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nerberatung, betreuen Alkoholiker. Dies beweist, daß diese Frauen mit diesen
ganzen Problemen aktiver umgehen, als vielfach die Männer.
Zur Quantifizierbarkeit möchte ich folgendes anmerken: 60 % der Arbeitslosen
und 3/4 der Langzeitarbeitslosen sind Frauen. Diese Frauen, das kann man
wohl sagen, sind mit der Situation unzufrieden. Das ist eine große Anzahl. Ich
bin der Meinung, daß diese Frauen der Wärme und der Sicherheit in der DDR
nachtrauern, aber sie wünschen sich das nicht zurück. Diese Frauen warten auf
ihre Chance, daß sie sich wirklich aktiv mit einbringen können. Sie wollen sich
mit ihrer Situation nicht abfinden. Das finde ich positiv.
Gesprächsleiterin Abg. Christine Kurzhals (SPD): Meine Damen und Her-
ren, ich danke Ihnen für Ihre interessanten Beiträge, für die interessante Dis-
kussion. Ich danke unserem Vorsitzenden für die Genehmigung, überziehen zu
dürfen und übergebe.
Vorsitzender Siegfried Vergin (SPD): Meine Damen und Herren, wir setzen
die Sitzung um 17.15 Uhr fort.
Pause
Vorsitzender Siegfried Vergin: Ich bitte alle Teilnehmer der Anhörung in
den Saal. Meine Damen und Herren, wir beginnen mit dem letzten Teil des
heutigen Tages. Die Moderation hat Gerd Poppe. Es werden jetzt einige Kurz-
beiträge zu Einzelpunkten, die heute schon einmal global aufgerufen wurden,
vertieft. Ich würde vorschlagen, daß Sie, Herr Kollege Poppe, sofort die Mode-
ration übernehmen und die einzelnen Redner dann auch bitten, Ihren Vortrag
zu halten.
Gesprächsleiter Abg. Gerd Poppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen
Dank, Herr Vorsitzender. Ich freue mich, daß überhaupt noch einige Zuhörer
nach den bisherigen 18 Stunden gestern und heute geblieben sind. Ich möchte
trotzdem kritisch vermerken, daß es der Wunsch der großen Fraktion war, auch
insbesondere der CDU/CSU-Fraktion, diese Mammut-Anhörung von 2 1/2
Tagen in dieser Form durchzuführen. Deshalb kann ich die Enttäuschung dar-
über nicht verbergen, daß die Sitze der CDU/CSU-Fraktion so spärlich besetzt
sind.
Ich hoffe dennoch auf einen interessanten letzten Teil des heutigen Tages.
Die Themen, mit denen wir uns im folgenden auseinandersetzen, möchte ich
einmal so bezeichnen, daß ein „Gemischtwarenladen“ übriggeblieben ist. Die
Bereiche, denen wir uns jetzt widmen, gliedern sich in die Themenkomplexe:
Alte Menschen, Behinderte, die Geburtenentwicklung sowie die Wanderbewe-
gung. Es sieht ein bißchen so aus, als ob das Themen sind, die in die Über-
schriften der bisherigen Vorträge nicht so recht hineinpaßten, und deshalb nun
am Schluß hintereinander abgehandelt werden. Auf der anderen Seite kann
man natürlich sagen, daß alles mit allem zusammenhängt. Die Geburtenent-
wicklung hängt sicherlich mit der späteren Rentenentwicklung zusammen. Es
ist ein demographisches Problem, wie auch die Wanderbewegungen zu einem
demographischen Problem werden können. Es gibt also durchaus Zusammen-
hänge mit den bisherigen Themenkomplexen dieser Anhörung. Wir haben sie
alle schon einmal in den Beiträgen des Ministers und auch in der letzten Dis-
kussionsrunde vernommen.
Ich möchte Sie jetzt bitten, Ihre Kurzvorträge aus Zeitgründen ohne Pause
hintereinander zu halten, und die Diskussion auf den Schluß dieses heutigen
Tages zu verlegen, damit wir einigermaßen zügig vorankommen. Ich möchte
Sie weiterhin bitten, die vorgegebenen 15 Minuten bei den Kurzvorträgen ein-
zuhalten.
Wie im Programm angekündigt, möchte ich zunächst einmal Herrn Dr. Dor-
britz bitten, seinen Vortrag über die Geburtenentwicklung und ihre Auswir-
kungen sowie die möglichen ökonomischen, sozialen und politischen Folge-
rungen, die sich daraus ergeben, zu halten. Das Anliegen der Enquete-Kom-
mission besteht ja auch darin, die noch anhaltenden Folgen der DDR-Vergan-
genheit in den Blick zu nehmen, zugleich aber auch den Transformationspro-
zeß zu analysieren sowie die politischen Schlußfolgerungen zu ziehen. Des-
weiteren ist es ein Anliegen der Enquete-Kommission, Empfehlungen an den
Bundestag gegenüber den zuständigen Fachpolitikern abzugeben. Es geht um
die Analyse, wie man Fehlentwicklungen vermeiden oder beenden kann. Es
wäre wünschenswert, wenn wir hierbei auch das eine oder andere positive Si-
gnal in den jetzt zu behandelnden Themen bezüglich des Ablaufs des Trans-
formationsprozesses erkennen. Wenn ich z. B. an die heutigen Ausführungen
von Staatsminister Geisler denke, die er zu den Behinderteneinrichtungen ge-
geben hat, ist hierin durchaus eine Entwicklung sichtbar. Ich würde Sie also
allesamt bitten wollen, den Schwerpunkt auf die Entwicklung des Transforma-
tionsprozesses selbst, und die sich – nach Ihrer Meinung – ableitenden Folge-
entwicklungen für die Zukunft, zu legen. Ich bitte Sie, Herr Dr. Dorbritz, jetzt
zu beginnen.
Dr. Jürgen Dorbritz: Vielen Dank, Herr Poppe. Ich möchte mich zunächst
vorstellen. Ich bin wissenschaftlicher Rat am Bundesinstitut für Bevölkerungs-
forschung in Wiesbaden. Dort arbeite ich seit 1992. Davor habe ich seit 1980
an der Akademie der Wissenschaften im Institut für Soziologie und Sozialpo-
litik der ehemaligen DDR gearbeitet.
Zunächst möchte ich Ihnen die Geburtenentwicklung darlegen. Ich bin in der
gleichen Situation wie meine Vorredner, die auch nicht auf einen Over-
headprojektor zurückgreifen konnten. Sie müssen also das Manuskript zur
Hand nehmen. Ich möchte Sie bitten, Abb. 4 (Hinweis: Tabellen und Abbil-
dungen in Anlage 4) meines Manuskriptes aufzuschlagen. In dieser Abbildung
wird der Trend der Geburtenhäufigkeit in beiden Teilen Deutschlands zwi-
schen 1960 und 1995 gezeigt. Bei der Kennziffer „zusammengefaßte Gebur-
tenziffern“ handelt es sich um eine durchschnittliche Kinderzahl, die auf den
Daten eines Kalenderjahres berechnet worden ist. Einzelheiten zu dieser Vor-
gehensweise beantworte ich Ihnen gerne später, falls es Sie interessiert. Der
Abbildung kann man vier bedeutende Fakten entnehmen. Zunächst kann man