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Wahlperiode 12, Band VI/1, Seiten 134 und 135
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Protokoll der 56. Sitzung

es klingelte schon, wenn die den ersten Schritt über die Türschwelle machten.
(Beifall)

Gesprächsleiter Karl Wilhelm Fricke: Vielen Dank, Herr Neubert, wir haben
mit der gleichen Faszination Ihren Antworten gelauscht wie Ihrem Referat,
Ihnen nochmals Dank, auch Ihnen, Herr Vollnhals. Die letzten zwei Stunden
haben wieder in einer Weise, die betroffen macht, gezeigt, wie das Verhältnis
von Staatssicherheit und Kirche gewesen ist. Tatsächlich war die Kirche bis
zuletzt im Visier der Stasi. Noch am 26. Oktober 1988 hielt Mielke auf
einer zentralen Dienstkonferenz des MfS eine Rede zu Aspekten der Lage
in der Evangelischen Kirche in der DDR. Es war Ausfluß eines Denkens,
in dem das Weltbild zum Feindbild verkommen war. Die Konsequenz war
eine jahrzehntelange Zersetzungsstrategie gegenüber der Kirche. Gemessen
an dem Einsatz, an dem Aufwand, war der Erfolg minimal. Es gab viele
schwarze Schafe, gewiß zu viele, aber es gab sehr viel mehr Menschen in
der Kirche, die Nein gesagt haben, die sich verweigert haben. Auch diese
Erkenntnis wird am Ende unserer Diskussion über das Verhältnis von Kirche
und Staatssicherheit stehen. Ich danke Ihnen und gebe das Wort zurück an
Rainer Eppelmann. (Beifall)

Vorsitzender Rainer Eppelmann: Wir wollen versuchen, um 19.30 Uhr hier
weiterzumachen. (Pause)

Wir kommen heute und morgen zusammen, zumindest von unserer Planung
her, um uns zu fragen, wie das gewesen ist mit dem Verhältnis der Kirchen.
Auch wenn bisher nur von evangelischer Kirche geredet worden ist, muß noch
einmal deutlich gesagt werden, daß es in diesem Themenfeld 5 um das
Verhältnis der Kirchen zu den Regierenden in der Deutschen Demokratischen
Republik geht. Welche Absichten haben die Regierenden verfolgt? Wo und wie
wollten sie Kirche benutzen, instrumentalisieren, auskundschaften? Welchen
Auftrag hat die Kirche selbst gesehen, und an welchen Stellen haben die
Regierenden Einfluß genommen auf das, was in der Kirche geschah? Ein
Reizwort in diesem ganzen Spannungsfeld, das, wenn ich es richtig sehe,
in den Jahren auch unterschiedlich interpretiert und gefüllt worden ist, ist das
Wort „Kirche im Sozialismus“. Dem soll unsere Diskussionsrunde heute abend
gelten, und ich bitte jetzt Michael Passauer, die Moderation und Einführung
zu übernehmen. Bitte, Michael.

Gesprächsleiter Superintendent Martin-Michael Passauer: Vielen Dank,
Herr Vorsitzender. Kaum eine Anhörung, die wir von der Enquete-Kommission
bisher gemacht haben, ging ohne ein Podiumsgespräch aus, so daß wir auch
heute abend wieder eines haben, wiewohl wir hinterher oft merken, daß einem
die Grenzen eines solchen Podiumsgesprächs sehr schnell ins Auge fallen.
Wir waren aber der Meinung, wir sollten nicht nur die Formel „Kirche im
Sozialismus“, sondern auch deren Inhalt mit Menschen diskutieren, die nach
der Meinung der Vorbereitungsgruppe dazu unterschiedliche Positionen haben.

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Haltung der evang. Kirchen zum SED-Staat

Wir haben, wie das vorher Ehrhart Neubert gesagt hat, hier keinen Kon-
sensdruck, im Gegenteil – ich möchte gerne, daß wir kontrovers diskutieren.
Und wer die Menschen, die jetzt hier vorne sitzen, ein bißchen kennt, der
weiß, daß sie auch kontrovers diskutieren können, weil sie unterschiedliche
Positionen haben. Ich stelle Ihnen Herrn Bischof Werner Krusche vor. Bischof
Werner Krusche ist Bischof im Ruhestand; ich habe hier eine ganze Vita von
ihm, ich kann also alle Daten vorlesen, die mit seiner Person in Verbindung
zu bringen sind. Wichtig ist vielleicht, daß er stellvertretender Vorsitzender
der Konferenz der Kirchenleitungen von 1977 bis 1981 war, daß er bei dem
berühmten Grundsatzgespräch am 6. März 1978 mit am Tisch gesessen hat,
also jemand ist, der die Gründung des Bundes von Anfang an in verant-
wortlicher Position miterlebt hat, und der als Bischof der Kirchenprovinz
Sachsen, in der wir uns ja hier befinden, auch wichtige kirchenpolitische
Entscheidungen mitgetroffen hat. Er ist derjenige gewesen, der auf der letzten
Bundessynode 1991 ein vergangenheitsbetrachtendes Referat gehalten hat
zum Thema „Kirche im Sozialismus“ – Werner Krusche. Neben ihm sitzt
Herr Reinhard Steinlein. Reinhard Steinlein ist Superintendent in der Kirche
Berlin-Brandenburg gewesen, Superintendent im Kirchenkreis Finsterwalde
und Superintendent im Kirchenkreis Nauen. Er ist gleichzeitig Konsistorialrat
im evangelischen Konsistorium Berlin-Brandenburg gewesen, und er gehörte
lange Zeit der Kirchenleitung unserer Kirche Berlin-Brandenburg an. Er hat
ein Buch geschrieben mit dem Titel „Die gottlosen Jahre“. Darin hat er
beschrieben, was für ihn kennzeichnend war, als Bischof Schönherr seinerzeit
in der Kirchenleitung gesagt hat: „Ach, übrigens wollte ich euch noch erzählen,
der 6. März steht ins Haus, wir haben ein Grundsatzgespräch“, da ist Steinlein
aufgestanden und hat gesagt: „Jetzt ist das Faß übergelaufen, ich trete aus
dieser Kirchenleitung aus.“ Deshalb hat er zu dem Begriff und zum Verhältnis
„Kirche im Sozialismus“ eine besondere Position, und zu der wird er auch
gleich etwas sagen.

Der dritte ist Herr Landesbischof i.R. Werner Leich. Er ist der Landesbischof
der Kirche, die hier vorher besonders auf dem Prüfstand stand. Er war lange
Zeit Vorsitzender der Konferenz der Kirchenleitung und damit Vorsitzender
des Vorstandes der Konferenz der Kirchenleitung, besonders in den achtziger
Jahren, und er war derjenige, der öffentlich, als das noch nicht in Mode war,
den Begriff „Kirche im Sozialismus“ versucht hat zu relativieren bzw. ihn
ganz zu vermeiden. Er hat damals ein wichtiges Gespräch mit Erich Honecker
geführt, wo es um das menschlichere Antlitz der Gesellschaft ging und hat
von daher wichtige Positionen, die er uns heute in einem kurzen Statement
noch zu Gehör bringen wird.

Richard Schröder ist Professor an der Humboldt-Universität in Berlin und zur
Zeit Dekan. Sie kennen ihn vielleicht aus ganz anderen als aus kirchlichen
Bezügen. Für uns ist er heute interessant als Professor der Theologie und