Fragen vorgegeben worden. Da ich glaube, daß sie den Arbeits-
fortschritt in der Arbeit der Enquete-Kommission unterstützen, möchte ich
mich auch exakt an diese Fragen halten, sie kurz verlesen und dann meine
Antworten dazu geben. Es sind alles Sachfragen, keine Wertungsfragen, und
ich will auch versuchen, sie mit konkreten Fakten zu beantworten.

Die erste Frage lautet: Inwieweit wurde der Mechanismus zur Erstellung der
Volkswirtschaftspläne dem Anspruch gerecht, ein System von in sich stimmi-
gen und zueinanderpassenden Einzelplänen hervorzubringen, und in welchem
Ausmaß blieben Koordinierungsprobleme schon auf der Planungsebene unge-
löst?

Vielleicht darf man davon ausgehen, daß die Basis aller Planungsarbeit Auf-
kommens- und Verbraucherbilanzen waren. Mit diesem Ausgangsdatenmateri-
al, das natürlich in der Regel unzureichend stimmig war, entstand eine staatli-
che Planaufgabe. Es schloß sich ein umfassender Prozeß der Plandiskussionen
über alle Hierarchieebenen mit dem Ziel an, aus dieser Diskussion heraus mehr
Übereinstimmung zwischen Möglichkeiten und den Erfordernissen zu finden.
Es gab als nächstes dann die Planauflage, die als Versuch gewertet werden
muß, das noch weiter zueinander zu bringen. Der Plandurchführungsprozeß
beinhaltete natürlich ebenfalls das Anliegen Diskrepanzen zu verringern, so-
wohl durch die Tatsache des Wettbewerbes – mit dem heutigen Begriff Ben-
chmarking sicherlich am ehesten charakterisiert – aber selbst durch einen so-
genannten Gegenplan, der neue Initiativen auslösen sollte. Dies ist auch in der

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Wirtschaft – Sozialpolitik – Gesellschaft

Marktwirtschaft nichts Unübliches. Zu dem Budget, das wir heute planen, wird
auch ein Ergebnisverbesserungsprogramm definiert, das die Jahresziele besser
absichern soll.

Es ist klar, daß es zwischen Anspruch und Möglichkeit immer eine gewisse
Differenz gegeben hat. Ich glaube aber nicht, daß das ein ausschließliches Cha-
rakteristikum der zentralplanwirtschaftlichen Prozesse ist, sondern daß ist ein
Charakteristikum jeder Planungen. Meines Erachtens ist es auch im Bundestag
nicht ganz einfach, die Erwartungen und Ansprüche mit den Möglichkeiten
übereinzubringen. Die Stimmigkeit ist also aus meiner Sicht immer ein iterati-
ver Prozeß.

Die zweite Frage lautet: War die Planerfüllung der wichtigste Erfolgsmaßstab
für die Betriebe und die Kombinate, und lag darin ein wirksamer Leistungsan-
reiz oder eher ein Anreiz, tatsächliche Leistungsmöglichkeiten nicht auszu-
schöpfen?

Die Planerfüllung war wichtigster Erfolgsmaßstab und Leistungsanreiz, weil
mit der Planerfüllung Fondsbildungen möglich waren, die im eigenen Unter-
nehmen Bewegungsfreiheit z. B. für soziale Fragen aber auch für Entwick-
lungsfragen schaffen konnten. In den Unternehmungen, Kombinaten und Be-
trieben wurden nach der Planerfüllung der Leistungsfonds, der Prämienfonds
und der Kultur- und Sozialfonds gespeist, und wenn ein Unternehmen im Ex-
port in das sogenannte nichtsozialistische Wirtschaftsgebiet (NSW) tätig war,
war es damit möglich, auch eigene Mittel zur Eigenverwendung zu erwirt-
schaften.

Es war somit ein wirksamer Anreiz, sowohl für das Individuum als auch für
das Betriebskollektiv den Plan zu erfüllen.

Die Frage, ob es einen Anreiz gegeben hat, einen anspruchsvollen Plan zu de-
finieren oder eher einen zurückhaltenden Plan, also Planungssicherheit zu ha-
ben, der hing natürlich sehr viel von den individuellen Herangehensweisen
einzelner Personen ab. Es ist natürlich unstrittig, daß das Streben nach einer
Planungssicherheit schon eine große Rolle spielte. Aber auch hier glaube ich,
daß das in jedem Planungsprozeß, gleich in welchem System er existiert, so
sein wird.

Drittens: Wie schlüssig und wirksam waren die administrativen Kontroll- und
Lenkungsmaßnahmen?

Das System der Kontroll- und Lenkungsmaßnahmen war umfassend ausge-
staltet. Ein detailliertes Berichtswesen, eine Finanzrevision, unterschiedliche
Inspektionen und Rechenschaftslegungen in der jeweils nächsthöheren Hierar-
chieebene umrissen dieses System. In diesem Zusammenhang wird immer die
Frage gestellt, ob es denn ausreichende Korrektheit in der Berichterstattung
gab. Ich sage, für die materiellen und finanziellen Kennziffern trifft dies zu,
denn eine Tonne war damals wie heute unbestreitbar eine Tonne, und eine
Mark der DDR mußte auch im Buchwerk nachgewiesen werden. Bei den so-