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Frau Wilms hervorgehoben hat, ist tatsächlich so, daß eine ganze Generation
ja doch mit diesen Dingen unmittelbar konfrontiert war. Ein anderer ganz
wichtiger Punkt ist die Wiedergutmachung. Die Wiedergutmachung wurde in
der ehemaligen DDR abgelehnt, weil man ja mit Hilfe der dort stattfindenden
antifaschistischen Bewegung sich selbst kopiert hatte.
Ein dritter Punkt übrigens der dazu gehört, lieber Herr Faulenbach, die
Gedenkstätten sind bereits in der Obhut des Bundes. Es gibt da ein ausgefeiltes
Programm und eine Konzeption, an der Sie ja maßgeblich mitgewirkt haben.
Wir sind fleißig dabei, das jetzt gegen alle haushälterischen Bedenken weiter
durchzusetzen. Aber d. h., der Deutsche Bundestag hat, seit seinem Bestehen,
in dieser Richtung gearbeitet und er hat auch bei der Wiedergutmachung
das Schwierige vollbracht, daß Menschen hier in der Bundesrepublik bereit
waren, wenn auch manchmal widerstrebend, erhebliche Mittel dafür bereit
zu stellen und Sie wissen, daß das viel schwieriger ist als ein gutes Buch zu
schreiben. Aber die guten Bücher sind ebenfalls da, d. h. die wissenschaftliche
Aufarbeitung ist doch in der Bundesrepublik vorhanden, während sie in der
DDR offenbar nicht stattfinden durfte. Ich glaube, das das der zweite wichtige
Punkt ist.
Dies sind alles Dinge, die wir wahrscheinlich viel stärker herausstellen müssen,
damit die Menschen in den neuen Bundesländern überhaupt begreifen, was nun
Wirklichkeit ist und was ihnen bisher an Wirklichkeit vorenthalten worden
ist.
Der nächste Punkt ist, glaube ich der, daß die marxistische Geschichtsauffas-
sung, in der dieser Antifaschismus und Faschismus Begriff ja fest eingebaut
ist, nun endlich aufgebrochen werden muß. Man hört aus vielen Äußerungen
heraus, daß natürlich dieses Denken von Kindheit an nahe gebracht worden
ist. Wie soll man als normaler Mensch da herausfinden? Nicht jeder ist ein
Wissenschaftler und auch die haben manchmal so ihre Schwierigkeiten. Also
dieser Punkt, die Revision der Geschichtsauffassung, das Klarstellen, daß hier
marxistische Geschichtsauffassung in einem Maße verbreitet worden ist, das es
schwer macht dagegen vorzugehen, ist etwas, was wir uns auch als Aufgabe
jetzt vornehmen müssen. Auch schon hier in der Kommission, müssen wir
wahrscheinlich daran arbeiten, denn der entscheidende Punkt für mich ist
der, daß wir uns mit der Ideologiekritik viel stärker beschäftigen müssen,
als wir es bisher getan haben, und da würde ich allerdings den Totalitarismus
einbeziehen und, lieber Herr Vorsitzender, es wird sicherlich sehr bald die
Bitte an Sie ergehen, daß wir noch eine Anhörung zum Totalitarismus haben
dürfen. Das Themenfeld 2 freut sich schon darauf.
Ich glaube Frau von Renesse hat den entscheidenen Ansatz gegeben und
zwar an einem Wochenende statt einer Auswertungssitzung könnten wir
das ja mal gut machen. Es ist tatsächlich so, daß ein Staat zu seiner
Existenz ein geistiges Geflecht von Ideen braucht. Und ich finde die Frage
legitim: Wann ist ein solches Ideengeflecht gut und wann ist es böse? Im
Moment, glaube ich, kann man sich ganz gut an der Respektierung von
Menschenrechten orientieren, aber es gibt viele andere Dinge und ich denke,
wir sprechen das nächste Mal, bei der Frage der sozialistischen Persönlichkeit,
auch von diesen Dingen. Es gibt eine Reihe von Dingen, und das ist ja
offenbar jetzt so ein neues Steckenpferd, die in den Ideologien liegenden,
ich nenne es mal anthropologischen Grundkonzeptionen, die falsch sind,
sowohl beim Faschismus vor allem aber beim Nationalsozialismus, genauso
wie beim Marxismus, zu ergründen. Die sind es doch die Verbiegungen
hervorrufen und die letztlich dann zum Untergang von Staaten oder zu
negativen Erscheinungsformen, Verbrechen u.ä. führen, und daher, lieber Herr
Hansen, war ich besonders dankbar für Ihre Frage: „Wo bleibt das Pro?“.
Ein Staat kann auf die Dauer nicht geistig existieren nur mit dem „Anti“.
Das kann kein Mensch, das kann kein Staat. Und so ist das „Pro“ in der
Tat die große Aufgabe, die wir wieder, gerade in Bezug auf die neuen
Bundesländer, zu erfüllen haben. Aber ich würde sagen, auch in Bezug
auf unsere alten Bundesländer, denn hier liegt es gewaltig im argen. Es
ist, würde ich sagen, im Moment doch so, daß gerade weil den Menschen
eine falsche Ideologie „drüben“ in der DDR nahegebracht wurde, eingeimpft
wurde, man den Eindruck hat, daß junge Menschen, vielleicht auch ältere
das können wir alles noch nicht sehen, nun aus lauter Suche nach einem
„Pro“ in die falsche andere Ideologie gestolpert sind, so daß sich auf diese
Weise dieses schreckliche Aufschaukeln und Ablösen von Marxistischem und
Rechtsextremistischem erklärt. Aber das ist eine Frage, die wir mit großem
Ernst in Zukunft weiterverfolgen müssen und hier sehe ich eine ganz wichtige
Aufgabe unserer Kommission. Dankeschön.
Vorsitzender Rainer Eppelmann: Dankeschön, liebe Kolleginnen und Kol-
legen, die Berichterstattergruppe für diese Anhörung hat uns eine 30-minütige
Pause verordnet. Sie hat allerdings auch gesagt, wir sollen um 15.00 Uhr
aufhören und ich weiß, daß es dabei wieder um eine Reihe von anderen
Terminen geht. Von daher sehe ich ein Problem, weil wir jetzt überlegen
müssen, wie wir damit umgehen. Wenn wir jetzt eine Pause von 30 Minuten
machen und dann tatsächlich pünktlich beginnen, wäre es dann 13.55 Uhr.
Rein theoretisch wäre das noch möglich, weil wir dann nur noch zwei
Kurzreferate von 20 Minuten haben. Aber dann wäre kaum noch Raum, um
Fragen zu stellen.
Nun möchte ich den vorletzten Referenten um das Wort bitten, es ist unser
Kollege, Mitglied des Deutschen Bundestages, Konrad Weiß, zum Thema:
Rechtsextremismus in der Endzeit der DDR. Bitte, Herr Weiß.
Konrad Weiß, MdB: Vielen Dank, Herr Vorsitzender. Lassen Sie mich
bitte auch im Anschluß an die vorherige Diskussion eine Vorbemerkung
machen. Für mich persönlich ist der Begriff „Antifaschismus“ positiv besetzt