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Wahlperiode 12, Band VII/1, Seiten 292 und 293
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Protokoll der 68. Sitzung

berichten und bestimmen, sondern daß ich selbst dazu beitragen muß, daß das
Bild dieser DDR ein differenziertes Bild ist. Außerdem habe ich festgestellt,
daß das etwas mit Schutz zu tun hat.

Dann entstanden „Friedensdekade“ – ich sage das jetzt einmal nur in
Stichworten –, „Friedenswerkstatt“, eine Idee, die wir – wie das gestern und
heute in Stichworten schon mehrfach angeklungen ist – von Jena übernommen
haben, und auch das Seminar „Konkret für den Frieden“. Das ist die Gruppe
gewesen, die die „Friedenswerkstatt“ vorbereitet und, nachdem sie die erste
Veranstaltung durchgeführt hatte, gesagt hat: „Nun laßt uns bloß nicht nur
Veranstaltungen mit Werkstattcharakter durchführen, sondern laßt uns auch
inhaltlich arbeiten und das Ganze DDR-weit vernetzen.“ – Ich sehe uns noch
in dem Gemeindehaus der Bartholomäus-Gemeinde sitzen, wo wir gesagt
haben – ich weiß nicht, ob wir den Namen da schon genannt haben –: „So
ein DDR-weites Seminar muß da stattfinden.“

Es hat Friedenspartnerschaften gegeben. Die Gemeinde, in der ich Pfarrer
gewesen bin, hat versucht, und zwar als Entscheidung des Gemeindekirchen-
rates, mit sieben Kirchengemeinden außerhalb der DDR – und zwar ganz
bewußt alles Kirchengemeinden in sogenannten NATO-Feindländern – solche
Partnerschaften abzuschließen. Es ist sogar in mehreren Fällen gelungen,
daß Vertreter dieser Kirchengemeinden zu uns gekommen sind; leider war
das nur in Form dieser Einbahnstraße möglich. Wir haben miteinander Dinge
inhaltlich erarbeitet und Gottesdienst abgehalten.

Noch ein Satz zu meinen Erfahrung in dieser Kirche: Diese Erfahrungen waren
sehr unterschiedlich. Ohne Freunde, ohne Verbündete auch innerhalb dieser
Kirche wäre das überhaupt nicht möglich gewesen. Wenn der Gemeindekir-
chenrat das, was wir da vorgehabt haben, nicht mitgetragen hätte, dann wäre
das nicht möglich gewesen. Die Gemeindekirchenräte waren die Bestimmer.
Ein Pfarrer kann auf Dauer nicht gegen seinen Gemeindekirchenrat etwas
machen.

Ich habe mich über die aber auch geärgert. Das war etwa dann der Fall, wenn
Vertreter aus kirchenleitenden Gremien sagten: „Wenn du wüßtest, was wir
alles wissen,“ – die wußten deshalb mehr, weil sie ökumenische Kontakte
hatten und viel reisten – „dann würdest du ganz anders darüber reden.“ Sie
haben nur nicht richtig erzählt, was sie alles wußten und was ich nun nicht
sehen durfte. Ich habe mich darüber geärgert, daß es anfangs in unserer Kirche
häufig nur vier oder fünf Personen gab, die zu allem etwas sagen konnten
und die im übrigen zu allen internationalen Tagungen geladen worden sind.
Andere konnten nicht zu solchen Tagungen fahren, selbst dann nicht, wenn
sie eingeladen worden waren.

Ich weiß aber auch, daß dem Berliner Generalsuperintendenten Hartmut
Grünbaum gedroht worden ist: „Wenn die Blues-Messe morgen stattfindet,
dann marschieren wir da ein“, und daß der Bruder Grünbaum daraufhin

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Widerständiges und oppositionelles Verhalten

gesagt hat: „Dann müßt ihr einmarschieren. Ich werde keinen Gottesdienst
absagen.“ – Ich glaube, auch an der Stelle muß man sich sehr genau anschauen,
was los war.

Ich kann mich auch noch an Mitglieder im eigenen Gemeindekirchenrat
erinnern, die aus Protest ihr Amt zunächst niedergelegt haben und ausgetreten
sind, weil sie gesagt haben, daß sie mit der Friedensarbeit nichts zu tun haben
wollten, die dann aber ein Jahr oder zwei Jahre später wieder zurückkamen
und dann zu den Aktivposten gehört haben.

Ich glaube also, daß auch wir uns verändert haben, daß wir nicht mehr das
gewesen sind, was wir am 17. Juni 1953 oder am 13. August 1961 waren.
Ein abschließender Satz: Man fragt dann ja auch: Wie kann man dabeibleiben?
Bei mir jedenfalls war es so, daß ich nur deshalb dabeigeblieben bin, weil
da Freunde waren, weil da Verbündete waren, und zwar auch innerhalb
der Kirche, wie Stolpe, die dann den Schirm aufgehalten und auf unserer
Seite gestanden sind. Noch folgendes auch ein bißchen in Richtung unseres
verehrten Freundes Jacobsen: Ich habe den Willy Brandt verehrt. Schmidt
ist für mich ein interessanter Mann gewesen. Das gilt auch für Barzel und
für Wehner, um noch ein paar andere zu nennen. Lech Walesa, Gorbatschow,
Reagan und, wenn Sie so wollen, auch Kohl sind für mich wichtige Menschen,
wichtige Politiker gewesen. Aber lebensnotwendig für mich waren die Leute
in der Gruppe, in der Gemeinde, und solche Leute wie Gert Weisskirchen,
Stefan Schwarz, oder Journalisten wie Herr Baum oder Herr Schwarz, die
uns Informationen mitgebracht, die Briefe geliefert haben. Das ist – bei allem
Respekt vor dem Mann – Helmut Schmidt nicht gewesen. (Beifall)

Gesprächsleiter Dr. Armin Mitter: Vielen Dank, Rainer Eppelmann. In
den Beiträgen ist deutlich geworden, daß ein wichtiger Einschnitt für
oppositionelles, widerständiges Verhalten das Jahr 1987 gewesen ist. Ich
möchte Herrn Meckel die Frage stellen – auch er hat dieses Datum genannt –,
welche Bedeutung das Jahr 1987 für seine konkrete politische Tätigkeit
hatte.

Markus Meckel, MdB:
Es ist schwierig, das in Kürze zu machen. Gleichwohl
möchte ich versuchen, ein paar Dimensionen aufzuzeigen. Ich kann das auch
nicht an einem einzelnen Jahr festmachen. Aber 1987 war schon ein wichtiges
Jahr, weil in diesem Jahr Verschiedenes zusammenkam.

Die Abrüstungspolitik und die Gorbatschowsche Politik haben zusammen
mit dem, was damals unter dem Stichwort „Neues Denken“ die Politik
prägte, einen größeren Spielraum für die innenpolitischen Entwicklungen
der Satellitenstaaten mit sich gebracht, die meines Erachtens übrigens auch
vom Westen her nicht in genügendem Maße erkannt worden waren, die
jedenfalls nicht zu einer neuen Konzeption führten mit dem Ziel, die eigene
innere Demokratisierung dieser Staaten zu unterstützen. Das ist die eine
Dimension. In dieser Zeit hat sich eine orthodoxe Achse der Betonköpfe