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Wahlperiode 13, Band VI, Seiten 46 und 47
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Protokoll der 22. Sitzung

Zur Frage 6.:

Die einzig mögliche Gestaltungsweise der Gedenkstätten nazistischer Kon-
zentrationslager in Deutschland ist in der Resolution des Europäischen Parla-
mentes dargelegt.

Schlußfolgerung:

Aus den in unserer Vorbemerkung dargelegten Gründen und dem Wunsch,
sich nicht in innerdeutsche politische Angelegenheiten einzumischen, sowie
als Ausdruck unserer Weigerung, mit den Vertretern unserer Henker an einem
Tisch zu sitzen, wie das Programm es vorsieht zwischen 17.30 Uhr und 18.30
Uhr, halten wir unsere Anwesenheit bei der Anhörung durch die Enquete-
Kommission für überflüssig. Diese Erklärung wurde einstimmig vom Interna-
tionalen Komitee Buchenwald-Dora und Kommandos auf seiner Sitzung am
28. und 29. September in Blois, Frankreich, angenommen. Folgende Länder
waren vertreten: Albanien, Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Frank-
reich, Israel, Italien, Kanada, Kroatien, die Niederlande, Norwegen, Öster-
reich, Polen, Rumänien, die Tschechische Republik, die Ukraine und Weiß-
rußland. Die Vertreter Bulgariens, Luxemburgs, Rußlands, Sloweniens, Spani-
ens und Ungarns fehlten aus gesundheitlichen Gründen, die Vertreter von Au-
stralien und der USA aus Gründen der Entfernung. Ihr Einverständnis wurde
dennoch eingeholt. Herr Romani Rose, Präsident des Kulturzentrums der Sinti
und Roma in Deutschland, hat als Gast des IKBD den Verhandlungen beige-
wohnt und seine Zustimmung zu dem angenommenen Text ausgedrückt.

Die Teilnehmer haben einstimmig beschlossen, daß Herr Dr. Durand, Präsi-
dent des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora und Historiker, Frau Du-
nata Brzosko-Medryk, Friedenspreisträgerin der Stadt Aachen, Vertreterin
Polens und der Häftlingsfrauen der Außenkommandos des Konzentrationsla-
gers Buchenwald, Herr Willi Schmidt, einer der Vizepräsidenten des Interna-
tionalen Komitees Buchenwald-Dora und 1937-1945 in Buchenwald inhaftiert,
sowie Herr Guy Ducoloné, ehemaliger Vizepräsident der Französischen Natio-
nalversammlung, Präsident der interparlamentarischen Gruppe ehemaliger De-
portierter und Widerstandskämpfer der Nationalversammlung sowie Präsident
des französischen Häftlingsverbandes, an der Sitzung heute teilnehmen wer-
den. Die Delegation wird sich nach Verlesen der Erklärung zurückziehen.“

Vorsitzender Siegfried Vergin: Vielen Dank Herr Dr. Durand. Ich möchte
nur eine Bemerkung machen. Ich bedauere, neben vielen anderen Dingen, über
die man diskutieren kann, daß bei Ihnen der Eindruck entsteht, daß die von uns
eingeladenen Damen und Herren, die in der zweiten Runde mit uns diskutieren
werden und die nachweislich alle Schicksale aus einer Diktatur heraus in ihrer
Biographie haben, in Ihrem Schreiben als „Vertreter unserer Henker“ tituliert
werden. Dies, glaube ich, ist eine Formulierung, die über alles hinausgeht, was
einer sachlichen Diskussion dient.

Die zweite Anmerkung zur Sache. Natürlich wird die Enquete-Kommission in
ihre Überlegungen auch einbeziehen, was das Europäische Parlament emp-

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Gedenkstättenarbeit für Nachgeborene

fiehlt, dies ist völlig klar. Mir wäre es heute lieber gewesen, wir hätten den
Versuch unternommen, uns darauf zu einigen, daß es darum geht, aus dem,
was in den Gedenkstätten jetzt deutlich werden muß, die Schlußfolgerung zu
ziehen, gemeinsam alle Anstrengungen in die Richtung zu treiben, die einer
demokratischen und freiheitlichen Entwicklung unseres Staates und der Euro-
päischen Union dienen. Mehr kann ich im Augenblick als Präsident der Veran-
staltung nicht sagen, aber ich glaube, die Enquete-Kommission hat von mir
jetzt erwartet, daß ich zu diesen wichtigsten Punkten Stellung nehme für die
Kommission selbst.

Wir haben jetzt vier Wortmeldungen. Den Herrn Abgeordneten Meckel, Herrn
Prof. Weber, Herrn Moreau, Herrn Dr. Fricke.

[Zwischenruf an Herrn Dr. Durand]

Dr. Pierre Durand: Also ich muß logisch sein, die internationale Versamm-
lung der ehemaligen Häftlinge hat beschlossen, daß wir nicht an der Diskussi-
on teilnehmen und Sie werden mich nicht in Widerspruch mit mir selbst und
mit den getroffenen Entscheidungen bringen wollen. Ich habe vorhin gesagt,
daß wir uns nach unserem Beitrag zurückziehen werden. Deswegen ziehen wir
uns jetzt auch zurück. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit, die Sie dem
entgegenbringen, was ich sage.

[Dr. Pierre Durand und Dr. Danuta Brzosko-Medryk verlassen das Podium]

Abg. Markus Meckel (SPD): Es tut mir sehr leid, was hier vorgefallen ist. Es
macht deutlich, wie wenig es uns möglich ist, wirklich miteinander zu reden,
und genau dieses Miteinanderreden ist angesichts dieser Situation, auch dieser
historischen Situation – wie ich glaube – besonders dringlich. Ich gehöre zu
denen – und nicht allein, sondern sehr viele, auch im Deutschen Bundestag, die
es ebenfalls für beschämend halten, daß viele Fragen der Aufarbeitung der NS-
Vergangenheit bis heute nicht angemessen in Deutschland aufgearbeitet sind.
Es gibt Opfergruppen, die bis heute nicht angemessen berücksichtigt, entschä-
digt und geehrt werden. Ich denke an zwangssterilisierte Frauen, ich denke an
Deserteure, ich denke an die polnischen Frauen, die im KZ Ravensbrück Opfer
medizinischer Versuche waren, manche andere ließen sich zusätzlich hier nen-
nen.

[Zwischenruf: Homosexuelle!]

Ja, auch Homosexuelle, das sage ich sehr deutlich und sehr gerne füge ich das
hinzu. Aber ich glaube, es ließen sich auch noch weitere nennen. Ich denke,
hier gibt es eine politische Aufgabe, vor der wir stehen und vor der wir beson-
ders auch im Bundestag stehen. Eine Aufgabe, zu der ich mich bekenne. Das
zweite, das ich ansprechen möchte, ist in diesem Horizont das, was Herr Bubis
angesprochen hat; die Notwendigkeit, nicht den gleichen Fehler zu machen,
von dem man sagen muß, daß er in beiden deutschen Staaten – so bewußt sage
ich es – in der Aufarbeitung des Nationalsozialismus gemacht worden ist. Im
Osten, indem man den Antifaschismus instrumentalisiert hat, und im Westen,