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Wahlperiode 12, Band I, Seiten 638 und 639
638
Enquete-Kommission

Abschließend ist festzustellen, daß größere Themenbereiche der DDR-
Forschung ohne Auswertung von MfS-Unterlagen kaum adäquat behandelt
werden können. Darüber hinaus könnte den Akten eine zentrale Bedeutung
für die Erforschung kommunistischer Herrschaftssysteme und moderner Dik-
taturen zukommen [→ Bericht Engelmann].

 

6. Forschungsdesiderata und Empfehlungen

  • Über zwei Jahre konnten bisher Erfahrungen mit dem Stasi-Unterlagen-
    Gesetz (StUG) gesammelt werden. Für die Forschung haben sich dabei eine
    Reihe grundsätzlicher Fragen ergeben. So stehen z. B. Datenschutzbelange
    oft im Konflikt mit Forschungsinteressen. Bei einer Novellierung des StUG
    sollte diesen Erfahrungen unter Hinzuziehung archiv- und geschichtswis-
    senschaftlichen Sachverstandes Rechnung getragen werden.
  • Nachdem der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheits-
    dienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) einen
    Großteil der Überprüfungen im öffentlichen Dienst bewältigt hat, sollten
    für die Forschung die großen Bestände an Sachakten des MfS verstärkt
    erschlossen und bereitgestellt werden.
  • Zum Problemfeld der personellen Aufarbeitung des MfS-Erbes → Kapitel
    „Seilschaften“.
  • Eine genaue, differenzierte Erforschung der Verantwortung hauptamtlicher
    Mitarbeiter des MfS steht noch aus.
  • Zur Klärung der offiziellen Kontakte zum MfS ist eine Erforschung des
    politisch-operativen Zusammenwirkens (POZW) dringend erforderlich.
  • Eine Novellierung des StUG sollte hauptamtliche Mitarbeiter der K 1 den
    Inoffiziellen Mitarbeitern der K 1 gleichstellen.
  • Weitere Forschungsdesiderata sind:
    Die Durchdringung des militärischen Bereichs durch das MfS und die
    Zusammenarbeit mit der Verwaltung Aufklärung der NVA; die Arbeit der
    HA II sowie die Zusammenarbeit der Abteilung X mit dem KGB und den
    anderen Geheimdiensten der Warschauer-Pakt-Staaten.

 


III. Opfer des SED-Regimes


Inhalt

1. Kategorien der Opfer
2. Gesetzgeberische Maßnahmen
3. Handlungsbedarf für Staat und Gesellschaft

639
Bericht der Enquete-Kommission

Ein Ziel der Arbeit der Enquete-Kommission war es, den Blick auf die Folgen
von 40 Jahren SED-Diktatur zu richten. Hierzu gehört die Verpflichtung, die
Schicksale der Opfer des Systems zu würdigen und deren Leiden vor dem
Vergessen zu bewahren, zumal da die Erinnerung an die Schrecken der über-
wundenen Diktatur weithin einer undifferenzierten „DDR-Nostalgie“ weicht.
Viele Opfer des SED-Regimes fühlen sich auch heute noch benachteiligt.
Sie können nur schwer verstehen, daß die strafrechtliche und die politische
Aufarbeitung des SED-Unrechts bisher nicht zu den von ihnen erwarteten
Konsequenzen für die Täter geführt hat. Mit Recht wird kritisiert, daß die
Schilderung von Opferschicksalen in der Berichterstattung vieler Medien
offenbar nur einen geringen Stellenwert besitzt. Betroffene reagieren häufig
mit Wut oder Resignation, wenn sie beobachten müssen, daß Verantwortliche
des SED-Systems gern gesehene Gäste in Talk-Shows oder ähnlichen Veran-
staltungen sind und diese Podien oftmals als Foren für ihre Rechtfertigung
mißbrauchen.

Zur Gruppe der Opfer zählt, wer diktatorischer Willkür ausgesetzt war.
Im Rahmen dieses Kapitels sind jene Einschränkungen und Schädigungen
nicht berücksichtigt, die jeder Bewohner der DDR zu tragen hatte und die
alltagsspezifischer Natur waren (z. B. allgemeine Umweltbelastungen, Beein-
trächtigungen des Lebens im Alltag durch Einschränkung der Informations-
und Reisefreiheit, Versorgungsengpässe bei vielen Verbrauchsgütern). Darüber
hinaus fühlte und fühlt sich nicht jeder Gegner des Systems, der von der
Staatsmacht verfolgt worden ist, als Opfer. Je stärker der einzelne sich zu
seinem oppositionellen Handeln bekannte, um so eher war er dazu bereit,
die daraus entstehenden persönlichen Nachteile und Repressionen in Kauf zu
nehmen und sie in sein aktives Handeln einzubeziehen [→ Protokolle Nr. 67,
68].

Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, daß letztlich die Gesamtbevöl-
kerung der DDR durch das im Mauerbau gipfelnde Grenzregime Opfer einer
großangelegten Freiheitsberaubung wurde. Dieses griff in alle Bereiche der
freien Entfaltung der Persönlichkeit ein und verwandelte die Freiheitsrechte
in eine Manipulationsmasse der Staatspartei. Nicht selten war die Nötigung
zur Mitarbeit beim Staatssicherheitsdienst das Ziel.

 

1. Kategorien der Opfer

Systematisch können folgende Schadensgruppen unterschieden werden:
Schäden an den Rechtsgütern
– Leben
– Körper und Gesundheit
– Freiheit und Menschenwürde