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ser Raum ist wirklich ein historischer Raum auch im Zusammenhang mit unse-
rer Arbeit in der Enquete-Kommission. Hier wurden nach den mir vorliegen-
den Unterlagen die ersten Schritte unternommen, um den Prager Frühling zu
zerstören. Insofern haben wir also ein Background in diesen Räumen, wie
Diktaturen mit freiheitlichen Bewegungen umgehen. Wie gesagt, die Mitglie-
der der Enquete-Kommission bekommen einen entsprechenden Aufsatz dazu,
ich habe ihn vervielfältigen lassen.
Das heutige Thema „Erfolge und Probleme im Transformationsprozeß in Wirt-
schafts- und Sozialpolitik“ unter dem Stichwort „Ausblick“ wird eine Zusam-
menfassung der 23stündigen Anhörung, die wir hier bisher in Dresden hinter
uns gebracht haben, versuchen. Das ist vielleicht auch für die Öffentlichkeit
mal ganz interessant zu erfahren, daß diese Bundestagsabgeordneten in drei
Tagen in der Lage sind, die normale Wochenarbeitszeit hinter sich zu bringen.
Die Einführung in diese Abschlußpodiumsdiskussion wird Herr Spiller vor-
nehmen. Ich wollte Sie hier in diesem Raum begrüßen und meine Freude zum
Ausdruck bringen, daß Sie, Herr Dr. Ihme, in Vertretung Ihres Oberbürgermei-
sters jetzt zu uns ein Grußwort sprechen wollen. Ich bitte Sie jetzt schon, dem
Oberbürgermeister unsere Grüße zu übermitteln und ihm Dank zu sagen, daß
wir hier in diesen historischen Räumen die Tagung beenden können.
Dr. Bernd Ihme: Sehr geehrter Herr Vorsitzender, vielen Dank noch einmal
für die freundlichen Worte, sehr verehrte Damen und Herren, liebe Gäste der
Landeshauptstadt Dresden. An Ihrem abschließenden Arbeitstag in der Sächsi-
schen Landeshauptstadt begrüße ich Sie recht herzlich im Dresdner neuen Rat-
haus. Das Abschlußpodium Ihrer öffentlichen Anhörung zur Wirtschafts- und
Sozialpolitik begleiten auch die besten Wünsche von Oberbürgermeister Dr.
Wagner, der Sie gern persönlich empfangen hätte, aber als Vizepräsident des
deutschen Städtetages hat er außerhalb von Dresden eine Verpflichtung. Wir
freuen uns, daß Sie für Ihre Diskussion zu dem wichtigen Thema das spannen-
de Dresdner Umbruchambiente gewählt haben. Elbflorenz im Wandel. Für Ihre
Gespräche ist dies gewiß zusätzlich anregend. Jahrhundertalte Kulturland-
schaft und leistungsfähiger Wirtschaftsstandort, Ort kunsthandwerklicher Tra-
dition und Nährboden innovativer Kraft, Schatzkammer der Kurfürsten und
Ackerland für Hightechindustrien. Das bald 800jährige Dresden ist ein Ort der
Symbiosen. Kultur und Wirtschaft laufen im Gespann. Beides findet hier eine
glückliche Verbindung. So ist Dresden nicht allein das von Johann-Gottfried
Herder liebevoll benannte Florenz des Nordens, sondern auch der Ort, an dem
Johann Friedrich Böttcher die Rezeptur für das europäische Hartporzellan
fand. Heute heißt es Meißner Porzellan, damit verkauft es sich auch besser. In
Dresden komponierte nicht nur Karl Maria von Weber den Freischütz, sondern
hier konstruierte auch Johann Andreas Schubert die erste deutsche Dampflo-
komotive.
Heute, im wiedervereinten Deutschland hat Dresden als ehemals viertstärkste
Wirtschaftsregion Deutschlands die Chance, an seine wirtschaftlichen Tradi-
tionen anzuknüpfen. Schon wird sichtbar, Dresden holt Nachkriegsrückstände
auf und gewinnt seine Identität zurück. In den letzten sechs Jahren sind in der
Sächsischen Landeshauptstadt Investitionen von rund 50 Milliarden Mark in
Gang gekommen. Wenngleich zunächst viele Tausend unrentable Arbeitsplät-
ze schmerzhaft für die Betroffenen verloren gingen, die Mehrzahl, der bei uns
verwurzelten Branchen blieb erhalten. Von A, wie Arzneimittelherstellung bis
Z, wie Zementproduktion reicht die Produktpalette Made in Dresden. Die
größten Industrieansiedlungen, zusammen mehr als 5,5 Milliarden Mark
schwere Investitionen, gelangen mit der Siemens Chip-Fabrik und gelingen
mit dem Mikroprozessorwerk des amerikanischen Elektronikkonzernes Ad-
vanced Microdevisers. Damit mausert sich Dresden zum modernen Hightech-
standort in Europa.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, noch lange hat Dresden Kriegswun-
den zu schließen. Noch schwer ist mit den Versäumnissen der Nachkriegsjahr-
zehnte eine Erblast abzutragen. Schulen, Krankenhäuser, Straßen, öffentliche
Verkehrsmittel, kommunale Ver- und Entsorgungsanlagen, die Infrastruktur ist
noch über Jahre investitionsbedürftig, um mit vergleichbaren Städten im We-
sten unserer Heimat Schritt halten zu können.
Angesichts einer in Dresden zur Zeit bei 13,8 % liegenden Arbeitslosenquote,
der im Osten niedrigsten, sehen wir in der wirtschaftlichen Stärkung der Regi-
on weiter die größte Herausforderung. Die Deutsche Einheit wird vom Einzel-
nen nur dann dauerhaft als Gewinn empfunden, wenn er auf allen Gebieten
Teil des Ganzen sein kann. Dresden hat einen aufregenden Weg eingeschla-
gen. Ich hoffe, Sie konnten während Ihres Aufenthaltes davon einen eigenen
Eindruck gewinnen. Trotz noch vieler ungelöster Probleme blicken wir optimi-
stisch in die Zukunft und stellen uns den Mühen der Ebene. Die Erinnerung an
die Zeit der Stagnation ist noch wach, die Freude über die Fortschritte in der
Stadt lebendig. Gerade unsere Frauenkirche ist ein markantes Beispiel für den
Dresdner Bürgersinn, der Kräfte in der ganzen Welt zu mobilisieren vermag.
Im Jahre 2006, wenn Dresden seinen 800sten Geburtstag feiert, wird die Lücke
in der berühmten Silhouette geschlossen sein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich wünsche Ihnen bei Ihrer verant-
wortungsvollen Tätigkeit noch einen erfolgreichen Tag, und ich bedanke mich
bei Ihnen für Ihre Hilfe.
Vorsitzender Siegfried Vergin: Herzlichen Dank Herr Bürgermeister, Herr
Dr. Ihme. Wir haben Verständnis dafür, daß Sie sich jetzt verabschieden. Wir
hatten das schon besprochen, ich teile das nur mit, damit die Kolleginnen und
Kollegen Bescheid wissen, daß Sie jetzt an Ihre verantwortungsvolle Aufgabe
gehen.
Dr. Bernd Ihme: Meine Damen und Herren, Sie sind 2006 zu unserer 800-
Jahr-Feier herzlich nach Dresden eingeladen und zu jedem anderen Jahr vorher
auch. Auf Wiedersehen.
Vorsitzender Siegfried Vergin: Kollege Spiller hat das Wort.